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Stefan Aufenanger, Professor für Medienpädagogik an der Uni Mainz, hält dagegen: „In Deutschland wird die Wirkung von Werbung überschätzt“, sagt er. Natürlich weckt die Werbung Wünsche; nicht nur bei Kindern. Das ist schließlich Zweck des Ganzen. Die Hersteller geben jährlich mehr als 20 Milliarden Euro aus, damit wir glauben, ihre Produkte würden uns froh oder schlank machen. Das ist nicht immer ganz ehrlich und manchmal irreführend. „Aber beschützen müssen wir unsere Kinder davor nicht.“, sagt Aufenanger. Eher aufkären.
„Kinder stehen Werbebotschaften umso kritischer gegenüber, je mehr sie darüber wissen, was Werbung will und mit welchen Tricks sie arbeitet.“ Statt also Werbung zu verteufeln, sollten wir sie als das sehen, was sie ist: ein Teil unserer Kultur, der unsere Welt bunt macht. Wenn Werbung gut gemacht ist, finden wir sie lustig, ist sie schlecht, finden wir sie langweilig. Dann ist ihr Einfluss aber gleich null. Das wissen die Werber und geben sich daher Mühe, Werbung zu erfinden, die uns anspricht. Dabei sind Kinder als Zielgruppe besonders interessant, schließlich sind sie nicht nur die Kunden von morgen.
Kinder als Werbe-Zielgruppe
Laut der Kids-Verbraucheranalyse des Egmont Ehapa Verlages 2006 verfügen die deutschen 6- bis 13-Jährigen über 5,88 Milliarden Euro! Außerdem entscheiden Kinder mit, welche Produkte die Familie kauft. Hat sich eine Familie einmal für einen Schokoaufstrich entschieden, bleibt sie ihm meist treu - und die Kinder später auch. Frühe Markenbindung nennen Werber das. Deswegen statten Computerfirmen Schulen mit Geräten aus und veranstalten Limonadenhersteller Sportfeste.

Sie versprechen oft viele Vitamine, Mineralstoffe oder die Extraportion Milch. Was wirklich dahinter steckt ...
Trotz aller Forschung sind Kinder aber keine leichte Beute. „Kinder sind sehr nutzorientiert“, sagt Ingo Barlovic vom Jugendmarktforschungsinstitut iconkids & youth. „Hält ein Produkt nicht, was die Werbung verspricht, wird es nicht wieder gekauft.“ Deswegen würden 80 % aller neuen Kinderprodukte floppen.
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Um mit Werbung umgehen zu lernen, müssen Kinder sie erst einmal erkennen. Bei Fernsehspots schaffen das schon Sechsjährige, sagt Stefan Aufenanger. Dabei helfen das laute „Jetzt kommt Werbung!“ das die Spots im Kinderprogramm ankündigt und das Verschwinden des Senderlogos oben rechts in der Ecke des Bildschirms. „Deswegen blenden jetzt manche Spielzeugfirmen ihr Logo dort ein“, moniert der Wissenschaftler.
Im Internet oder in Zeitschriften fällt es Kindern lange schwer, Werbung zu identifizieren. Das können sie erst mit zehn, beziehungsweise mit zwölf bis 14 Jahren.“ Warum? Weil sich die Werbung hier oft als Gewinnspiel oder Kinderclub tarnt.
Problematisch findet Stefan Aufenanger Werbeformen, die uns auf den ersten Blick gar nichts verkaufen wollen. Zum Beispiel werden Computerspiele von Firmen gesponsert, deren Produkte dann darin vorkommen. „Bei den Autorennen fahren längst echte Automarken mit, bei Sportspielen ist die Bandenwerbung im Stadion echt“, sagt Aufenanger. „Die Werbung ist so subtil, dass auch Erwachsene sie oft nicht durchschauen. Aber die Marken prägen sich ein.“
Auch werden viele der von Kids begehrten Klamotten erst zu „Must-Haves“ weil Promis sie tragen. „So werden Sachen ohne Kampagne cool“, so der Professor.
Schulen können Kinder zu Werbeexperten machen
Grundschulen können eine Menge tun, um Kinder zu Werbeexperten zu machen. „Ein guter Weg ist, die Kinder selbst Kampagnen entwerfen oder Spots drehen zu lassen. „Wenn Kinder zum Beispiel erklären sollen, warum Joghurt mit viel Zucker gut sein soll, merken sie schnell, dass sie da eine Menge verschweigen und viel versprechen müssen“, sagt Aufenanger.
Vereine wie „Media Smart“, ein Zusammenschluss von werbetreibenden Unternehmen und Medienpädagogen, haben auf Initiative von Super RTL schon 2004 Unterrichtsmaterial entwickelt, das im Internet bestellt werden kann (www. mediasmart.de). „Die Resonanz ist sehr positiv - auch weil mit echten Spots gearbeitet wird“, sagt Stefan Aufenanger, der im Beirat des Vereins sitzt. „Das hilft Kindern dabei, sich selbst ein Urteil zu bilden.“
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