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Mehrgenerationenhaus: Jung und Alt unter einem Dach

Drei oder mehr Generationen in einem Haushalt - das galt bis vor Kurzem überholt. Doch jetzt werden die Vorzüge der Großfamilie wiederentdeckt. In einem Mehrgenerationenhaus hilft jeder jedem!

Woher kommt die Idee vom Mehrgenerationenhaus? Nachdem Menschen jahrtausendelang in Großfamilien und Sippen zusammenlebten, haben sich unsere Familienverbände in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr aufgelöst. Einmal erwachsen, verlassen Kinder ihre Eltern und gründen ihre eigenen Familien. Immer seltener leben mehr als zwei Generationen gleichzeitig unter einem Dach. Die Individualisierung ist mittlerweile sogar soweit vorangeschritten, dass ein wachsender Teil der Bevölkerung alleine lebt - 2016 lebte in 41 Prozent der deutschen Haushalte nur eine Person, meldete das Statistische Bundesamt. Doch langsam beginnt ein Umdenken: Geht zusammen nicht doch alles besser?

Mehrgenerationenhaus: Gemeinsam sind wir stark
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Mehrgenerationenhaus: Gemeinsam sind wir stark

Mehrgenerationenhäuser sind eine mögliche Antwort auf die demografischen Herausforderungen, die sich langsam entfalten und die durch unsere moderne Lebensweise noch verschärft werden. Die Arbeitswelt fordert Ortsunabhängigkeit und Flexibilität - so leben viele Erwachsene fern von ihren alternden Eltern, Geschwister sind über die Region, das Land oder sogar über die Welt verstreut.

Großeltern, die sich um ihre Enkel kümmern, Erwachsene, die ihre hilfebedürftigen Eltern betreuen - all das gibt es natürlich auch heute noch. Aber es ist nicht in allen Familien möglich. Und manche Menschen wünschen sich ein Zusammenleben, bei dem sich die Generationen wie selbstverständlich unterstützen und auch darüberhinaus vom Zusammenleben profitieren. Es geht nicht nur um Pflicht und Sorge, sondern auch um Spaß und voneinander lernen.

Großfamilie 2.0: Wie funktioniert ein Mehrgenerationenhaus?

Als generationenübergreifende Haus- oder Wohngemeinschaft bietet ein Mehrgenerationenhaus Platz für die unterschiedlichsten Lebensformen und -phasen: Eltern mit Kindern, Alleinerziehende  mit  ihrem Nachwuchs, Paare und Singles sowie Senioren. Statt echter Großfamilie geht's diesmal allerdings um Wahlverwandtschaften.

Manche wohnen wie eine große Wohngemeinschaft zusammen, teilen Küche und Gemeinschaftsräume. Andere haben eigenständige Wohneinheiten, organisieren aber das Zusammenleben der großen Gemeinschaft. Manche ähneln sogar kleinen Dörfern. Größe und Bewohneranzahl können ganz unterschiedlich sein. Was alle Projekte gemeinsam haben, ist, dass nicht jeder vor sich hinwurschtelt, sondern dass alle bereit sind, sich füreinander und für die Gemeinschaft zu engagieren. Das erfordert oft Geduld und gute Nerven, wenn immer wieder verhandelt, diskutiert und entschieden werden muss, wie die Gruppe zusammenleben will.

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Unterschiedliche Schwerpunkte sind dabei möglich. Manchmal finden sich Familien, Paare und Einzelpersonen, die zusammen alt werden wollen. Das Konzept sieht vor, dass immer wieder jüngere Leute und Kinder nachrücken. Lässt sich dadurch für viele Senioren ein Umzug ins Pflegeheim vermeiden? Wenn Alt und Jung einander helfen, könnte das in vielen Fällen möglich sein. Einige Mehrgenerationenhäuser setzen den Fokus beispielsweise auf Inklusion, auf Selbstversorgung oder auf die Integration von Demenzkranken.

Aber nicht nur ältere Menschen profitieren von dem Konzept. Auch junge Familien finden in einem Mehrgenerationenhaus einen Ort, an dem ein nachbarschaftliches Miteinander herrscht. Die Kinderbetreuung kann gemeinschaftlich organisiert werden und es sind beispielsweise ältere Mitbewohner da, die auch mal spontan auf ein Kind aufpassen können. Auf einmal haben die Kids ganze viele neue Freunde jeden Alters. Und manche Gruppen verbindet auch ein ganz bestimmtes Betreuungs- und Lernkonzept für ihre Kinder.

Wichtig ist: Ein Mehrgenerationenhaus ist mehr als nur eine Zweckgemeinschaft - man sollte den Wunsch zum Zusammenleben mitbringen und sollte nicht nur bei anderen klopfen, wenn man Hilfe braucht.

