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Heute schon gelacht? So wichtig ist Humor für Kinder

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Freudige und humorvolle Kinder kommen mit sich und der Welt besser klar als andere. Woran das liegt – und was Eltern tun können, um den Spagat zwischen alberner Anbiederung und heiterer Gelassenheit zu schaffen.

Lukas freut sich, wenn es Gemüse gibt – aber nur, wenn die Gurken in Herzform geschnitzt sind, die Radieschen als süße Mäuschen daherkommen und die bunte Paprika im Konfettiformat auf dem Teller liegt. Auch wenn seine Mutter ihre Aufgabe als gewitzte Rohkost-Designerin längst satthat, gibt sie allabendlich ihr Bestes.
Lachende, fröhliche Kinder geben uns die Bestätigung, dass wir als Eltern unsere Sache gut gemacht haben. Auch deshalb steht der Humor in der Erziehung heute so hoch im Kurs, höher noch als Autorität und stete Diskussionsbereitschaft. Dass es sich leichter lernt, wo auch gelacht wird, wertet humorvolles Auftreten auch in der Sphäre auf, die man gemeinhin dem Ernst des Lebens zurechnet: Auch in der Schule geht es darum, mal lockerzulassen und Kindern den Druck von der Seele zu nehmen.

Eltern lassen sich einiges einfallen, um ihre Kinder bei Laune zu halten

Ganz nebenbei führt Humor oft dazu, dass die Kinder machen, was sie sollen – ganz ohne großes Theater. Um zu erreichen, was sie wollen, lassen sich Eltern etwas einfallen: Sie lassen süße Sockenmonster auftreten, die witzig befehlen, das Zimmer aufzuräumen, ins Bett zu gehen oder die Hausaufgaben zu machen. Mit spaßigen Spielchen und Scherzfragen lange Wartezeiten im Stau, im Wartezimmer beim Arzt oder in der Schlange vor der Supermarktkasse zum lustigen Intermezzo gestalten: Das alles kann man machen.

Schon Kinder verspüren den machtvollen Drang nach Spaß an der Freude

Welche Eigenschaft, so könnte man fragen, genießt so viel Wertschätzung wie der Humor? Eher könnte man einem Mann nachsagen, dass er nicht einparken kann, als ihm vorzuwerfen, er habe keinen Humor. Wer will schon als Spaßbremse gelten, deren Gesellschaft kein Vergnügen bereitet? Verständlich deshalb, dass alle Welt so versessen scheint, auch schon in Kindern einen gesunden Sinn für Humor zu wecken. Also bringen wir sie mit Grimassen zum Lachen, ersinnen Späße, um sie zu erheitern – und um mögliche Proteste zu umgehen.
Eine ordentliche Portion Humor kann das Familienleben durchaus bereichern. Wenn in den frühen Jahren der kindliche Sinn für Komik zwischen Albernheit und Schadenfreude pendelt, bahnt sich ein machtvoller Drang nach Spaß an der Freude seinen Weg. Dann können Eltern wohl kaum Besseres tun, als ihren eigenen Humor zu pflegen und ihn mit ihren Kindern zu teilen. Mit Wortspielen, Witzen und Reimen – aber auch, indem sie die Pipi- Kacka-Witze tolerieren, denn so setzen Kinder sich mit Tabus und Normen auseinander. In jedem Kind steckt der Drang, albern und unanständig zu sein. Das wissen auch Erwachsene, die schließlich selbst mal Kinder waren. Wir tun schmutzige Ausdrücke und Witze oft als kindisch ab – doch wenn die Kinder nicht kindisch sein dürfen, wer dann?

Wenn Kinder mit immer neuen Schimpfwörtern aufwarten, lösen sie damit auch Ängste

Psychologen sagen, dass sich der Humor immer dann weiterentwickelt, wenn er auf Widerstand trifft. Der Humor im Trotzalter kann für Eltern natürlich anstrengend sein – trotzdem geht die Zurechtweisung „Das ist nicht lustig!“ fehl. Warum nicht hin und wieder mitlachen? Notfalls kann man ja immer noch den Inhalt eines tendenziösen Wortes klären und herausfinden, ob der Dreijährige überhaupt weiß, was ein „Arschgesicht“ ist. Wenn Kinder mit immer neuen Varianten von Schimpfwörtern aufwarten, verarbeiten sie auch sexuelle oder aggressive Regungen und lösen ihre unbewussten Ängste. Sie machen sich mit Worten über alles lustig, was sie unter- und oberhalb der Gürtellinie verwirrt. Sie stecken die Köpfe zusammen und flüstern: „Der Heini macht sich in sein Hemd, der Gestank bald keine Grenzen kennt.“ Dann kichern sie los.

