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Wertvolle Zellen

Nabelschnurblut: Einlagern, spenden oder auspulsieren lassen?

Nabelschnurblut
© Getty Images/ Pixelistanbul

Während der Schwangerschaft sorgt die Nabelschnur dafür, dass unser Baby mit Sauerstoff und allen wichtigen Nährstoffen versorgt wird. Ist das Kleine auf der Welt, wird die Nabelschnur für unser Kind überflüssig. Doch das Nabelschnurblut ist noch immer wertvoll! Wie Nabelschnurblut Leben retten kann, was fürs Einlagern oder Spenden nach neuestem wissenschaftlichem Stand spricht und welche Kosten dabei entstehen.

Warum ist Nabelschnurblut so wertvoll?

Nabelschnurblut ist Blut aus der Plazenta, das nach der Geburt in der Nabelschnur zurückbleibt. Das Baby braucht es nicht mehr, da es nun über seine eigene Atmung mit Sauerstoff und über die Muttermilch bzw. Pre-Milch mit allen notwendigen Nährstoffen versorgt wird. Ist das Baby auf der Welt, wird die Nabelschnur normalerweise abgeschnitten und entsorgt.

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Allerdings sind in diesem Nabelschnurblut Millionen von Stammzellen enthalten, ähnlich derer im Knochenmark. Bei Stammzellen handelt es sich um unreife Zellen, deren genaue Endbestimmung noch nicht festgelegt ist. Sie können sich zu verschiedenen Blutzelltypen entwickeln: in rote und weiße Blutkörperchen ebenso wie in Blutplättchen. Wird das Nabelschnurblut nun nach der Geburt entsorgt, verschwinden diese kostbaren Stammzellen ungenutzt.

Stammzellen aus dem Nabelschnurblut sind deswegen so wertvoll, weil sie transplantiert und zur Behandlung verschiedener Krankheiten, vor allem Leukämie, eingesetzt werden können. Im Vergleich zu Stammzellen aus dem Knochenmark oder peripheren Stammzellen (direkt aus der Blutbahn) haben sie einige Vor- aber auch Nachteile:

  • Transplantationen mit Stammzellen aus Nabelschnurblut verursachen seltener Abstoßungsreaktionen (Graft-versus-host Erkrankung) bei der empfangenden Person als Knochenmarkstammzellen.
  • Stammzellen aus Nabelschnurblut sind noch nicht durch Umwelteinflüsse belastet und sehr teilungsfähig.
  • Wenn Nabelschnurblut gespendet wurde, wird es direkt aufgearbeitet und typisiert in der Blutbank eingelagert. Damit ist es sofort einsatzbereit, wenn es benötigt wird, während Knochenmark erst getestet und entnommen werden muss.
  • Eine Nabelschnurblutspende ist völlig risikolos und absolut schmerzfrei für Mama und Kind.
  • Transplantationen mit Stammzellen aus Nabelschnurblut sind bei einer geringeren Übereinstimmung der Gewebemerkmale (HLA-Merkmale) möglich als Transplantationen aus Knochenmarkstammzellen oder peripheren Stammzellen. Dies erweitert den Kreis der transplantationsfähigen Patient*innen erheblich.
  • Für eine erfolgreiche Transplantation wird pro Kilogramm Körpergewicht eine bestimmte Menge an Stammzellen benötigt. Da eine Nabelschnurblutspende aber nur eine begrenzte Zahl Zellen beinhaltet, eignet sie sich nur für Patient*innen mit geringem Körpergewicht, also hauptsächlich für Kinder. Bei Erwachsenen werden Nabelschnurblutpräparate durch Doppeltransplantation, also Nabelschnurblut aus zwei verschiedenen Spenden, eingesetzt.
  • Nur jede 5. Nabelschnurblutspende enthält genug Stammzellen, um sich für eine Transplantation zu eignen.

Welche Krankheiten kann man mit Nabelschnurblut behandeln?

Transplantierte Stammzellen aus dem Nabelschnurblut können Kindern und Erwachsenen helfen, Leukämie (Blutkrebs) und andere Erkrankungen des blutbildenden Systems (zum Beispiel Thalassämien, die Sichelzellkrankheit oder aplastische Anämie) sowie Immundefekte erfolgreich zu behandeln.

