Ein Baby ist eine Herausforderung für junge Eltern. Wir zeigen Ihnen, was werdende Eltern tun können, um sich optimal auf die Elternrolle vorzubereiten


Junge Eltern können sich seelisch auf ihre neue Rolle einstimmen und sich auf das, was sie in den kommenden Monaten und Jahren erwartet – kurz: auf die Elternrolle - , praktisch vorbereiten. Je früher, desto besser. Denn ist das Baby erst da, sind die Eltern eingespannt mit Wickeln, Füttern, Wiegen, Trösten und Umhertragen.
Und wenn Sie ausnahmsweise einmal nicht mit Ihrem Baby beschäftigt sind, könnte es sein, dass Sie nur einen einzigen Wunsch haben: schlafen, schlafen, schlafen! Die Zeit für Gespräche mit dem Partner nimmt nach der Geburt rapide ab. Dabei gibt es jetzt besonders viel zu besprechen. Über welche Themen Eltern reden sollten:
Über eigene Gefühle als Eltern reden
Viele Eltern überkommen während der Schwangerschaft diffuse Ängste. Doch häufig trauen sie sich nicht, das zuzugeben; ob bewusst oder unbewusst. Denn bei uns lebt immer noch der Mythos: Wer ein Baby bekommt, muss glücklich und dankbar sein. Andere Gefühle zur Elternrolle werden häufig verdrängt. "Ich habe festgestellt, dass viele Paare während der Schwangerschaft auf einer rosaroten Wolke schweben - und mögliche Schwierigkeiten ausblenden“, sagt Robert Richter, 38, Vater von zwei Kindern und Autor des „Papa-Handbuch“ (Gräfe und Unzer, 15 Euro). Der Diplom-Pädagoge schult Hebammen und Geburtsbegleiterinnen und leitet gemeinsam mit ihnen Vorbereitungskurse. Er meint: „Grundsätzlich ist ein optimistischer Blick in die Zukunft zu dritt ja auch wünschenswert. Es ist eine Art Schutzglocke, die hilft, die Schwangerschaft ruhig zu überstehen. Aber wer möglichen Schwierigkeiten gar nicht ins Auge blickt, beraubt sich der Chance, sich auf sie einzustellen.“
Erziehungsprinzipien absprechen
Solche Fragen theoretisch zu klären, ist nicht einfach. Aber es ist sinnvoll, den Dialog darüber möglichst früh zu beginnen. Eltern, denen klar ist, dass man diese Fragen diskutieren und aushandeln muss, finden meist schneller zu einem einheitlichen Erziehungsstil, was viele Konflikte untereinander und mit dem Kind von Anfang an entschärft oder sogar ganz verhindert.
Gemeinsam Leben als Eltern organisieren
Gemeinsam Leben als Eltern organisieren
Um die ersten Lebensmonate und Lebensjahre mit Kind möglichst entspannt zu erleben, ist es hilfreich, das Projekt „Baby“ in vielerlei Hinsicht ganz pragmatisch an zugehen: Wie organisieren wir die Kinderbetreuung im ersten Jahr? Großeltern, Geschwister, Freunde - wer kann uns unterstützen? Und wie soll es im zweiten Lebensjahr weitergehen: Ab wann soll unser Kind betreut werden? Von einer Tagesmutter? Oder in einer Krippe? Können wir uns vorstellen, ein Au-pair ins Haus zu nehmen?
Geeignete Betreuung zu finden, ist in Deutschland immer noch ein Kunststück. Es gibt Mütter, die telefonieren mit 15 Tagesmüttern und treffen sich mit fünfen, ehe sie das Gefühl haben: Die ist es! Und um einen der raren Krippenplätze zu ergattern, muss man zurzeit noch eine längere Wartezeit einkalkulieren. Wer da rechtzeitig einen Plan hat, ist entschieden im Vorteil. Eine meiner Freundinnen hat mal gesagt: „Wenn man Kinder hat, muss man das Kunststück vollbringen, stets spontan und flexibel zu sein - aber das perfekt organisiert.“ Das klingt zwar wie ein Widerspruch, aber stimmt trotzdem. Je besser der neue Familienalltag strukturiert und die Aktivitäten geplant sind, desto flexibler können Eltern auf all die vielen Überraschungen reagieren, die ein Leben mit Kindern mit sich bringt.