Indem Kinder über peinliche Erlebnisse, Ängste oder die verwirrende Macht der Körperfunktionen lachen, nehmen sie ihnen ihre Bedrohlichkeit. Und könnte es nicht sein, dass diese Dinge tatsächlich komisch sind? Schließlich erinnern sie uns an die unleugbare Tatsache unserer animalischen Natur. Machen wir Kindern also keinen Vorwurf, wenn sie sich ausmalen, dass auch die Kanzlerin hin und wieder einen fahren lässt.

Komik und Humor fördern die Beziehungen zwischen den Menschen

Es sind vor allem die beziehungsfördernden Eigenschaften, die den Humor zwischen Eltern und Kindern, aber auch zwischen Lehrern und Schülern so wertvoll machen. Dann wirkt Komik wie sozialer Kitt: Sie weckt Aufmerksamkeit, entschärft Krisen und vermittelt Kindern, wie man mit den Widrigkeiten des Lebens fertig wird.

Dabei ist Lachen nicht nur ansteckend, sondern auch richtungsweisend: Lachen befreit, gemeinsames Gelächter schweißt zusammen, vertreibt schlechte Stimmung, stiftet und stärkt die zwischenmenschliche Bindung. Von Eltern zu Kindern, von Lehrern zu Schülern, von einem Menschen zum anderen ist der kürzeste Weg oft – ein Lächeln. Gelassenheit und die Bereitschaft, das Positive zu sehen, wo auf den ersten Blick etwas nervt, stört und ärgert, die Fähigkeit zum Perspektivwechsel – Humor ist mehr Haltung als Handlung, kein einheitliches Konzept, sondern ein komplexes Konstrukt. Humor schafft Distanz. Das kann Fluch und Segen zugleich sein. Humor ist „der Knopf, der verhindert, dass einem der Kragen platzt“, wie der Dichter Joachim Ringelnatz befand.
Befreiendem Gelächter und aufgelockerter Stimmung stehen Ironie, Sarkasmus und Zynismus als Spielarten des Runtermachens am anderen Ende des Humor-Spektrums gegenüber. Dass es ein Kind nicht witzig findet, wegen eines Missgeschicks ausgelacht zu werden, liegt auf der Hand. Auch vor ironischen Bemerkungen, mit denen man das Gegenteil von dem sagt, was man tatsächlich meint, sei gewarnt. So ist es keine gute Idee zu sagen, „Dein Zimmer ist ja toll aufgeräumt!“, wenn es in Wahrheit aussieht wie ein Schweinestall. Elterlicher Humor hält sich besser fern von Ironie – die Kinder weder verstehen noch vertragen. Sie leben von der Wärme des Herzens und nicht von der Schärfe des Hirns. Auch wenn es wort- und witzgewandten Erwachsenen mitunter schwerfällt, ihre sarkastischen Begabungen brachliegen zu lassen – wenn sie ihre Kinder oder Schüler nicht kränken und verletzen wollen, müssen sie sich wohl oder übel beherrschen.

Lachen ist die beste Medizin - und Nebenwirkungen sind ausdrücklich willkommen

Ebenso wenig sollten Erwachsene versuchen, mit verquerem Humor Kinder zu ärgern. Spaßvögel, die glaubwürdig vortäuschen, dem Lieblingsteddy die Ohren abzuschneiden, sind glücklicherweise ziemlich selten geworden.

Doch in gewissen Grenzen lassen sich Kinder wie Erwachsene ja auch mit Vergnügen ärgern. Die spielerischen, provozierenden Anreize – ehemals „Necken“ genannt – können zu vergnüglichen Situationen führen: Der Vater, der den Fußball hoch über seinen Kopf hält, darf unsanft angesprungen und erklettert werden. Solche beiläufigen Einlagen erfrischen.

Dabei verdient der alltägliche Spaß mit Kindern einen genaueren Blick. Wenn z. B. der fünfjährige Sam ein Centstück auf der Straße findet und hocherfreut verkündet, dass er sich jetzt ein „Centwitsch“ kaufen werde, dann klingt das zweifellos lustig. Aber: Viel von dem, was uns als Kindermund gilt, ist von Kindern sehr ernst und kein bisschen witzig gemeint.

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So viel aber ist sicher: Quatsch machen muss man Kindern nicht beibringen und genauso wenig kann man ihn ihnen abgewöhnen. Lachen ist die beste Medizin – und Nebenwirkungen sind ausdrücklich willkommen. „Die positiven Wirkungen des Lachens muss man ernst nehmen, so absurd es klingt“, rät der Arzt, Komiker und Moderator Dr. Eckart von Hirschhausen. Lachen puffert Stress, schützt vor seelischen Belastungen und reduziert Schmerz. „Humor ist die komplexeste Hirnleistung überhaupt“, sagt von Hirschhausen. „Es gibt nicht ein Humorzentrum im Kopf, sondern viele Gebiete müssen reibungslos zusammenarbeiten.“ Lachen sei für den Körper der schnellste Anti-Stress-Mechanismus, und Humor korrigiere die Fehlannahmen unseres Gehirns über die Welt. „Das schützt davor, uns und unsere Überzeugungen zu ernst zu nehmen.“ Es brauche den Perspektivwechsel, die Fähigkeit, zwei Bedeutungen gleichzeitig für möglich zu halten und an der Uneindeutigkeit der Welt Freude zu haben. „Dass Humor fit fürs Leben macht und heilt“, kann von Hirschhausen belegen: „Kinder lachen 400-mal am Tag, Erwachsene 20-mal, Tote gar nicht. Da erkennt auch der Laie eine Tendenz.“