Leukämie ist die häufigste Krebserkrankung bei Kindern. Jährlich werden deutschlandweit rund 700 neue Fälle gemeldet. Vor allem bei den von Leukämie betroffenen kleinen Patient*innen zeigen Transplantationen von Stammzellen großen Heilungserfolg. Die Blutbildung und das Immunsystem können sich vollständig erneuern und oft kann so das Leben der erkrankten Kinder gerettet werden.

Wie sinnvoll ist es, Nabelschnurblut einzulagern?

Nach der Geburt eures Babys habt ihr die Möglichkeit, die Stammzellen aus dem Nabelschnurblut bei einer privaten Blutbank einzulagern. Dazu entnimmt das entsprechend geschulte Klinikpersonal direkt nach der Abnabelung das Blut aus der Nabelschnur, übergibt es an einen Kurier und dieser bringt es zur Blutbank, wo es tiefgefroren (kryokonserviert) wird.

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Die privaten Blutbanken bewerben die Einlagerung mit dem Argument, dass die Stammzellen direkt verfügbar seien, falls das Kind oder ein anderes enges Familienmitglied einmal eine Krankheit bekommt, die mittels der Stammzelltherapie behandelt werden kann.

Allerdings ist der Nutzen einer Privateinlagerung nicht gesichert. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind mit seinen eigenen Stammzellen behandelt wird (autologe Transplantation), ist sogar ausgesprochen gering. Laut eines Artikels des Ärzteblatts liegt die Wahrscheinlichkeit, dass die privat eingelagerten Stammzellen aus der Nabelschnur tatsächlich Anwendung finden bei etwa 1:25.000.

Denn die eigenen Stammzellen eignen sich in der Regel nicht, wenn das Kind tatsächlich an Leukämie erkranken sollte. Der Grund: Blutkrebs kann sehr früh entstehen, weswegen sich erste Vorläuferzellen oft schon in der Nabelschnur finden. Eine Eigenspende erhöht daher das Risiko eines Rückfalls. Aus diesem Grund wird Blutkrebs mit Nabelschnurblut von fremden Spendern behandelt.

Was kostet es, Nabelschnurblut einzulagern?

Die Kosten für eine Privateinlagerung müsst ihr selber tragen, die Krankenkassen übernehmen sie nicht. Aktuell belaufen sie sich je nach Anbieter auf ca. 3.000 € für einen Zeitraum von 18 Jahren. Danach kann euer Kind entscheiden, ob die Stammzellen aus dem Nabelschnurblut weiter eingelagert oder verworfen werden sollen.

Ob die Einlagerung über einen so langen Zeitraum sinnvoll ist, ist wissenschaftlich auch nicht geklärt. Niemand, weiß ob die Qualität der eingefrorenen Stammzellen nach mehreren Jahrzehnten noch gut genug ist, um sich für eine erfolgreiche Behandlung zu eignen.

Es gibt allerdings wenige Ausnahmefälle, in denen Expert*innen das Ein­lagern eigenen Nabelschnurbluts befürworten. Zum Beispiel, wenn sich schon vor der Geburt abzeichnet, dass das Baby an einem schweren Herzfehler leidet oder wenn ein hohes Risiko besteht, eine Stoffwechsel­erkrankung wie Diabetes Typ 1 zu entwickeln. Denn in diesen Bereichen wird sehr intensiv mit Nabelschnurblut geforscht.

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Auch kann es theoretisch sein, dass die Forschung plötzlich einen Durchbruch schafft und sich neue Therapiemöglichkeiten mit Stammzellen aus dem Nabelschnurblut ergeben. Wenn ihr das Geld also übrig habt und euer Bedürfnis nach Sicherheit sehr hoch ist, könnt ihr eine private Einlagerung des Nabelschnurbluts in Erwägung ziehen. Eine Garantie für eine mögliche Verwendung gibt es aber nicht.

Warum spendet man Nabelschnurblut?

Als Alternative zum privaten Einlagern für den Eigengebrauch könnt ihr das Nabelschnurblut auch spenden und damit einer erkrankten Person möglicherweise das Leben retten.

Es gibt zwei Arten von Nabelschnurblutspenden:

Die gerichtete Nabelschnurblutspende

Eure Nabelschnurblutspende wird für eine spendebedürftige Person in der Familie verwendet. Dabei muss es sich um eine*n Verwandte*n 1. Grades handeln. In den allermeisten Fällen ist dies ein Geschwisterkind des Neugeborenen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Nabelschnurblutspende sich zur Transplantation an Schwester oder Bruder eignet, ist mit 25 Prozent recht hoch. Auf Antrag übernehmen die Krankenkassen die Kosten für die gerichtete Spende.

