Manchmal reicht ein winziger Moment – und direkt sind wir wieder emotional an einem Ort, den wir längst hinter uns gelassen glaubten. Ein Geruch, ein Tonfall, eine Farbe, ein bestimmter Satz… Und plötzlich fühlt sich das eigene Erwachsenenleben kurz wie damals an, als wir noch Kinder waren. Das ist mehr als ein Déjà-vu, das ist ein waschechter Trigger.
Trigger sind kleine Auslöser in unserem Alltag, die unsere Erinnerungen oder Gefühle aus der Vergangenheit reaktivieren. Oft handelt es sich dabei um negative oder besonders prägende Erfahrungen, weshalb es bei vielen Medieninhalten auch die Triggerwarnung gibt. Trigger begegnen uns aber tatsächlich überall im Alltag.
Das sind 6 Situationen, die alte Wunden aufreißen können – und Tipps, wie du einen guten Umgang damit findest.
#1
Ein genervtes „Mach das endlich!“ im Büro, der sarkastische Unterton eines Kellners, ein scharfes „Jetzt reicht's!“ der Eltern oder ein abwartendes „Hör mal…“ in einer Diskussion – ein bestimmter Tonfall kann blitzschnell alte Gefühle reaktivieren, etwa Angst vor Kritik oder Abwertung, und dann ist es plötzlich wieder da: das ungute Bauchkribbeln von früher, wenn jemand laut wurde.
Tipp: Wenn dich ein Tonfall triggert, versuche bewusst die Worte von der Stimme zu trennen und dich konstruktiv auf den Inhalt zu konzentrieren. Ein kurzes inneres „Pause!“ kann helfen, nicht aus der Emotion heraus zu reagieren. Im Nachgang kannst du dann freundlich ansprechen, wie es bei dir angekommen ist.
#2
Der Duft von einem bestimmten Waschmittel oder Deo (kennt ihr z. B. noch Axe Deos oder "Vanilla Kisses"? Und zack, schon seid ihr zurück in der Umkleidekabine nach dem Sportunterricht 1998). Oder die gebratenen Zwiebeln bei Oma in der Küche, der Frühlingsbeginn, Zigarettenrauch an Klamotten – Gerüche sind echte Zeitmaschinen. Sie katapultieren uns direkt in Szenen aus der Kindheit, inklusive der damaligen Emotionen.
Das kann schön sein, muss es aber nicht für jede*n. Wer merkt, dass ein Geruch belastet, darf sich kurz aus der Situation herausnehmen und den Geruch hinter sich lassen. Versuche, deine Umgebung neu wahrzunehmen und dir bewusst zu machen, dass du gerade im Hier und Jetzt bist.
#3
Der Wartebereich beim Zahnarzt, das Parkdeck, auf dem du mal eine unschöne Szene erlebt hast – Orte sind wandelnde Trigger. Hast du schon einmal deine alte Schule wieder besucht? Orte wirken wie Speicherplätze für Emotionen.
Wenn diese Emotionen nicht positiv besetzt sind, kann der Besuch eines Ortes "von früher" herausfordernd sein. Sage innerlich oder bewusst "Stopp", wenn dich Gefühle von früher belasten. Jetzt hilft ein kurzer Reality-Check: Bin ich gerade emotional im Jahr 1995 oder in der Gegenwart? Geh das nächste Mal vielleicht zu einer positiven Gelegenheit dorthin (z. B. Kaffee trinken im Café in der Nähe), um eine neue Erinnerung an diesen Ort zu setzen. Das nimmt alten Bildern ihre Emotionalität.
Eigene Trigger verstehen lernen:
Trigger sind wie kleine Fenster in die Vergangenheit – sie zeigen uns, wo noch emotionale Baustellen sind. Wir können Situationen, die uns triggern, meiden. Oder sie als Chance nutzen, uns selbst besser verstehen zu lernen. Aber wie?
In ihrem Bestseller „Das Kind in dir muss Heimat finden“ erklärt Stefanie Stahl, wie wir unsere Trigger verstehen lernen und liebevoller mit ihnen umgehen können – auch im Familienalltag.
Welche weiteren drei Momente empfindliche Kindheitswunden aufreißen können, erfährst du, wenn du dich weiter durch die Gallery scrollst.
#4
„Sei nicht so empfindlich“ oder „Stell dich nicht so an“ – vielleicht kennst du diese Phrasen aus deiner Kindheit, die nicht okay, sondern pures Gaslighting sind? Sätze, die deine Eltern früher als Spitzen eingesetzt haben, tun heute immer noch weh:
- „Mach dich nicht lächerlich“
- „Das bildest du dir ein“
- „Iss nicht so viel“
- „Ich bin enttäuscht von dir“
- „Das kannst du nicht, dafür bist du nicht gemacht“
- „Deine Schwester/dein Bruder kann das besser“
Wenn wir diese Sätze heute hören, ist das oft immer noch so verletzend wie früher. Formuliere innerlich um und nimm es als Signal: „Diese Person versteht gerade meinen Standpunkt nicht“ statt „Ich übertreibe mal wieder“. Das schützt dein eigenes Selbstwertgefühl.
#5
Ein abruptes Türenschließen, ein bestimmtes Kopfschütteln, Augenrollen, genervtes Stirnrunzeln, leises Schnauben – solche Mikrobewegungen können alte Dynamiken wachrufen, etwa das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Unser Körpergedächtnis speichert solche Mini-Bilder ab. Ob wir Kind sind oder schon Erwachsen – wir reagieren stark auf nonverbale Signale.
Tipp: Beobachte zunächst, wo du den Trigger spürst (Magen, Herzschlag, Kopfschmerzen etc.), um die Welle zu erkennen. Danach bewusst Erdungstechniken einsetzen: Füße fest auf den Boden, tief ein- und ausatmen.
In 16 Sekunden raus aus der Panik, so schnell hilft dir die Boxatmung.
#6
Alles, was uns das Gefühl gibt, nicht mitreden oder eingreifen zu dürfen, kann alte Ohnmachtsgefühle reaktivieren. Z. B., wenn ein Plan plötzlich ohne unsere Meinung geändert wird oder wir uns in einer Situation wiederfinden, in der schon einmal ein Kontrollverlust stattgefunden hat.
Tipp: Trainiere, in solchen Momenten nach Einflussmöglichkeiten zu suchen: „Was kann ich jetzt noch steuern?“ Das kann ein kleiner Schritt sein – deine Reihenfolge anpassen, eine Rückfrage stellen oder bewusster zu handeln. Sich sein Mitspracherecht und die Selbstgestaltungsmöglichkeiten bewusst zu machen, kann eine anrollende Panik sofort entschärfen.
Trigger müssen keine Feinde sein – sie sind Wegweiser zu alten Geschichten und Erfahrungen, die uns noch beschäftigen. Wer sie erkennt, kann bewusster reagieren und ihnen nach und nach die Macht entziehen.







