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Schiefe Zähne

Zahnspange: Alles was ihr dazu wissen solltet

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Schneeweiß, kerzengerade und perfekt angeordnet – so stellen wir uns unsere Zähne vor. So, wie bei Menschen aus der Zahnpastawerbung eben. Doch der Blick in den Badezimmerspiegel offenbart den meisten von uns, dass wohl nur die wenigsten mit strahlend weißen und geraden Beißerchen gesegnet sind. Was ja auch eigentlich nicht schlimm ist. Schließlich sind unsere Zähne wahre Werkzeugwunder und dafür sollten wir sie schätzen. Doch es gibt einen Unterschied zwischen nicht perfekten Zähnen und richtigen Zahn- und Kieferfehlstellungen. Statistiken zufolge sind mehr als 50 % der Kinder und Jugendlichen in Deutschland davon betroffen. Rund die Hälfte davon ist angeboren, andere Probleme hausgemacht.

Zahn- und Kieferfehlstellungen im Überblick

Es gibt verschiedene Fehlstellungen, die im Gebiss auftauchen können. Hier sind ein paar der häufigsten:

  • Engstand: Eine häufig vorkommende Fehlstellung. Dabei ist von klein auf im Mund zu wenig Platz für die Zähne, entweder weil der Kiefer zu klein oder die Zähne im Verhältnis zu groß sind. Als Folge wachsen die Zweiten schief und verschachtelt. Ähnliches kann passieren, wenn Milchzähne aufgrund von Karies vorzeitig verloren gehen, die Nachbarzähne dann in die Lücken drängen und den Nachfolgern den Platz versperren.
  • Kreuzbiss: Hier stehen die Front- oder Seitenzähne im Oberkiefer zu weit nach innen oder im Unterkiefer zu weit nach außen. Somit können die Zähne nicht richtig miteinander schließen.
  • Überbiss: In diesem Fall ragt der Oberkiefer weiter vor als der Unterkiefer. Dadurch stehen die oberen Schneidezähne im Überbiss.
  • Vorbiss: Das Gegenteil zum Überbiss: Hier steht der Unterkiefer weiter vor als der Oberkiefer.
  • Tief- und Deckbiss: Normalerweise bedecken die oberen Schneidezähne beim Zusammenbeißen die unteren etwa zwei bis drei Millimeter. Bei einem Tiefbiss hingegen reichen sie zu weit nach unten und bedecken die unteren Schneidezähne. Bei einem Deckbiss sind die oberen Schneidezähne zusätzlich noch nach innen geneigt.
  • Offener Biss: Eine Lücke zwischen den oberen und unteren Frontzähnen. Sie wird oft durch sehr langes Schnuller- oder Daumenlutschen verursacht. Trotz besserer Aufklärung kommt sie immer noch häufig vor.

Zahnspangen: Vom Metallgitter zum unsichtbaren Begleiter

Die Zeiten, in denen man auf dem Schulhof als “Gitterfresse” oder “Zahnspangenmonster” beschimpft wurde, sind zum Glück längst passé. Das liegt nicht nur daran, dass etwa jeder zweite Jugendliche eine Zahnspange trägt, sondern auch an stark verbesserten Technik- und Designmöglichkeiten. Tragekomfort und Aussehen haben sich dank moderner Materialien extrem verbessert. Wurden beim Grinsen mit früheren Zahnspangen noch große, blitzende Metallplatten enthüllt, sp gibt es heute viele verschiedene technische und optische Wahlmöglichkeiten – von Minibrackets und unauffälliger, weißer Keramik bis hin zu farbigen Lösungen.

Brackets mit bunten Gummiringen sind vor allem bei den kleineren Sprösslingen angesagt, in der Pubertät darf es dann gerne so unauffällig wie möglich sein. Bei herausnehmbaren Spangen lässt sich der Kunststoffteil, der im Gaumen sitzt, farbig oder mit Glitzer und Motiven gestalten. Wichtig ist, das Kind bei der Optik immer mitentscheiden zu lassen. Umso motivierter wird es bei der Behandlung mitwirken, die je nach Fehlstellung meist zwischen einem und drei Jahren dauert.

Wer absolut nicht zeigen möchte, dass er eine Zahnklammer benötigt, für den gibt es sogar unsichtbare Varianten, sogenannte Aligner. Sie ist besonders diskret und unkompliziert und werden vor allem von Erwachsenen getragen, die sich erst spät für eine eine Korrektur von leichten bis mittelschweren Fehlstellungen entscheiden. Beim Aligner handelt es sich um eine hauchdünne, durchsichtige Zahnschiene, die aus Kunststoff gefertigt ist und individuell exakt an das Gebiss des jeweiligen Patienten angepasst wird.

Für jede Schieflage die passende Korrektur

Ob eine festsitzende oder eine lose Spange zum Einsatz kommt, entscheidet immer das vorliegende Problem. Während feste Brackets wirre Zahnreihen zurechtrücken sollen, dienen herausnehmbare Apparaturen eher dazu, das Kieferwachstum zu regulieren. Daher kommen lose spangen oft bei jüngeren Patienten vor, feste Spangen dann, wenn die Schieflage erst später erkannt wird. Oft wird aber auch kombiniert: Erst erhält das Kind eine lose, später eine feste Klammer.