Die gemeinnützige Nabelschnurblutspende

In diesem Fall wird eure Spende in einer öffentlichen Nabelschnurblutbank eingelagert. Die Typisierungsdaten werden von der Blutbank an das Zentrale Knochenmarkspender-Register Deutschland übermittelt. Dieses ist weltweit vernetzt. So wird gewährleistet, dass eure Spende bei Bedarf gefunden wird und ein meist kleiner Patient oder eine kleine Patientin eine Chance auf ein neues Leben bekommt. Bei der gemeinnützigen Nabelschnurblutspende entstehen euch keine Kosten.

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Außerdem gibt es bei manchen privaten Nabelschnurbanken die Möglichkeit, die Stammzellen mit der Option auf Spende einlagern zu lassen. Die Nabelschnurblut-Stammzellen werden dann wie üblich privat aufbewahrt aber die Merkmale in eine öffentliche Daten­bank eingetragen. Kommt eine Anfrage, können sich die Eltern überlegen, ob sie die Stammzellen, die sie ja eigentlich für das eigene Kind eingelagert haben, freigeben und ihr Geld erstattet bekommen oder ob sie weiterhin einlagern wollen. Achtung: Was eigentlich optimal klingt, kann Eltern in große Gewissenskonflikte bringen, da sie in diesem Fall evtl. dazu gezwungen sind, über die Chance auf Überleben eines anderen Menschen zu entscheiden.

Ablauf einer Nabelschnurblutspende

Die Entnahme des Nabelschnurbluts ist sowohl für die Mama als auch für das Baby komplett risikolos und schmerzfrei, da die Punktion der Nabelschnur erst nach dem Abnabeln erfolgt. So läuft eine Nabelschnurblutspende ab:

  1. Wenn ihr euch für eine Nabelschnurblutspende entschieden habt, könnt ihr über eine öffentliche Nabelschnurblutbank, z. B. die der DKMS, ein Krankenhaus in eurer Nähe finden, das als Entnahmeklinik qualifiziert ist.
  2. Ihr meldet in der Entnahmeklinik an, dass ihr eine Nabelschnurblutspende wünscht.
  3. Die Mutter, idealerweise auch der biologische Vater, füllen einen Fragebogen und eine Einverständniserklärung aus.
  4. Vor der Geburt wird der Mama etwas Blut abgenommen und untersucht, um Infektionen wie Hepatitis B und C, HIV oder den Zytomegalievirus auszuschließen.
  5. Die Geburt läuft von der Spende völlig unbeeinflusst ab. Ist euer Baby auf der Welt, wird  es normal abgenabelt und dann die Nabelschnurvene von speziell ausgebildet Fachkräften punktiert. Das Blut (meist sind das 55-200 ml) fließt daraufhin in einen speziellen Sammelbeutel.
  6. Geschulte Kuriere übernehmen den Transport des Beutels zur Blutbank.
  7. Die entnommende Spende wird darauf überprüft, ob alle Spendekriterien erfüllt werden. Außerdem werden die Gewebemerkmale (HLA-Typisierung) bestimmt und es wird so aufbereitet, dass es gespendet werden kann.
  8. Die Spende wird kryokonserviert, also eingefroren, und bis zu ihrer Verwendung eingelagert.
  9. Ca. 6 Monate nach der Spende nimmt die öffentliche Blutbank wieder Kontakt zu euch auf, fragt nach der Entwicklung des Kindes und bittet um eine zweite mütterliche Blutprobe zur Bestätigung der ersten Blutentnahme vor der Geburt.

Hepatitis ist eine der Infektionskrankheiten, die die Spende von Nabelschnurblut ausschließen. Was die Erkrankung genau ist, zeigt unser Video:

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Gibt es Nachteile beim Spenden von Nabelschnurblut?

Als Nachteil von Nabelschnurblutspenden wurde lange angeführt, dass es dabei nicht möglich sei, die Nabelschnur auspulsieren zu lassen, da die Punktion optimalerweise spätestens 2 Minuten nach der Geburt erfolgt. Vorteile wie ein erhöhter Eisenvorrat und ein größeres Blutvolumen beim Baby sowie eine leichteres Lösen der Plazenta bei der Mama seien dadurch nicht möglich, hieß es bislang.

