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Selbstbewusstsein

Warum Kinder im Haushalt mithelfen sollten!

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Hausarbeit finden Kinder doof? Das muss nicht sein – richtig angepackt, kann sie zu einem echten Familienprojekt werden, das Gemeinschaftsgefühl und Selbstbewusstsein stärkt. Pädagogen sind sich einig, dass Kinder im Haushalt helfen sollten und davon auch in vielerlei Hinsicht profitieren. 

Kinder sollten im Haushalt helfen

Pädagogen sind sich darin einig, dass Kinder ihre Eltern im Haushalt unterstützen sollten. Die Kunst ist es, sie zur Mitarbeit zu motivieren. Das ist nicht immer einfach, aber es gibt zuverlässige Methoden und Tricks. Wenn Mütter und Väter selbst ihre Aufgaben im Haushalt gelassen und ohne Nörgeln erledigt, vermitteln sie den Kindern etwas ganz Entscheidendes: Hausarbeit ist keine Strafe, sondern etwas, das nun mal zum Leben gehört und sogar Freude machen kann.
Wenn Väter regelmäßig im Haushalt helfen, packen auch die Kinder häufiger mit an; das ist das Ergebnis einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach.

Kinder lernen bei der Hausarbeit, sich zu organisieren

Wenn Kinder im Haushalt mithelfen, lernen sie, wie sie später ihre Sachen organisieren. Ein Kind, das mal den Tisch deckt oder die Wäsche aufhängt, tut das also auch für sich selbst. Und genau diese Haltung kann man Kindern gut vermitteln. Das heißt natürlich noch lange nicht, dass sie hinterher freudig alle Aufgaben erledigen. Gerade die jüngeren Kinder wollen uns oft eifrig assistieren. Deshalb ist es sinnvoll, sie frühzeitig mit kleinen Aufträgen einzubeziehen. So wird das Mithelfen zur Basis für das Wir-Gefühl in der Familie und dafür, dass Kinder später ganz selbstverständlich Aufgaben übernehmen.

Weil es einfach schneller geht, neigen Eltern dazu, den Kindern alles abzunehmen. Das ist allerdings nur kurzfristig die einfachste Lösung. Langfristig riskieren sie, dass ihre Kinder zu Miniatur-Paschas und -Diven heranwachsen, die als Jugendliche zwar bestens ihren iPod, aber keinen Geschirrspüler bedienen können. Wer sich selbstständige und hilfsbereite Kinder wünscht, sollte kleine Malheure wie zerbrochene Teller mit Humor nehmen.

Ganz wichtig: Bei der Aufgabenverteilung darf niemand unfair behandelt oder überfordert werden. Neben all ihren Pflichten sollten Kinder ausreichend Gelegenheit haben, einfach Kind sein zu dürfen. Manchmal müssen wir den Kindern auch „beim Helfen helfen“. Zum Beispiel, wenn sie beim Aufräumen vor lauter Unübersichtlichkeit wie gelähmt sind. Ihre Vorstellung von Ordnung ist von unserer noch weit entfernt.

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Hausarbeit und Familienalltag sind die beste Schulvorbereitung

Interview mit dem Kinder- und Jugendarzt Rupert Dernick. Dernick ist Autor des Elternratgebers „Topfit für die Schule durch kreatives Lernen im Familienalltag“.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Eltern nach der Mithilfe ihrer Kinder im Haushalt zu befragen?

Der Bedarf an Ergotherapie ist in den vergangenen Jahren enorm gestiegen, und die Kinder zeigen auch tatsächlich mehr Auffälligkeiten. Ich wollte wissen, woran das liegt. Offensichtlich musste sich etwas an den Lebensbedingungen verändert haben, denn schließlich kann sich das Genom ja nicht innerhalb einer Generation verändert haben. Bei unserer Studie haben wir dann festgestellt: In vielen Familien ist es aus der Mode gekommen, dass die Kinder im Haushalt mithelfen. Das ist schade, denn Eltern verzichten so auf eine der effektivsten Fördermaßnahmen, die sie ihrem Kind im Vorschulalter angedeihen lassen können.

Kurse bringen also gar nicht so viel?

