Die Berliner Mauer war nicht nur das Symbol der Teilung einer Stadt und eines Landes, sondern auch der Trennung einer Gesellschaft, vieler Familien, Beziehungen, Geschichten, Politik, Kultur und gemeinsamen Alltags. Die Mauer war vor allem in Berlin mehr als gegenwärtig und endete für nicht wenige Menschen, die sie überwinden wollten, sogar mit dem Tod. Der Bau der Berliner Mauer jährt sich zum 64. Mal. Am 13. August 1961 wurde sie errichtet und stand 28 Jahre, zwei Monate und 27 Tage, bis die friedliche Revolution zum Abriss führte.
"Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten."
Nacht- und Nebelaktion
SED-Chef Walter Ulbricht ordnete in der Nacht vom 13. August 1961 die vollständige Abriegelung der Berliner Sektorengrenze an. Die Leitung der Aktion übernimmt Politbüro-Mitglied Erich Honecker. Man setzt darauf, dass das Wochenende die Bevölkerung von den Vorgängen ablenkt. In den frühen Morgenstunden reißen über 10.000 Volks- und Grenzpolizisten, unterstützt von mehreren tausend Angehörigen der Kampfgruppen, mitten in der Stadt Straßen auf, errichten aus Asphalt- und Pflasterstücken Barrikaden, setzen Betonpfähle und spannen Stacheldrahtverhaue.
Kein Zugang mehr nach West-Berlin
In der Nacht zum 13. August 1961 wurde auch am Brandenburger Tor die Grenze vollständig abgeriegelt. Wasserwerfer und Schützenpanzer rückten an, und Mitglieder der „Betriebskampfgruppen“ nahmen vor dem Berliner Wahrzeichen Stellung. Für Ost-Berliner und DDR-Bürger war der freie Zugang nach West-Berlin fortan verboten.
Ein Wahrzeichen für Freiheit wird eingezäunt
In den folgenden Wochen entstanden aus den ersten Absperrungen umfassende Sperranlagen mit doppelter Mauerreihe, Beleuchtungsmasten und Wachtürme. Direkt vor dem Tor erhielt die Mauer eine panzersichere Verstärkung und war rund drei Meter breit. Der Pariser Platz wurde in den Grenzstreifen einbezogen, und seine scheinbar repräsentative Gestaltung diente in Wahrheit der militärischen Sicherung.
Alltag ab sofort mit Berliner Mauer
Laut Angaben von DDR-Grenztruppen war die Berliner Mauer ca. 156,4 Kilometer lang. Davon verliefen 43,7 Kilometer mitten durch Berlin und bildeten die Sektorengrenze. 112,7 Kilometer nördlich, westlich und südlich um West-Berlin herum befand sich die "Zonengrenze" oder auch der "Außenring".
Abgekapselt und eingezäunt
Seit ihrer Errichtung im Jahr 1961 wurden die Sperranlagen der Berliner Mauer kontinuierlich ausgebaut, modernisiert und perfektioniert. Sie bestand aus einem zwischen 15 und über 150 Meter breiten Grenzstreifen, der zunächst von einer zwei bis drei Meter hohen „Hinterlandmauer“ oder einem „Hinterlandsperrzaun“ begrenzt wurde. Dahinter folgte in kurzer Distanz ein rund zwei Meter hoher „Kontakt-Signalzaun“, an dem an unübersichtlichen Abschnitten eine Laufanlage für Kettenhunde installiert war.
Im weiteren Verlauf befanden sich Beobachtungstürme und Erdbunker sowie ein „Kolonnenweg“ für Patrouillenfahrzeuge. Eine durchgehende Lichttrasse beleuchtete den Grenzstreifen nachts taghell. Als vorletzte Barriere diente ein Kfz-Sperrgraben, bevor schließlich die 3,50 bis 4,00 Meter hohe, zehn Zentimeter dicke Betonmauer mit Rohrauflage den Abschluss bildete; an einigen Stellen übernahm ein 2,90 Meter hoher, engmaschiger Streckmetallgitterzaun diese Funktion.
