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Rückblick

10 positive Dinge, die meine Kindheit in der DDR geprägt haben

Kindheit in der DDR Ostkinder
© Redaktion

Wenn ich auf meine Kindheit in der DDR in den 80ern zurückblicke, gab es trotz allem viele positive Dinge oder Werte, die ich echt schätzen kann bis heute. Geht es euch 80er-Kindern ähnlich oder seht ihr das vollkommen anders?

Ich selbst bin übrigens Jahrgang 1982 und in der damals noch als Großstadt geltenden Stadt Gera in Ostthüringen aufgewachsen. Die Unterschiede in der Stadt und auf dem Land waren natürlich enorm und Kindheit in der DDR war in Berlin natürlich ganz anders als in Sachsen oder Mecklenburg. Außerdem rede ich von den 80er Jahren, wo der Fortschritt und die Möglichkeiten schon langsam besser waren. Ich kann daher natürlich nicht für alle Kinder sprechen (und nicht für jene, denen es aus familiären oder gesundheitlichen Gründen weniger gut ging), habe aber auch in unserer Redaktion herumgefragt. Drei meiner Kolleginnen sind ebenfalls in den 80ern jedoch in Berlin und Brandenburg aufgewachsen.

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#1 Die kleinen Dinge schätzen

Waren gab es im Osten in den Jahren vor 1990 eher begrenzter. Das galt für Nahrungsmittel, Waren des täglichen Bedarfs oder auch Spielzeug und Kleidung. Wenn ich als Kind etwas geschenkt bekam, war das jedes Mal wie Weihnachten. Man konnte das einfach viel mehr schätzen. Daher gab es auch viel weniger Neid unter Kindern oder ein "Ich will das auch haben"! Letztlich hatte fast jedes Kind dasselbe Spielzeug oder man hat sich das innerhalb einer Familie eher geteilt.

Typische DDR-Produkte, die es noch heute gibt

Das galt außerdem nicht nur für Spielzeug, sondern auch für Aktivitäten. In den Urlaub ins Ausland fliegen, war ja eher nicht drin. Dafür erkundeten wir unsere Region und waren viel in der Natur. Daher weiß ich heute zu schätzen, was es bedeutet, überall hinzudürfen, wo man hinmöchte und die ganze Welt bereisen zu können.

Katja Gajek

Wir sind bewusster mit Alltagsgegenständen umgegangen

Viele Dinge bekam man nur schwer, die hat man dann aber stark wertgeschätzt, weil man wusste, wie besonders und wertvoll sie waren. Man ist also bewusster mit Alltagsgegenständen umgegangen und hat sie repariert, anstatt neue zu kaufen, weil es eben auch nicht ging.

Katja Gajek

#2 Kreativ werden aus Mangel an Möglichkeiten

Die Mangelwirtschaft in der DDR wirkt aus heutiger Sicht natürlich sehr grau und einseitig. Das führte dazu, dass Familien kreativer wurden als heute, weil es einfach wenig Alternativen und Möglichkeiten gab. Im Herbst und Frühjahr haben wir immer gebastelt mit allem, was die Natur hergab. Das sollte man mit Kindern heute noch machen, weil sie so die Natur viel schöner kennenlernen und etwas lernen, wenn sie selbst aktiv sind.

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Pädagogisches Spielzeug? Eher Fehlanzeige. Küchenutensilien aus Holz und Metall klapperten und waren interessant, das hat ganze Generationen von Kindern beschäftigt. Ich habe mich als Kleinkind stundenlang mit bunten Klammern beschäftigt, die ich an einen Korb befestigt habe. So hat meine Mutter mich beim Wäsche aufhängen direkt unterhalten können, ohne den Fernseher anzustellen, auf dem ja eh nichts lief, was Kinder begeisterte.

