Viele Eltern kennen die Angst, in der Erziehung Fehler zu machen oder ihre Kinder „kaputtzumachen“. Im Interview mit Stefanie Stahl machte die Psychologin deutlich: Ganz so zerbrechlich ist die Eltern-Kind-Beziehung nicht. Sie sagt auch: Perfektion ist ohnehin nicht notwendig. Entscheidend ist jedoch, dass Eltern verstehen, wie Bindung entsteht, warum Temperamentunterschiede eine Rolle spielen und wie man als Mutter oder Vater mit Schuldgefühlen umgehen kann.
In unserem Gespräch betonte Stefanie Stahl, dass Eltern nicht perfekt sein müssen, „hinreichend gut“ reiche völlig. Entscheidend seien Liebe, Verlässlichkeit und Einfühlungsvermögen, besonders in den ersten Lebensjahren, um Urvertrauen und eine sichere Bindung aufzubauen. Kinder sollten so angenommen werden, wie sie sind und nicht, wie Eltern sie sich wünschen.
Nicht jedes Temperament passe automatisch zu den Eltern, manche Kinder seien von Natur aus herausfordernder, wie etwa Schreibabys oder Kinder mit ADHS, was nichts mit Erziehungsfehlern zu tun habe. Wichtig sei, sich selbst gut zu kennen und unterscheiden zu können: Was gehört zu meinem Kind – und was zu mir?
Ein zentraler Tipp von Stefanie Stahl ist, sich bewusst vom sogenannten „Selbstwertspiegel“ zu lösen. Eltern neigen dazu, das Verhalten ihrer Kinder als Bewertung der eigenen Erziehungsleistung zu sehen. Das kann zu unnötigen Schuldgefühlen und zusätzlichem Stress führen, gerade in schwierigen Phasen. Wer versteht, dass auch ein sicher gebundenes Kind provozieren oder anstrengend sein kann, erkennt: Bindung und Beziehung sind nicht dasselbe. Herausforderungen gehören zur Entwicklung dazu und sagen nichts darüber aus, ob man als Mutter oder Vater „gut genug“ ist.
Ich glaube ja, dass wir alle uns in Stefanie Stahls Worten wiederfinden. Denn natürlich neige auch ich dazu, in schwierigen Phasen zu denken, ich hätte was falsch gemacht, wenn die Kinder so ganz anders reagieren, als ich mir das vielleicht erhoffe. Und, ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich kann dann auch in die Zukunft Sorgen bekommen, ob ich sie durch meine Art der Erziehung nicht vielleicht direkt noch nicht zukunftsfähig mache.
Wenn hier alles entspannt ist, habe ich solche Gedanken nicht, eher dann, wenn ich gerade selbst am Limit bin. Da hilft mir dann meistens, mich darauf zu besinnen, dass so viel gar nicht schieflaufen kann, wenn ich mir Sorgen um die Kinder und die Zukunft mache. Denn das zeigt ja, dass wir es gut machen wollen. Wir müssen uns nur erinnern, dass es nicht um "perfekt" geht, sondern "gut" absolut ausreicht.