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Neueste Recherchen des Ärzteblatts vom Januar 2024 widerlegen dieses Argument allerdings: "Bei der Nabelschnurblut­spende werde zwar zügig, aber nicht vor einer Minute abgenabelt", heißt es in dem Artikel. Diese Zeit reiche bereits dafür aus, dass das Baby von den Vorteilen des Auspulsierens profitieren könne. "Ein längeres Auspulsieren sei aber nicht förderlich und habe keine wesentlichen positiven Aspekte."

Eine Nabelschnurblutspende wirkt sich außerdem nicht negativ auf die Atmosphäre im Kreißsaal aus: Der Partner oder die Partnerin können die Nabelschnur durchschneiden und auch Bonding ist ganz normal möglich.

Nabelschnurblut kann übrigens auch bei einem Kaiserschnitt gespendet werden.

Der einzige Nachteil an einer gemeinnützigen Nabelschnurblutspende ist also, dass ihr als Eltern danach keine eigenen Ansprüche mehr an die Spende habt.

Und: Bitte keine Angst! Es ist absolut unmöglich, aus der Nabelschnurblutspende ein Kind zu klonen, da die gewonnenen Blutstammzellen andere Informationen enthalten als die zum Klonen benötigten embryonalen Stammzellen.

Kommen wir als Spender für Nabelschnurblut in Frage?

Wie bereits erwähnt, eignen sich leider nur ca. 20 Prozent der Nabelschnurspenden für eine Transplantation. Das liegt daran, dass es hohe Qualitätsanforderungen und Ausschlusskriterien gibt. Das Nabelschnurblut ist z. B. ungeeignet bzw. darf nicht verwendet werden, wenn:

  • die Mama noch minderjährig ist
  • während der Schwangerschaft Komplikationen aufgetreten sind
  • die Menge des Bluts bzw. die Zahl enthaltener Stammzellen zu gering ist
  • die Spende verunreinigt ist
  • eine Frühgeburt vorliegt
  • Mama oder Papa bestimmte Erkrankungen haben
  • die Mutter suchtkrank ist
  • es Erbkrankheiten in der Familie gibt

Aber selbst wenn sich eure Nabelschnurblutspende nicht zur Transplantation eignen sollte, findet sie oft noch Verwendung in der Wissenschaft. Geforscht wird z. B. zur Behandlung von Zerebralparese aber auch von Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Schlaganfall, Herzinfarkt, Alzheimer und Parkinson. Auch der Bereich der Hauttransplantationen ist ein Forschungsfeld.

In welchen Krankenhäusern können wir Nabelschnurblut spenden?

Die DKMS arbeitet mit 12 Entnahmekliniken zusammen, die José Carreras Stammzellbank an der Uniklinik Düsseldorf mit 32 Entnahmekliniken. Auch am Universitätsklinikum Erlangen und an der Charité Berlin könnt ihr Nabelschnurblutspenden entnehmen lassen.

In Deutschland wird Nabelschnurblut nur sehr selten transplantiert und die Zahl der öffentlichen Nabelschnurblutbanken, die noch Spenden annehmen, ist rückläufig. Das liegt daran, dass es so viele freiwillige Spender gibt, die Knochenmark oder periphere Stammzellen spenden. Hierzulande wird es also nicht unbedingt benötigt. Aber: Vielleicht ist ja gerade eure Spende die eine, die für ein krankes Kind passt. Und: Das Nabelschnurblut kann weltweit eingesetzt werden; in anderen Ländern wird es vielleicht dringend gebraucht. Deswegen ist die Spende von Nabelschnurblut weiterhin eine wichtige alternative Stammzellquelle für Personen, die keine passende Knochenmarkspende finden.

Wir recherchieren mit großer Sorgfalt und nutzen nur vertrauenswürdige Quellen. Die Ratschläge und Informationen in diesem Artikel ersetzen keine medizinische Betreuung durch entsprechendes Fachpersonal. Bitte wendet euch bei gesundheitlichen Fragen und Beschwerden an eure Ärztinnen, Hebammen oder Apotheker*innen, damit sie euch individuell weiterhelfen können.

Quellen: Deutsches Ärzteblatt, National Library of Medicine

Welche Art der Geburt passt zu mir?

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