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#3 Sachen mehrmals verwenden und reparieren

Was ich bis heute noch mache: Meine Tochter spielt mit Dingen, die ich schon als Kind hatte. Man hat auch früher Spielzeug über Generationen weitergegeben bzw. es ewig lang benutzt oder repariert, wenn es kaputt war. Das gleiche galt für Haushaltsgegenstände. Ich habe heute noch einen VEB-Mixer, den meine Oma benutzt hat und er funktioniert noch. Kleidung wurde innerhalb von Familien weitergegeben und so oft getragen, bis sie völlig kaputt war.

Dann hat man es genäht und erst aussortiert, wenn auch das nicht mehr ging. Das sollten viel mehr Eltern auch heute noch so machen. Doch der Online-Markt lockt mit billiger brandneuer Kinderkleidung. So gesehen war man in der DDR gezwungener Maßen viel ökologischer und umweltbewusster in diesem Bereich (wenn auch nicht in anderen).

#4 (Fast) Jedes Kind hatte einen Kitaplatz

Da war der Sozialismus einfach unschlagbar: Man wollte, dass die Leute arbeiten gehen können und daher hatte fast jedes Kind einen Kindergartenplatz. Später ging auch jedes Kind in den Hort und musste nichts dazuzahlen. Staatlich finanzierte Kinderbetreuung war selbstverständlich und sogar Babys von wenigen Monaten konnten dort unterkommen.

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Eine Kindheit in der DDR fand häufig fast ganztägig im Kindergarten statt. Das kann man aus heutiger Sicht natürlich so und so bewerten. Für alleinerziehende Eltern war es jedoch eine große Erleichterung, die in der DDR einfach schon früh wieder arbeiten gehen mussten. Die heutige staatlich finanzierte Elternzeit ist da natürlich ein Privileg, doch in Sachen Kinderbetreuung ist es oft nicht leicht, einen Kitaplatz zu finden.

#5 Es war völlig normal, dass beide Eltern voll arbeiten gehen

Eine Working Mom muss sich heute ja oft rechtfertigen. Immer diese Entscheidung Kind oder Karriere! Das war zu DDR-Zeiten einfach anders: Mütter, die arbeiteten waren völlig normal und wurden nicht schräg angeschaut, mussten sich nicht rechtfertigen, wenn sie mit einem Säugling von 6 Monaten wieder ihre Arbeit aufnahmen. Es gab da nicht diese Vorurteile; die arbeitende Frau und Mutter gehörte zu einer Gesellschaft dazu und dies wurde ihr eben durch die flächendeckende Betreuung ermöglicht.

#6 Weniger Klischee in Sachen Frauenrolle?

Vielleicht resümiere ich das im Nachhinein nur so, aber ich hab das Gefühl die Frauenrolle der 80er Jahre war schon langsam fortschrittlicher. Eine Mutter ging arbeiten und war nicht nur für den Haushalt da. Daher hatte man auch als Mädchen nicht unbedingt das Klischeerollenbild von der Hausfrau und Mutter, sondern wusste, dass man auch jeden Beruf ergreifen kann, den man möchte und Mutter sein dem nicht im Weg steht. Auf der anderen Seite war es häufig so, dass der Mann z.B. bei einer Geburt eher nichts verloren hatte. Aber das war im Westen teils auch noch so.

Natürlich war es dann oft auch so, dass in manchen Familien die Eltern beide ganztags nicht zu Hause waren und die Kinder sehr viel in den Betreuungseinrichtungen. Nicht jedes Kind wird das also im Rückblick auf die 80er als schön empfinden. Alles hat immer mehrere Seiten der Betrachtung.

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Katja Nauck

Früher war gewiss nicht alles besser

Ich gehöre bestimmt nicht zu den Leuten, die immer sagen "Früher war alles besser". Aber ich merke schon, dass es ein paar Wesensunterschiede zwischen den Kindern gibt, die in den 80ern in Ost oder West aufgewachsen sind. Das ist ja auch ganz normal. Es gibt viele Dinge, die ganz und gar nicht in Ordnung waren in dem sozialistischen Staat, von der Überwachung angefangen bis zu der politischen und künstlerischen Diktatur geschweige denn von der eingeschränkten Reisemöglichkeit. Notgedrungen haben die Menschen im Alltag das Beste draus gemacht und sich häufig auf das Wesentliche konzentriert. Eine schöne Kindheit hatte ich auf jeden Fall, wenn sie auch sehr anders war als heute.