Die Entwicklung geht vom Lausen zum Lachen

All das spaßhafte Hin und Her zwischen Menschen, Wortspiele und Witze dienen einem guten Zweck: neurobiologen vergleichen diese Art sprachlicher Interaktion mit gemeinsamer Fellpflege, die Primaten nutzen, um ihren Zusammenhalt zu stärken. Vom Lausen, so könnte man sagen, hat uns die Evolution zum Lachen geführt. Fest steht, dass Humor kognitive und soziale Fähigkeiten stärkt. Dass Komik fast immer im Beisein von anderen zustande kommt, macht sie zur sozialen Tugend, die auch individuellen Segen bringt. „Wer einen Witz erzählt oder einen Streich spielt, muss schließlich nachdenken, kombinieren, planen, vorausschauen“, erklärt Marion Bönsch-Kauke in ihrer Studie „Psychologie des Kinderhumors“. Indem Kinder ihren Humor erproben, erweitern sie nicht nur ihre geistigen Kapazitäten, sondern lernen auch viel über das Zusammenleben und empathische Kommunikation.

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Spaß hilft beim Erreichen bestimmter Erziehungsziele

Es ist also kein Zufall, dass humorvolle Kinder häufig über ein hohes Maß an sozialer, kognitiver und emotionaler Kompetenz verfügen, weil sie die Reaktion des Gegenübers gedanklich vorwegnehmen können und besser in der Lage sind, zwischen Fakten und Fantasie zu unterscheiden. Deshalb taugt Humor zwar immer noch nicht als pädagogische Technik oder Unterrichtsmethode, aber er erlaubt es uns ausdrücklich, mit spaßigen Einlagen Erziehungsziele zu erreichen, die wir mit hohem Ernst, Streit und Kampf wohl niemals schaffen würden.

Wie sich Humor entwickelt

Jedes Alter bietet andere Anlässe, um herzlich miteinander zu lachen:
Babys lernen, ihren Körper von der Außenwelt zu unterscheiden, und lachen deshalb hauptsächlich bei Berührungen, zum Beispiel wenn man sie kitzelt.
➤ Im Alter von zwei bis drei Jahren beginnt Humor im eigentlichen Sinn. Kinder tauschen einen Gegenstand gegen einen anderen aus, setzen sich etwa eine Unterhose auf den Kopf oder lachen, wenn andere das tun. Passt etwas nicht zusammen, erzeugt das Gelächter. Die ersten Sprachspiele kommen dazu. „Staubeine“, „Sudelnuppe“, „Laschwappen“ stehen hoch im Kurs, Reime sind beliebt: „Willst du Böhnchen, mein Söhnchen?“ Das Prinzip: Was nicht normal ist, ist lustig. Etwa eine Kuh, die fliegt. Auch mit Pups- und Rülpsgeräuschen wird gern experimentiert.
➤ Zwischen drei und fünf Jahren nutzen Kinder ihren ganzen Körper, um Quatsch zu machen: Sie schneiden Grimassen, verdrehen die Augen und wackeln mit dem Po. Sie lernen, zwischen Fantasie und Wirklichkeit zu unterscheiden, und freuen sich über das unerwartete oder fantastische Ende einer Geschichte. Kinder zwischen zwei und sechs Jahren lachen über die Missgeschicke anderer, wobei es nicht nur um Schadenfreude geht, sondern auch um das Vergnügen am Überraschenden.
➤ Mit sieben Jahren wissen Kinder, dass ein Wort verschiedene Bedeutungen haben kann und erkennen darin Witzpotenzial. Im Grundschulalter haben Kinder Spaß an Scherzfragen und Rätseln: Warum nimmt ein Junge ein Lineal mit ins Bett? Antwort: Weil er messen will, wie lange er schläft.
➤ Um den zehnten Geburtstag entwickelt sich ein Verständnis für Ironie – aber ganz vorsichtig. Die Gefahr, durch ein übermütiges Wort oder ein unbedachtes Lachen zu kränken, bleibt groß. Ihre eigenen Missgeschicke nehmen Kinder immer noch bitterernst und können kaum Distanz zu ihnen gewinnen.
(von Gerlinde Unverzagt / erschienen in der familie&co 08/2017)

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Bildquelle: iStock