Vor- und Nachteile von Mehrgenerationenhäusern

Einige der vielen Vorteile sind:

  • Unterstützung: Es ist immer jemand da, wenn Hilfe gebraucht wird
  • Kinderbetreuung kann geteilt werden
  • Aufgabenteilung: Aufgaben wie Kochen, Gartenarbeit oder Reparaturen werden gemeinschaftlich erledigt
  • Wissen teilen: Man profitiert von den Talenten anderer, kann Leistungen geldlos tauschen
  • Geld sparen: Im Vergleich zu lauter Einzelhaushalten spart die Gemeinschaft Geld, es kostet oft weniger
  • Zukunftsperspektive: Niemand muss sich einsam fühlen oder Angst vor einer Zukunft allein haben
  • Erfahrung: Jüngere profitieren von Erfahrung und Wissen der Älteren
  • Innovation: Ältere Bewohner bekommen neue Impulse von den Jüngeren und bleiben selbst länger jung
  • Freude: Wer sich hier langweilt, dem ist nicht mehr zu helfen!
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Wo viel Licht ist, fällt auch der eine oder andere Schatten auf das gemeinschaftliche Idyll. Nachteile können sein:

  • Meinungsverschiedenheiten: Es prallen unterschiedliche Ansichten aufeinander, beispielsweise bei der Kindererziehung.
  • Mangelnde Distanz: Man kann sich nicht komplett aus dem Weg gehen, wenn es Ärger gibt.
  • Mitbewohner: Ein einziger Querulant kann reichen, um dauerhaft Unfrieden zu stiften.
  • Generationenkonflikte: Es kann Streit zwischen den Generationen auftreten, wie in richtigen Familien.
  • Weniger Flexibilität: Die persönliche Freiheit kann durch Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft eingeschränkt sein.
  • Kosten: Muss das Mehrgenerationenhaus erst noch geplant und gebaut werden, kann ein größerer finanzieller Beitrag zu Beginn erforderlich sein.
  • Unruhe: Wer immer oder ab und zu seine Ruhe haben will, findet so eine Gemeinschaft womöglich zu lebendig.

Ein Mehrgenerationenhaus ist nie "fertig", sondern wandelt sich ständig und alle müssen sich immer wieder austauschen und anpassen - das kann Vor- und Nachteil zugleich sein. Zu den besonderen Herausforderungen zählen die folgenden Aspekte:

  • Hilfsbereitschaft: Hilfsbereit sein und sehen, wo jemand Unterstützung braucht
  • Streitkultur: Konflikte aushalten und reden, bis eine Lösung gefunden ist
  • Kompromissbereitschaft: Rücksicht auf andere nehmen und einlenken können
  • Empathie: Interesse aneinander haben und Verständnis füreinander aufbringen
  • Engagement: Einsatzbereitschaft für die Gemeinschaft, Verlässlichkeit bei der Planung
  • Harmonie: Die richtigen Menschen finden, die zusammenpassen

Mehrgenerationenhäuser finden oder selber organisieren

Wohnprojekte für mehrere Generationen können sowohl privat organisiert oder von sozialen Trägern angeboten werden. Alle Bewohner können anteilig Eigentümer sein, aber es gibt auch verschiedene Modelle, bei denen man zur Miete wohnen kann. Manchmal sind öffentliche Angebote wie Kindertagesstätten oder Begegnungsstätten integriert. Viele Wohnprojekte, die in diese Kategorie fallen, gibt es bereits oder sie sind in Planung. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bietet eine informative Webseite über Mehrgenerationenhäuser an. Hier gibt es neben Infos zu finanzieller Förderung und Vorstellung interessanter Projekte auch eine Suchfunktion, mit der du Mehrgenerationenhäuser in deiner Nähe finden kannst. Über regionale Medien und durch einen Anruf bei deiner Stadtverwaltung kannst du auch auf Projekte aufmerksam werden, die in Planung sind, oder Mehrgenerationenhäuser finden, die neue Mitbewohner suchen.

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Staatliche Förderung für Mehrgenerationenhäuser

Wer selbst ein Mehrgenerationhaus ins Leben rufen will, braucht einen langen Atem, Planungs- und Verhandlungsgeschick. Die geeignete Immobilie muss gefunden oder gebaut werden. Die Finanzierung gelingt nur, wenn sich genügend Interessenten verbindlich engagieren und an das Projekt glauben. Meist wird ein Bankkredit benötigt, um das Vorhaben zu realisieren.
Die gute Nachricht: Diese Wohnform wird auch staatlich gefördert, wenn alle Voraussetzungen dafür erfüllt werden. Bis zu einmalig 30.000 Euro und bis zu 10.000 Euro pro Jahr können helfen, den Traum vom Mehrgenerationenhaus wahr werden zu lassen.

Mehrgenerationenhäuser haben Zukunft. Das Leben in der Gemeinschaft macht alle Beteiligten stärker und krisenresistenter. Synergieeffekte, Zusammenhalt und Sicherheit waren es auch, was die Großfamilie über so lange Zeit zu einem Erfolgsmodell machte. Wie gut, dass wir uns jetzt wieder daran erinnern.

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Bildquelle: Getty Images