"Das ist aber ein Regenwetter heute – wann wird's denn endlich wieder besser?", "Was für ein Verkehr! Sind Sie auch mit dem Auto gekommen oder mit der Bahn?", "Und was machst du so beruflich?" – Aufhänger für Smalltalk gibt's viele, doch über welches Thema du sprichst, ist nicht so nebensächlich wie du vielleicht denkst. Im Gegenteil: Worüber wir "nebenbei" plaudern, verrät eine Menge über unsere soziale Klasse.
Auch der Ton macht die Musik: ob jammernd, positiv aufgeschlossen oder von oben herab – schon in vermeintlich oberflächlichem Geplauder zeigt sich viel über unseren Charakter aber auch einiges über unsere soziale Herkunft. Lasst uns doch mal gemeinsam einen (nicht ganz klischeefreien) Blick auf eure Smalltalk-Gewohnheiten werfen.
#1 Themenwahl: Das verrät der "Stoff" über deine soziale Schicht
Es ist der unangefochtene Smalltalk-Klassiker Nummer 1: das Wetter. Ob Jammern über den verregneten Sommer, lobende Worte über den goldenen Oktober oder gemeinsames Schimpfen über den anhaltenden Regen – mit dem Wetter kann jeder relaten. Als leicht zugängliches Thema wird Smalltalk über das Wetter von allen sozialen Schichten geführt. Es dient dazu, eine einfache Verbindung herzustellen, ohne in potenziell kontroverse oder zu persönliche Themen einzusteigen.
Nicht nur im beruflichen Kontext ist der Job ein beliebtes Smalltalk-Thema. Wer allerdings einer sozial weniger prestigeträchtigen Arbeit, z. B. Kassierer oder Reinigungskraft, nachgeht, wird sich im Smalltalk weniger auf dieses Pflaster begeben. Der Job ist eher in der Mittelschicht als Dialogthema angesagt, besonders aber bei denen, die einer sozial angesehenen Arbeit nachgehen oder eine "wichtige" Position innehaben.
Ein schichtübergreifend beliebtes Thema sind dagegen Hobbys. Interessen wie Sport, Kochen oder Musik können Menschen unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund verbinden. Mit diesem Thema bist du also auf der sicheren Seite.
Ein bisschen komplizierter wird's da schon beim Thema Urlaub. Denn die Möglichkeit zu kostspieligen Urlaubsreisen hängt stark mit dem Bildungsstand und dem Einkommen zusammen. Daher spricht die "Oberklasse" lieber übers Reisen. Personen mit geringerem Einkommen oder aus unteren sozialen Schichten thematisieren Urlaub weniger.
Smalltalk-Thema Familie: "Haben Sie auch Kinder?" Achtung bei diesem vermeintlich harmlosen Stoff! Das Thema ist sehr persönlich und ihr wisst nicht, ob euer Gegenüber sich gerade in einem aufreibenden Sorgerechtsstreit befindet oder vielleicht ungewollt kinderlos ist. Wenn du im beruflichen Umfeld mit diesem Smalltalk-Thema anfängst, bist du wahrscheinlich in der Kunst der kleinen Gespräche (noch) nicht so geübt, was evtl. auf eine "niedrige" soziale Klasse hinweist.
Achtung! Ebenfalls vermeiden solltet ihr außerdem die Themen Partnerschaft, Religion, Politik, Finanzen und Krankheit – unabhängig von eurer sozialen Schicht. Hier lauern zu viele Stolperfallen, da diese Themen zu kontrovers oder persönlich sind.
#2: Wie du über andere sprichst: Indikator für deine soziale Klasse?
"Die Bedienung ist eine lahme Ente" oder "Haben Sie den lächerlichen Anzug vom Moderator gesehen?" Wie du über andere sprichst, sagt viel über dich aus. Zwar kann gemeinsames Lästern unglaublich verbindend wirken, doch birgt es zu viel Fettnäpfchen-Potenzial, sich negativ über andere zu äußern. Schließlich weißt du nicht, in welcher Beziehung dein*e Dialogpartner*in zu deinem "Lästerobjekt" steht, vielleicht ist ihr/sein Partner in der Gastro tätig oder er/sie hat den gleichen Anzug im Schrank.
Negatives Reden kann daher dazu führen, dass andere Menschen das Vertrauen in dich verlieren und sich distanzieren. Wenn du also im Smalltalk schlecht über andere redest, bist du wahrscheinlich nicht fit in dieser Gesprächskultur, was möglicherweise auf eine untere soziale Schicht schließen lässt. Was aber genau so gut sein kann: Du bist schlicht überheblich. Und von der Sorte gibt's auch in der Oberschicht mehr als genug.