Katja Nauck

#7 Kinder konnten allein von der Schule nach Hause gehen

Kindheit in der DDR in den 80ern bedeutete auch, dass man viel mehr allein machen durfte. Es gab weniger Autos oder Verkehrsmittel generell. Daher musste man einfach selbst nach Hause gehen. Viele Kinder konnten schon in der Grundschule alleine nach Hause gehen. Heute würde sich das kaum ein Elternteil in der Großstadt noch zutrauen, weil der Großstadtverkehr viel zu komplex und gefährlich ist. Auf dem Lande gibt es mehr Verkehrsmittel, früher gab es dort jedoch mehr Schulen und die Kinder mussten nicht unbedingt in die nächste Stadt fahren.

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#8 Eltern konnten insgesamt entspannter bleiben

Nicht nur durch den fehlenden Verkehr konnten unsere Eltern insgesamt früher entspannter sein. Es gab um uns herum weniger Gefahren, daher wurde uns mehr Bewegungsfreiheit zugestanden. Heute fahren Eltern Kinder teilweise überallhin und mögliche gefährliche Situationen sind uns viel präsenter.

Meine Kolleginnen und ich, die auch in der DDR groß geworden sind, haben den Eindruck, dass wir da früher einen Vertrauensvorschuss hatten, den wir unseren Kindern heute leider teils nicht mehr geben können. Handys und Medien gab es auch nicht, so dass wir meist in der Natur waren und uns miteinander beschäftigt haben. Wir müssen uns heute mit Cybergrooming und Co. auseinandersetzen und all diesen neuen Gefahren. Medien sind eine Errungenschaft, aber alles hat eben immer zwei Seiten.

#9 Die Natur war unser Spielplatz

Natürlich gab es auch vor der Wende im Osten Spielplätze. Aber längst nicht so viele und schöne wie heute. Wir waren jedes Wochenende mit unseren Eltern in der Natur unterwegs und zwar zu Fuß. Ein Auto hatten nur die wenigsten. Man ist einfach überall hin gelaufen und war das von klein auf gewöhnt.

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Andrea Zschocher

Wir waren viel mehr zu Fuß unterwegs

Ich bin sehr sehr viel mehr gelaufen früher. An öffentliche Verkehrsmittel kann ich mich ehrlich gesagt nicht erinnern und ein Auto hatten wir lange Zeit auch nicht. Deswegen haben wir viele Ausflüge eben zu Fuß oder mit dem Fahrrad gemacht. Diese Lauffreude habe ich mir erhalten und versuche sie heute an meine Kinder weiterzugeben. Denn vieles ist meiner Meinung nach auch Gewöhnung.

Andrea Zschocher

#10 Eine Wohnung mit Badezimmer ist ein Privileg

Das galt nicht für alle Kinder in der DDR, aber für viele: Wir hatten bis 1989 eine Wohnung ohne Badezimmer. Gewaschen wurde ich in der Küchenspüle und meine Eltern haben täglich quasi Katzenwäsche gemacht. Das Plumpsklo befand sich eine Treppe tiefer im Haus und ich bin sehr lange aufs Töpfchen gegangen. Baden war etwas sehr Besonderes, wenn man zu Hause keine Wanne hatte: Wir waren alle 14 Tage mal bei meiner Oma im Plattenbau zum Baden.

Daher weiß ich eine Wohnung mit Badezimmer und allen modernen Annehmlichkeiten echt zu schätzen. Kaum jemand kann sich heute noch vorstellen, dass es auch anders geht. Meine Eltern würden heute sagen: Es war alles komplizierter, aber es ging irgendwie und wir waren nicht unbedingt gestresster und unglücklicher.

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