Viele Paare leben mit dem Gedanken, bald eine Familie zu gründen – und haben dabei bereits ihren Alltag umgestellt: Ernährung, Bewegung, Stress reduzieren. Doch zwischen Yoga und grünen Smoothies taucht eine Frage auf, über die nur selten offen gesprochen wird: Ist gelegentlicher Cannabis‑Konsum harmlos beim Kinderwunsch – oder kann er der Grund dafür sein, dass es nicht klappt? Eine aktuelle Studie wirft nun ein helleres Licht auf das Thema Fruchtbarkeit und Marihuana.
Bange Frage: Stört Marihuana die Fruchtbarkeit?
Wenn Ihr Euch ein Kind wünscht, überlegt Ihr vielleicht: Was tue ich, damit es möglichst schnell klappt? Da können Ernährung, Hausmittel und Lebensstil dazugehören – und damit oft auch der Konsum von Genussmitteln wie Nikotin, Alkohol und Marihuana. Manche denken: „Ab und zu rauchen kann doch nicht so schlimm sein.“
Aus bisherigen wissenschaftlichen Studien ließ sich dazu eine klare Aussage kaum ableiten. Neue Untersuchungen zeigen jetzt aber, dass Tetrahydrocannabinol (THC), der Hauptwirkstoff von Cannabis, direkt in den Reproduktionsbereich eingreifen kann. Ein guter Grund, das Thema genau unter die Lupe zu nehmen.
Schnellüberblick: Was zeigt die Forschung?
- Die Follikelflüssigkeit von Frauen in IVF-Behandlung wurde untersucht. Dabei wurden THC und seine Metaboliten direkt in dieser Flüssigkeit gefunden. Das heißt: Der Stoff erreicht direkt die Umgebung der Eizellen und kann dort potenziell störend wirken.
- Studie zeigt: Mit THC‑Nachweis war die Rate von genetisch „gesunden“ Embryonen niedriger.
- Es gibt Hinweise darauf, dass THC unter anderem die Chromosomen‑Segregation und die Spindelbildung bei der Eizelle stören kann.
- Wichtig: Es handelt sich zunächst um Assoziationen (Zusammenhänge), noch nicht um bewiesene Kausalitäten – und die Forschung ist noch nicht bei allen Fragen abgeschlossen.
Wenn die Eizelle "zu schnell fertig wird": ein Risiko?
In der erwähnten neuen Fall‑Kontroll‑Studie wurden über 1.000 Follikelflüssigkeitsproben von Patientinnen bei einer IVF‑Behandlung ausgewertet – und bei etwa 6 % war THC nachweisbar. Man stellte dabei fest, dass Eizellen bei THC‑Nachweis zwar etwas schneller in den Reifungsprozess gingen, aber zugleich häufiger Fehler bei der Chromosomenverteilung zeigten.
Das klingt im ersten Moment gar nicht dramatisch – schnellere Reifung hört sich doch sogar ganz gut an –, doch die Qualität der Zellen scheint darunter zu leiden: Bei den Proben, in denen THC nachweisbar war, zeigte sich eine geringere Rate an euploiden Embryonen – also solchen mit normaler Chromosomenzahl – als bei denen ohne THC‑Nachweis. Das bedeutet: In puncto Fruchtbarkeit könnte der Konsum von Cannabis ein Faktor sein, den Paare und Mediziner*innen künftig stärker im Blick haben sollten.
Und was ist mit kiffenden Männern?
Bei Männern weiß man schon seit Längerem, dass regelmäßiges Kiffen ein Grund sein kann, warum es mit dem Kinderwunsch nicht klappt: Eine dänische Studie von 2015 zeigt, dass häufiger Marihuanakonsum die Spermienmenge reduziert. Wer öfter als einmal pro Woche Bubatz konsumiert, hat eine um durchschnittlich 28 % reduzierte Spermienzahl. Außerdem kann Marihuana die Mobilität und die Morphologie der Spermien beeinträchtigen, also die Spermienqualität.
Gelegentliches Rauchen von Marihuana könnte jedoch von Vorteil sein, fanden Forschende zu ihrem eigenen Erstaunen heraus. Eine Langzeitstudie am Massachusetts General Hospital Fertility Center mit 662 Männern, deren Zeugungsfähigkeit eingeschränkt war, ergab, dass Männer, die einmal oder gelegentlich einen Joint geraucht hatten, eine höhere Spermienkonzentration aufwiesen als solche, die es nie probiert hatten. "Gelegentlich" heißt hier allerdings wirklich "wenig"!
Cannabiskonsum muss nicht der Grund sein, warum es mit dem Baby nicht klappt, kann aber vielleicht mit dazu beitragen. Welche Möglichkeiten es gibt, der Schwangerschaft auf die Sprünge zu helfen, zeigt unser Video:
Was heißt das jetzt konkret für die Familienplanung?
Wenn Ihr gerade in der Kinderwunschphase seid, empfiehlt es sich, das Thema Cannabiskonsum auf dem Schirm zu haben – wie Ernährung oder Bewegung. Solltet Ihr noch Cannabis konsumieren, überlegt gemeinsam: Könnte ein Verzicht oder eine Pause beim Konsum die Chancen verbessern?
Denn auch wenn nicht bewiesen ist, dass Konsum automatisch Infertilität verursacht, sprechen die neuen Forschungsergebnisse klar für Vorsicht. Redet auch mit eurer Gynäkologin über das Thema, denn die Studienlage verändert sich gerade stark.