Eine enorme finanzielle Belastung für die DDR-Wirtschaft
Der Mauerbau verschlang immense Kosten. Die Sperranlagen, die bis 1970 errichtet wurden, kosteten wohl rund 100 Millionen DDR-Mark. Dazu kamen Personal- und Ausrüstungskosten für die Bewachung. Es ist nicht gänzlich bekannt, wie viele Milliarden Geld die Mauer bis zu ihrem Abriss 1989 insgesamt verschlungen hat.
Hoher Besuch am "Antifaschistischen Schutzwall"
Politische Gäste wie Willy Brandt, Konrad Adenauer, John F. Kennedy, Michail Gorbatschow und Ronald Reagan besuchten die Berliner Mauer am Brandenburger Tor. Ost-Berliner Delegationen hingegen wurde der „Antifaschistische Schutzwall“ präsentiert – so bezeichnete die DDR-Führung die Grenzanlage in ihrer Propagandasprache. Diese Bezeichnung sollte eine äußere Bedrohung suggerieren und den wahren Grund für den Mauerbau verschleiern: Die massive Flucht in die Bundesrepublik hatte die DDR wirtschaftlich an den Rand des Zusammenbruchs gebracht. Mit der Abriegelung im August 1961 wollte die Partei- und Staatsführung den letzten offenen Fluchtweg über West-Berlin schließen.
Von der Mauer zum "Todesstreifen"
Seit 1971 wurde die Berliner Mauer vom 11.500 Mann starken Grenzkommando Mitte der DDR-Grenztruppen bewacht. Die Soldaten, bewaffnet mit Kalaschnikow-Maschinengewehren, waren angewiesen, Fluchtversuche notfalls mit Schusswaffengebrauch zu verhindern. Der sogenannte Todesstreifen bezeichnete den gesicherten Bereich unmittelbar an der Mauer, in dem solche Fluchten unterbunden wurden. Er war mit Stacheldraht, elektrischen Signalzäunen, weiteren Sperranlagen, Hundelaufanlagen und Wachtürmen ausgestattet und wurde auch nachts durch starke Beleuchtung überwacht.
Vom Grenzsoldaten zum Todesschützen
Nach 1990 eingeleitete Strafverfahren zu den Todesschüssen auf Flüchtlinge brachten die ehemalige politische und militärische Führung der DDR vor Gericht. Diese bestritt entschieden, dass es je einen ausdrücklichen Schießbefehl gegeben habe. Formal betrachtet hatten sie damit recht: Gesetze, Dienstvorschriften und Befehle erlaubten den Einsatz der Schusswaffe, verpflichteten aber nicht ausdrücklich dazu.
In der Realität jedoch waren Recht und Gesetz der politischen Linie untergeordnet. Strafgesetze, die unter bestimmten Bedingungen Fluchtversuche als Verbrechen einstuften, eine ideologische Erziehung zum Hass auf den „Grenzverletzer“ sowie Belohnungen und Prämien für Todesschützen machten die „Erlaubnis“ faktisch zur Pflicht. Mit dem Befehl „Grenzverletzer sind festzunehmen oder zu vernichten“ wurden Grenzsoldaten bis in die 1980er-Jahre täglich in den Todesstreifen geschickt.
Traurige Bilanz
Zwischen 1961 und 1989 kamen an der Berliner Mauer oder im Zusammenhang mit dem DDR-Grenzregime mindestens 140 Menschen ums Leben. Darunter waren 101 Flüchtlinge, die beim Überwinden der Sperranlagen erschossen wurden, verunglückten oder sich das Leben nahmen, 30 Personen aus Ost und West ohne Fluchtabsicht sowie ein sowjetischer Soldat, die ebenfalls erschossen wurden oder verunglückten. Zudem starben acht DDR-Grenzsoldaten im Dienst, getötet durch Fahnenflüchtige, Kameraden, einen Flüchtling, einen Fluchthelfer oder einen West-Berliner Polizisten. Darüber hinaus verstarben mindestens 251 Reisende während oder unmittelbar nach Kontrollen an Berliner Grenzübergängen.
Insgesamt 5.075 DDR-Bürgern gelang zwischen dem Mauerbau und dem Fall der Mauer die Flucht in den Westen durch die Sperranlagen. Wie viele gescheiterte Fluchtversuche es insgesamt gab, ist bis heute nicht klar.












