Dein Kind klagt über Bauchschmerzen, Kopfweh, Übelkeit – aber der Arzt findet nichts? Und die Symptome treten immer vor der Schule auf? Als Eltern denkt man da schnell: Oh Gott, was ist los mit meinem Kind? Manchmal steckt dahinter keine Krankheit, sondern etwas Unsichtbares: Schulangst, vielleicht sogar Mobbing. Was Eltern jetzt wissen müssen, erklärt Pädagogin Lea Siemanns.
Kinder sprechen selten direkt über ihre Sorgen
Stattdessen zeigt sich gerade Schulangst oft über ihr Verhalten: Sie ziehen sich zurück, reagieren plötzlich mit Wutausbrüchen oder klagen über unerklärliche Beschwerden wie Kopf- und Bauchschmerzen, Übelkeit oder Schlafprobleme – Dinge, die vorher nie da waren, erklärte Coachin und diplomierte Pädagogin bei AllyTime Lea Siemann.
Was eben ganz wichtig ist, dass Kinder oft nicht direkt sagen, was mit ihnen ist. Sie sagen nicht "Ich habe das und das Problem" oder "Ich habe Angst vor", sondern sie zeigen das eher durch indirekte Anzeichen. Was eben auch ein Anzeichen sein kann ist, wenn man merkt, dass die Kinder sich vermehrt unter Druck setzen. Also mehr für die Schule tun, oder eben, dass die Leistung abfällt, obwohl sie eigentlich vorher ganz okay in der Schule waren.“
Manche Kinder entwickeln auch Tics oder verlernen plötzlich Fähigkeiten, die sie längst beherrscht haben. Oft gibt es sogar einen klaren Rhythmus: Am Sonntagabend oder Montagmorgen sind die Beschwerden besonders stark – am Wochenende oder in den Ferien verschwinden sie wieder.“
Was Eltern tun können?
Natürlich sollten Symptome medizinisch abgeklärt werden
Aber wenn der Kinderarzt keine Ursache findet, lohnt sich ein genauerer Blick. Denn vielleicht steckt die Angst vor der Schule dahinter.
„Und was man beobachten kann, ist, dass sich diese Symptome im Laufe des Vormittags zurückziehen und das Kind sozusagen wieder gesund wird. Das heißt nicht, dass sich das Kind das vorher ausgedacht hat, sondern es hat wirklich diese Symptome erlebt.“
Unser erster Impuls als Eltern ist meist Nachbohren
‚Was ist los? Wer war’s?‘ Wir wollen sofort Klarheit, um helfen zu können. Doch damit setzen wir Kinder unbewusst unter Druck. Viele ziehen sich dann erst recht zurück. Besser ist es, dem Kind Zeit zu geben, zuzuhören und offene Fragen zu stellen. Kinder brauchen einen offenen Raum. Sie brauchen Vertrauen. Sie müssen das Gefühl haben, "Ich kann hier sagen, was los ist".
Wenn Worte fehlen, helfen Umwege
Manchmal hilft es auch, die Ängste über Malen, Geschichten oder Bilderbücher sichtbar zu machen. Oder einfach zu sagen: ‚Ich habe den Eindruck, du bist traurig. Stimmt das?‘ – ohne Druck, nur mit offenem Ohr.
Und wenn Mobbing dahinter steckt?
Manchmal steckt hinter Schulangst mehr – nämlich Mobbing. Plötzlich verschwinden Dinge, Kleidung ist beschädigt, oder das Kind kommt mit blauen Flecken nach Hause. Für Eltern ist das eine enorme Herausforderung, die eigenen Impulse im Zaum zu halten.
In solchen Momenten braucht dein Kind vor allem eines: ernst genommen zu werden
… und das Gefühl, nicht schuld zu sein. Lea Siemann sagt, dass das Wichtige beim Thema Mobbing ist, das Kind nicht allein zu lassen, aber auch die eigenen Emotionen im Zaum zu halten und gemeinsam zu überlegen, wer helfen kann – etwa Vertrauenslehrer, Schulsozialarbeit oder externe Beratungsstellen.
Wichtig ist, den Weg immer gemeinsam mit dem Kind zu gehen. Denn oft fürchten Kinder, dass alles schlimmer wird, wenn Erwachsene allein handeln. Vertrauen aufbauen und kleine Schritte sind hier entscheidend.
Und falls du merkst, dass dein Kind selbst andere verletzt?
Dann gilt das Gleiche: Rückhalt geben, nicht verurteilen – und verstehen, was hinter diesem Verhalten steckt. Wichtig ist: Kinder müssen spüren, dass sie nicht allein sind. Und auch wir Eltern müssen es nicht sein.
Schulangst ist kein seltenes Phänomen – und kein Grund, sich zu schämen
„Es ist so wichtig, dass Eltern, das Recht haben, sich Unterstützung nehmen zu dürfen, und dass es eher ein Anzeichen von Stärke ist – und davon, es sich selbst wert zu sein. Also es geht gar nicht darum, es nicht gut genug hingekriegt zu haben, sondern dass es oft mit jemand anderen an der Seite noch besser geht.“
Unterstützung gibt es in Beratungsstellen, bei Schulpsycholog*innen – oder auch digital, zum Beispiel über AllyTime. Dort finden Familien schnell und unkompliziert psychologische Beratung, ohne lange Wartezeiten. Am Ende geht es darum, dass Kinder sagen können: ‚Ich habe Angst‘ – und dass wir diese Angst ernst nehmen und gemeinsam Wege finden, damit umzugehen.