Zunehmend an Bedeutung gewinnt die skelettale Verankerung. Dabei genügen oft kleine Schrauben (Mini-Implantate), die minutenschnell unter lokaler Betäubung in den Kiefer eingesetzt werden. So werden unerwünschte Bewegungen an Nachbarzähnen vermieden. Ebenfalls immer wichtiger werden dreidimensionale Methoden, bei denen die Gebissstellung mit Hilfe eines Scanners digitalisiert und schon vor Beginn der Behandlung das angestrebte Ergebnis sichtbar wird. Zudem ermöglichen 3D-Druckverfahren die Herstellung individueller Apparate zur Behandlung, sodass diese in weniger Terminen möglich ist.

Ab wann sollte mein Kind eine Zahnspange tragen?

Als günstiger Starttermin für eine kieferorthopädische Behandlung gilt das Alter von acht bis zehn Jahren – solange der Kiefer noch wächst und formbar ist. Damit der optimale Behandlungsbeginn nicht verpasst wird, sollte jedes Kind etwa um die Einschulung herum einmal von einem Kieferorthopäden untersucht werden. Eine weitere Kontrolle ist etwa mit neun Jahren angebracht, in der zweiten Phase des Zahnwechsels. Doch auch wenn Fehlstellungen erst viel später erkannt werden, können sie meist problemlos mithilfe einer festen Zahnspange behandelt werden.

Was kostet eine Zahnspange?

Was eine Zahnspange letztlich kostet hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab und kann nur vom Kieferorthopäden selbst beziffert werden: Je nach Diagnose, Aufwand und Behandlungsdauer liegen die Kosten im Schnitt aber bei etwa 3.000 bis 5.000 €, können aber auch deutlich höher bzw. niedriger sein. Die Kosten werden bei Kindern im Normalfall von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen. Natürlich nur, wenn die medizinische Notwendigkeit nachgewiesen ist.

Die Kasse übernimmt zunächst 80 % der Kosten. Den Rest müssen die Eltern erst einmal selbst zahlen. Ist die Behandlung erfolgreich abgeschlossen, wird dieser Anteil jedoch zurückerstattet. Beim zweiten Kind sinkt der Eigenanteil auf 10 %. Grundsätzlich zahlt die Kasse aber nur das, was als zweckmäßig ausreichend gilt. Für Extras (Keramikbrackets, Aligner und Co.) muss man selbst aufkommen. Große Unterschiede gibt es bei den privaten Krankenkassen. Hier gilt: Nachfragen!

Ist eine Zahnspange wirklich nötig?

Klar ist: Nicht jede Unregelmäßigkeit muss korrigiert werden. Die Folgen unbehandelter Zahn- und Kieferfehlstellungen können jedoch erheblich sein. So lassen sich schiefe Zähne schlechter pflegen und erhöhen das Kariesrisiko. Zudem kann ein offener Biss zu Sprachfehlern wie Lispeln führen. Und wenn Kinder nicht normal zubeißen und kauen können, werden Kiefer und Kiefergelenke falsch belastet. Das kann Folgen wie Störungen in den Muskeln, Nerven und Gelenken auslösen – und damit Kopf- oder Rückenschmerzen verursachen.

Dennoch liest man ständig, dass Kieferorthopäden nur an Profit orientiert seien und daher oft zu Behandlungen raten, die nicht unbedingt notwendig sind. Ein Vorwurf, der sich nur schwer überprüfen lässt. Als Eltern fragt ihr euch beim Kieferorthopädenbesuch daher vielleicht, ob die empfohlene Behandlung für euer Kind wirklich nötig und richtig ist. Hier gilt: Lasst euch umfassend vom Kieferorthopäden beraten und stellt ruhig kritische Nachfragen. Wenn ihr euch unsicher seid, spricht auch nichts dagegen, im Zweifel eine Zweitmeinung einzuholen. Dann kann die Behandlung mit gutem Gefühl gestartet oder eben weggelassen werden.

Meine Erfahrung:

Ich kann euch nur raten, früh mit euren Kindern einmal beim Kieferorthopäden vorbeizuschauen. Mein damaliger Zahnarzt hat im Kindesalter nie eine Fehlstellung feststellen können. Aufgrund von leicht schief stehenden Zähnen, einem immer häufiger auftretenden Knacken im Kiefer und Schmerzen im Kiefergelenk suchte ich erst mit 17 Jahren einen Kieferorthopäden auf – der feststellte, dass bei mir gleich mehrere Fehlstellungen im Kiefer- und Zahnbereich vorlagen. Was folgte, war eine lange, extrem schmerzhafte Behandlung mittels einer Gaumennahterweiterung, bei der ich mir mittels eines Gestells im Oberkiefer und einem zugehörigen Minihebel jeden Tag meinen Oberkiefer ein Stück weiter aufbrechen (die nette Form lautet “erweitern”) musste.

Schon nach wenigen Wochen entstand durch die Erweiterung eine große Lücke zwischen meinen vorderen Schneidezähnen, für die ich mich so sehr schämte, dass ich nicht mehr lachen wollte. Nach einem halben Jahr, in dem ich mich überwiegend von Suppen und Pudding ernähren musste, folgte die feste Zahnspange, mit 17 auch nicht besonders schön. Heute sind meine Zähne zwar schön gerade (die Lücke ist wieder verschwunden), mein Kiefergelenk hat aber so stark unter der jahrelangen Fehlstellung gelitten, dass es kaputt ist und immer weiter verschleißt bis es irgendwann nicht mehr richtig funktionieren wird. Dadurch habe ich immer wieder starke Schmerzen. So etwas wünsche ich niemandem. Daher: Geht auf Nummer sicher und früh zum Kieferorthopäden.

Bildquelle: Getty Images