"Die Rednerin war sehr inspirierend" oder "Der Service ist hier echt auf Zack": Du hast dagegen lobende Worte für andere übrig? Das zeigt dich als wertschätzend, freundlich und emphatisch. So baust du eine Sympathieebene auf und schaffst ein positives Gesprächsklima.
#3: Was deine Tonalität über deine soziale Klasse aussagt
"Ah okay, dein Kind spielt mit Plastikspielzeug im Sandkasten. Also ich bin da ja etwas anspruchsvoller": Wenn du im Smalltalk einen überheblichen Tonfall anschlägst, sagt das erstmal noch nichts über deine soziale Schicht aus. Stattdessen sind die Gründe für überhebliches Verhalten im Gespräch komplex und hängen oft mehr mit deiner individuellen Persönlichkeit oder dem Wunsch nach sozialer Bestätigung zusammen.
Überhebliches Prahlen entspringt dabei oft tieferliegender Unsicherheit. Damit versuchst du, dich selbst und andere davon zu überzeugen, dass du „okay“ bist. Dabei schätzt du die Reaktion der anderen oft falsch ein. Denn während du Bewunderung ernten möchtest, löst du bei den Zuhörenden eher Genervtheit aus.
Auch wenn Überheblichkeit eine Charakter-, keine Schichtfrage ist: Besonders "Neureiche" stehen im Ruf, zu prahlen. "New Money" schreit, "Old Money" flüstert, heißt die entsprechende Redewendung. Personen, die in wohlhabenden Kreisen schon aufgewachsen sind, lassen danach ihren Erfolg eher für sich sprechen und müssen ihn nicht im Smalltalk beweisen. Diese Haltung wird oft als "Klassenkompetenz" wahrgenommen.
"Deine Schuhe sind mir gleich aufgefallen. Die sind wirklich cool": Wenn du beim Smalltalk dagegen einen verbindenden Tonfall anschlägst, zeigst du deine soziale Kompetenz. Die kommt in allen Schichten vor. Unabhängig vom sozioökonmischen Status baust du so eine Beziehung zu deinem Gegenüber auf. Genau damit erreichst du dein Ziel, denn Smalltalk dient der Kontaktpflege und dem Aufbau von Beziehungen, unabhängig vom sozioökonomischen Status.
#4: Slang oder Hochdeutsch: Was Dialekte über deine soziale Schicht sagen
"Und, wos machsch du so?" oder "Was geht ab?": Höher gebildete Schichten sprechen oft mit weniger Slang und verwenden einen standardisierten, "geschliffeneren" Wortschatz. Personen mit geringerem Bildungsgrad benutzen mitunter mehr regionale Dialekte und Slang, und haben möglicherweise weniger Übung im Umgang mit formellerer Sprache. Die Verwendung von Slangsprache hat aber natürlich auch etwas mit dem Alter und mit dem Kontext zu tun.
In der passenden Gesprächssituation können Dialekte unglaublich verbindend und sympathisch wirken. Personen, die diese DDR-Wörter noch kennen, haben sicher gleich einen guten gemeinsamen Aufhänger:
#5: Zuhören oder unterbrechen: Das verrät dein Verhalten über dich
Im Smalltalk gilt die sog. A-A-A-Regel. Das steht im Englischen für Answer (antworten), Add (hinzufügen) und Ask (fragen). Sie ist eine Methode, um aus einer einfachen Antwort eine längere Unterhaltung zu machen, indem man auf eine Frage zunächst antwortet, dann einen thematischen Bogen schlägt und schließlich eine Gegenfrage stellt. Dies hilft dabei, den Smalltalk am Laufen zu halten und tiefere Verbindungen aufzubauen, anstatt nur oberflächliche Antworten zu geben.
Wichtig dabei ist allerdings, dem Gegenüber wirklich gut zuzuhören, um eine interessante, nicht nur oberflächliche Unterhaltung zu führen und eine Verbindung aufbauen zu können. Wichtig: Es gibt keine Studien, die eine bestimmte soziale Schicht identifizieren, die im Smalltalk generell aufmerksamer zuhört als andere. Zuhören ist eine individuelle Fähigkeit, die von Persönlichkeitsmerkmalen, Kommunikationstalent und der Situation abhängt.
Ein No-Go ist hingegen, deinem Gesprächspartner/deiner Gesprächspartnerin ins Wort zu fallen, das zeugt von Besserwissertum und mangelndem Respekt. Doch auch das ist kein Merkmal einer bestimmten sozialen Schicht. Vielmehr können mangelnde Manieren, Dominanzstreben oder geschlechtsspezifische Dynamiken wie Manterrupting dahinterstecken. Dieser Begriff umschreibt, wie Männer tendenziell häufiger andere – insbesondere Frauen – unterbrechen, was als Zeichen von Überheblichkeit gewertet wird.
