Unsere Kindheit prägt uns fürs Leben – besonders die Art, wie wir Liebe erfahren haben. Oftmals tragen wir als Erwachsene noch die unsichtbaren Narben einer Kindheit, in der Zuneigung an Bedingungen geknüpft war. Kennst auch du das Gefühl, nie ganz zu genügen, egal wie sehr du dich anstrengst? Wenn du die folgenden drei Fragen mit "Ja" beantwortest, hast du dich als Kind vermutlich nicht wirklich geliebt gefühlt.
Bedingungslose Liebe ist das größte Geschenk, das wir unseren Kindern machen können. Als Mutter oder Vater erleben wir täglich, wie wichtig es ist, unseren Kindern zu vermitteln: "Du bist wertvoll, und zwar genauso wie du bist!" Leider haben viele von uns diese Botschaft in der eigenen Kindheit nicht oder nur eingeschränkt erhalten. Die Folgen spüren wir oft noch Jahrzehnte später in unserem Selbstwertgefühl und unseren Beziehungsmustern.
Frage 1: Waren deine Eltern emotional nicht für dich da?
Frage 1: Waren deine Eltern emotional nicht für dich da?
Emotionale Verfügbarkeit geht weit über die körperliche Anwesenheit hinaus. Es bedeutet, dass deine Gefühle gesehen, gehört und ernst genommen wurden. Eltern, die emotional präsent sind, schaffen einen sicheren Raum, in dem Kinder alle ihre Emotionen ausdrücken dürfen – auch die schwierigen. Sie hören zu, trösten und helfen, Gefühle zu verstehen und einzuordnen.
Fehlte diese emotionale Verbindung, fühltest du dich noch heute vielleicht oft allein mit deinen Sorgen und Ängsten. Du hast möglicherweise gelernt, deine Gefühle zu unterdrücken oder zu verstecken. Als Erwachsene*r suchst du nun vielleicht ständig nach Bestätigung, während es dir gleichzeitig schwerfällt, tiefe emotionale Bindungen zuzulassen. In meinem Freundeskreis sehe ich, wie unterschiedlich wir mit Nähe umgehen – oft ein direkter Spiegel unserer frühen Erfahrungen.
Frage 2: War die Liebe deiner Eltern an Bedingungen geknüpft?
Frage 2: War die Liebe deiner Eltern an Bedingungen geknüpft?
Hast du als Kind gespürt, dass du nur dann geliebt wirst, wenn du "funktionierst"? Vielleicht kamen Lob und Zuneigung hauptsächlich für gute Noten, sportliche Leistungen oder "braves" Verhalten. Sätze wie "Mama ist nur stolz, wenn du fleißig bist" oder "Papa hat dich nur lieb, wenn du nicht störst" vermitteln einem Kind: Ich bin nicht um meiner selbst willen liebenswert.
Diese Erfahrung kann zu einem tiefsitzenden Perfektionismus führen. Du gibst vielleicht 200 % in allem, was du tust, und fühlst dich trotzdem nie "gut genug". Ich ertappe mich manchmal selbst dabei, wie ich in alte Muster verfalle und meine Selbstliebe von Leistung abhängig mache. Die ständige innere Kritikerin, die uns antreibt, hat oft ihre Wurzeln in dieser bedingten Liebe aus der Kindheit.
Frage 3: Musstest du sehr früh erwachsen werden?
Frage 3: Musstest du früh erwachsen werden?
Wenn du schon als Kind Verantwortung für die emotionalen Bedürfnisse deiner Eltern oder Geschwister übernehmen musstest, spricht man von "Parentifizierung". Vielleicht warst du die Trösterin oder der Tröster für einen depressiven Elternteil, musstest zwischen streitenden Eltern vermitteln oder dich um jüngere Geschwister kümmern.
Diese frühe Übernahme von Erwachsenenrollen raubt dir ein Stück deiner Kindheit. Als Erwachsene*r kennst du vielleicht deine eigenen Bedürfnisse kaum und setzt dich ständig für andere ein. Das klassische "Helfersyndrom" hat hier oft seinen Ursprung. In Gesprächen mit anderen Müttern merke ich immer wieder, wie viele von uns diese Rolle als Kind übernehmen mussten und wie wir nun aktiv und bewusst lernen müssen, auch für uns selbst zu sorgen.
Die Auswirkungen verstehen und heilen
Die Erkenntnis, dass dir als Kind bedingungslose Liebe gefehlt hat, kann schmerzhaft sein. Doch sie ist auch der erste Schritt zur Heilung. Viele Verhaltensweisen, die dir heute Probleme bereiten – sei es Perfektionismus, Bindungsangst oder das Gefühl innerer Leere – sind keine Charakterschwächen, sondern Überlebensstrategien aus deiner Kindheit.
Der Weg zur Heilung beginnt mit Selbstmitgefühl. Behandle dich selbst mit der Fürsorge und Geduld, die du als Kind gebraucht hättest und mir der du auch andere behandelst.
Manchmal ist es nicht die Realität, die uns klein hält – sondern das Bild, das wir selbst von uns haben. Wer nie das Gefühl hat, gut genug zu sein, kann lernen, den eigenen Wert wieder klar zu sehen und zu spüren. Das Buch „Entdecke deinen Selbstwert“ von Ursula Kraemer bietet leicht umsetzbare Übungen und Denk-Experimente, die dich Schritt für Schritt aus Selbstzweifeln herausführen.
Neue Wege zu gesunder Selbstliebe
Es ist nie zu spät, dir die bedingungslose Liebe zu geben, die du verdienst. Beginne damit, deine eigenen Gefühle ernst zu nehmen und deine Bedürfnisse zu respektieren. Lerne, "Nein" zu sagen, wenn dir etwas nicht guttut, und "Ja" zu dem, was dich nährt.
Auch professionelle Unterstützung kann auf diesem Weg sehr wertvoll sein. Eine Therapie kann dir z. B. dabei helfen, die Verbindung zwischen deinen Kindheitserfahrungen und heutigen Mustern zu erkennen und neue, gesündere Wege zu entwickeln. Denk immer daran: Du bist liebenswert – genau so, wie du bist. Nicht für das, was du leistest oder wie du dich verhältst, sondern einfach, weil du du bist.
Die Erkenntnis, dass dir als Kind bedingungslose Liebe gefehlt hat, kann der Beginn einer heilsamen Reise sein. Indem du verstehst, wie deine Kindheitserfahrungen dich geprägt haben, kannst du bewusst neue Wege gehen. Du kannst lernen, dir selbst die Liebe zu schenken, die du als Kind gebraucht hättest – und so auch deinen eigenen Kindern ein Vorbild für gesunde Selbstliebe sein. Der wichtigste Schritt ist, mit Mitgefühl auf dich selbst zu schauen und zu erkennen: Die Liebe, nach der du suchst, beginnt in dir selbst.