Ein Instrument zu lernen, im Chor zu singen oder in den Sportverein zu gehen, ist auf jeden Fall eine schöne Sache. Aber Kurse sind aus meiner Sicht die Kür! Die Möglichkeiten der häuslichen Förderung sind in den allermeisten Familien überhaupt noch nicht ausgeschöpft. Wir wollten zum Beispiel wissen, wie viele der 4- bis 6-Jährigen sich regelmäßig selbst anziehen. Nur 50 Prozent tun das! Wir haben mal nachgerechnet: Eltern, die ihre Kinder mit vier Jahren noch anziehen, statt es sie selbst tun zu lassen, verzichten in zwei Jahren bis zum Schulanfang so auf 150 Stunden Wahrnehmungsförderung. Und für Kinder, die sich in diesem Alter nicht regelmäßig selbst ein Brot schmieren, gehen 140 Stunden verloren, in denen sie die richtige Kraftdosierung hätten trainieren können. Wir haben auch noch gefragt, ob Kinder im Supermarkt einkaufen, Teller und Besteck richtig auf dem Tisch verteilen können oder ob sie einen Telefonanruf entgegennehmen können – viele Kinder hatten diese elementaren Kompetenzen nicht.

Und wie wirkt es sich aus, wenn ein Kind diese Fähigkeiten besitzt?

Enorm. Wir konnten feststellen, dass Alltagskompetenz sich ebenso stark auf den Schulerfolg eines Kindes auswirkt wie die Schulbildung der Eltern. Also ganz maßgeblich!

Es ist also sinnvoller, Kinder im Haushalt mithelfen zu lassen, als bereits im Kindergarten mit ihnen Rechnen oder Schreiben zu üben?

Ja. Denn der Vorteil, einfache Rechenoperationen schon vor der Einschulung zu kennen, geht schnell wieder verloren. Viel wichtiger sind so genannte Vorläuferfähigkeiten, nämlich – um beim Beispiel Mathematik zu bleiben – ein Verständnis für Größen und Räume zu entwickeln. Und ein Kind, das vier schwere Teller in die Küche getragen hat, weiß ganz genau, dass vier mehr als eins ist.

Kinder lernen vor allen Dingen durch Handeln. Haben Sie deswegen das Programm „FamilienErgo“ entwickelt, mit dem Eltern ihre Kinder auf die Schule vorbereiten können?

Ja, denn Mitarbeit im Haushalt passt in jeden Alltag, auch in den von alleinerziehenden oder berufstätigen Eltern. Sie kostet nichts, vermittelt Einzelfähigkeiten, lässt das Kind als Ganzes in seiner Persönlichkeit reifen und verleiht ihm Selbstbewusstsein und Souveränität.

Warum lassen so viele Eltern diese Chance ungenutzt vorbeiziehen?

Viele haben geantwortet, dass es schneller geht, wenn sie die Dinge selbst erledigen, oder dass sie bisher keine Gelegenheit hatten, ihre Kinder einzuweisen. Grundsätzlich fanden es aber die Allermeisten richtig und sinnvoll, dass Kinder mithelfen. Das sind doch erfreuliche Aussichten.

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Wenn Kinder im haushalt helfen sollen: Tipps zur Motivation

1. Lohn heißt Lob

Es gibt verschiedene Ansätze, die Hausarbeit innerhalb einer Familie zu organisieren. Geld – da sind sich Pädagogen ebenfalls einig – ist innerhalb des „Familienbetriebes“ keine gute Währung. Der Lohn heißt hier statt Bezhalung: angemessenes Lob, Eigenständigkeit, Stolz und das Gefühl, ein wichtiger Teil eines Teams zu sein

2. Aufgaben im Haushalt gerecht verteilen

Mama, Papa, Paul und Lilly sprechen regelmäßig auf einer Familienkonferenz über Notwendiges und Wünsche und legen einen groben Haushalts-Fahrplan fest. Vereinbarte Aufgaben notiert die Familie auf Pappkärtchen. Nun heften Mama und Papa jeden Morgen ein bis zwei dieser Aufgaben-Kärtchen auf eine Pinnwand mit den Feldern „Paul“ und „Lilly“. So steht etwa bei Paul „Müll zur Tonne bringen“ und bei Lilly „Hasen füttern“. Und damit alle einen Überblick über die anfallenden Arbeiten bekommen, sollte auch Paul mal die Hasen füttern und Lilly den Müll raustragen.

3. Guter Trick: Auswählen lassen

Trotz guter Organisation und fairer Absprachen kommen Kinder einfach nicht in die Gänge. Der Trick: Eltern lassen Kindern die Wahl zwischen zwei Aufgaben: Möchtest du lieber abwaschen oder Staub saugen? Das Kategorisieren lernen Kinder erst allmählich – mit unserer Unterstützung: Stifte gehören zu den Malsachen und Socken in den Kleiderschrank. Die Lösung liegt in ganz klaren Anweisungen: „Bring bitte alle Puppen in die Puppenecke!“ Was aber, wenn frühpubertäre Sätze kommen wie „Ich hab keinen Bock“? Hier müssen Eltern klare Forderungen stellen und die Einhaltung kontrollieren.

Bildquelle: Getty Images/ YakobchukOlena