Vielleicht bist du aber auch von Natur aus besonders gesprächig und kannst deine eigenen Gedanken schlecht zurückhalten. Das kann dazu führen, dass du anderen ins Wort fällst, auch wenn dies nicht böswillig gemeint ist. Mit deiner sozialen Schicht hat diese Charaktereigenschaft allerdings nichts zu tun.
#6: Bierernst oder humorvoll: Was Emotionalität über deine soziale Schicht aussagt
Du tendierst auch beim Plaudern dazu, sehr sachlich zu sein? Das lässt weniger Rückschlüsse auf deine soziale Schicht als möglicherweise auf deinen kulturellen Background zu. Während Smalltalk in südeuropäischen Ländern oft herzlicher ist und über oberflächliche Themen hinausgeht, legen manche deutschen Sprecher*innen mehr Wert auf Substanz und kommen schneller auf den Punkt.
Auch in puncto Humor gibt es keine soziale Schicht, die dafür bekannt ist, diesen im Smalltalk mehr anzuwenden als andere, da Humor sehr individuell und kontextabhängig ist. Soziolinguistische Studien zeigen jedoch, dass der Humorstil stark mit der sozialen Schicht verknüpft ist und zur Abgrenzung und Identitätsbildung genutzt wird.
Danach neigen höhere soziale Schichten im Smalltalk eher zu komplexem, subtilem Humor, Ironie oder Sarkasmus, die oft ein bestimmtes kulturelles Kapital voraussetzen, um verstanden zu werden. Dieser Humor dient nicht selten der Bestätigung der eigenen sozialen Position. Niedrigeren sozialen Schichten werden hingegen direktere, volksnahe oder auch derbe Humorstile zugeschrieben. Diese können auch als Ventil für soziale Spannungen dienen und die Zugehörigkeit innerhalb der Gruppe stärken.
#7 Deine Körpersprache als Distinktionsmerkmal?
Ein offenes Lächeln, eine aufrechte Körperhaltung, Augenkontakt und eine zugewandte Position sind nach einem FAZ-Artikel die besten Voraussetzungen für einen gelingenden, angenehmen Smalltalk. Dabei weist nichts darauf hin, dass die Art und Weise, wie Menschen ihre Körpersprache in unverbindlichen Gesprächen einsetzen, von der sozialen Schicht abhängt. Eher spielen dabei kulturelle Hintergründe, der Kontext der Situation und die individuelle Persönlichkeit eine Rolle.
Eine abgewandte Körperhaltung signalisiert dagegen in der Regel Desinteresse oder Ablehnung, ebenfalls unabhängig von der sozialen Herkunft. Wenn du also mit verschränkten Armen und grimmigen Gesichtsausdruck am Stehtisch stehst oder nur Augen für dein Smartphone hast, wundere dich nicht, wenn du keine*n Smalltalk-Partner*in findest.
Allerdings neigen auch Personen, die sich unsicher oder unwohl fühlen sowie introvertierte Menschen, dazu, z. B. schnell wegzusehen. Du erkennst dich darin wieder? Dann ist das neue Buch von Erfolgsautorin und Ex-Spitzenpolitikerin Magda Bleckmann sicher ein guter Ratgeber für dich. Darin verrät sie anhand von 26 Tipps, wie Introvertierte sich im Stimmengewirr der Lauten durchsetzen und selbstbewusst in den Smalltalk kommen.
#8: Smalltalk lieben oder hassen – das verrät's über dich
Dir standen beim Lesen die Haare zu Berge, weil du Smalltalk so gar nichts abgewinnen kannst? Wenn Menschen Smalltalk hassen, ist das in der Regel auf Persönlichkeitsmerkmale oder individuelle Vorlieben, seltener auf neurologische Eigenheiten zurückzuführen. Allerdings kann es schon sein, dass du als "Unterschichtler*in" weniger mit Geplänkel z. B. auf offiziellen Empfängen vertraut bist als ein Kind von Bildungsbürger*innen und beim Smalltalk schon unerfreuliche Erfahrungen gemacht hast.
Du hast hingegen kein Problem mit Smalltalk, mal kurz mit jemandem zu plaudern fällt dir leicht und du machst das ganz gern? Kann sein, dass du dann aus der Mittel- oder Oberschicht kommst, da diese Menschen tendenziell mehr daran gewöhnt sind, mit fremden Personen unverbindlich ins Gespräch zu kommen.
Aber keine Panik: Übung macht den Meister und mit jeder Smalltalk-Situation – egal ob misslungen oder angenehm – lernst du fürs nächste Mal dazu und das "Geplänkel" wird dir immer leichter fallen. Ganz egal, aus welcher Schicht du kommst!