Großes Angebot an Kinderbetreuung
Vielleicht haben Sie ja auch Lust, sich schon mal über die verschiedenen Kurse zu informieren, die Sie mit Ihrem Kind machen können. Kurz nach Geburt sind das zum Beispiel PEKiP- oder Emmi-Pikler-Kurse sowie Babyschwimmen oder Babymassage. Wenn Ihr Baby etwas älter ist, können Sie mit ihm zum Yoga oder Eltern-Kind-Turnen gehen, Spielgruppen besuchen oder mit musikalischer Früherziehung beginnen.
Machen Sie sich aber auf keinen Fall verrückt, wenn der PEKiP-Kurs bei Ihnen um die Ecke schon ausgebucht ist. Babykurse sind zwar sinnvoll, das aber vor allen Dingen für die Eltern: Sie können sich dort mit anderen Eltern austauschen und erhalten gute Anregungen für zu Hause. Außerdem werden bei dieser Gelegenheit oft „Elternfreundschaften“ geknüpft, die über die ganzen Kinderjahre andauern. Aber Ihr Baby gedeiht garantiert auch ganz prächtig, wenn Sie ihm „nur“ ein liebevolles Zuhause mit Ritualen, Rhythmus und vielen Anregungen bieten. Förderung muss nicht in Kursen organisiert sein.
Gelassen geht es für Eltern einfacher
Gelassen geht es für junge Eltern einfacher
Planen, Absprechen, Vorbereiten - all das trägt dazu bei, dass der Start ins Familienleben gut gelingt. Aber mindestens genauso wichtig ist es, sich eine gute Portion Gelassenheit und Lockerheit zu erhalten und fest daran zu glauben: „Wir bekommen das schon hin.“ Die Geburt eines Kindes versetzt seine jungen Eltern körperlich und seelisch in eine Art Ausnahmezustand.
Dabei ist es das Normalste der Welt, ein geradezu alltägliches Wunder.
Mit so einer entspannten Haltung gelingt es Ihnen, sich von all dem Neuen nicht beirren zu lassen. Die britische Kinderexpertin Rachel Waddilove, die auch prominente Mütter wie Gwyneth Paltrow berät, sagt: „Ein Säugling braucht Aufmerksamkeit, aber es sollte sich in der Familie nicht alles nur um das Baby drehen. Es hat das Recht, geliebt zu werden, aber nicht, der Nabel der Welt zu sein. Für die Wünsche der Eltern muss immer noch Raum bleiben.“
Eltern und Geld
Junge Eltern und Geld
Auch über Geld sollten junge Eltern jetzt offen sprechen, schließlich stellt die Geburt eines Kindes eine ganz neue, wirtschaftliche Situation dar: Wie teilen wir unser Geld ein in der Zeit, in der nur einer verdient? Wollen wir ein gemeinsames Konto? Welche Versicherungen brauchen wir? Wollen wir für unser Kind Geld anlegen? Welche Anschaffung sind wirklich notwendig - was können wir uns sparen? Ab wann braucht ein Baby überhaupt ein eigenes Zimmer?
Für solche Fragen sind andere Eltern oft die besten Ansprechpartner. Sie haben einen realistischen Blick dafür, was wirklich sinnvoll und notwendig ist. Für Babys und Kleinkinder wird sehr viel angeboten, was den Praxistest am Ende nicht besteht. Angefangen von Ausbildungsversicherungen bis zum Babyhopser. Aber gerade als frischgebackene Mutter oder Vater lässt man sich natürlich gern von dem Gefühl überwältigen: „Nur das Beste für mein Baby.“ Daran ist auch nichts falsch, aber die Hersteller von Kinderprodukten sind sehr geschickt darin, für die Zielgruppe „junge Eltern“ Bedürfnisse zu kreieren, für die eigentlich gar keine Notwendigkeit besteht.
Als Eltern gemeinsam mehr erreichen
Im Rückblick stellen junge Eltern häufig fest, dass vieles von dem, was sie während der Schwangerschaft und im ersten Jahr geplant und sich vorgestellt haben, doch ganz anders gekommen ist. Aber umsonst waren all die Überlegungen nicht. Denn eines bleibt Ihnen in jedem Fall erhalten: eine Kultur des Teamworks. Und die wird in den kommenden Jahren von zentraler Bedeutung sein. Es wird kaum einen Tag geben, an dem nicht Fragen abgestimmt werden müssen wie: Wer geht zum Elternabend im Kindergarten? Woher bekommen wir bis morgen ein Elfenkostüm? Wo sind die Ohrentropfen?
Eltern, die hier Teamwork an den Tag legen, haben beste Chancen, auch im Familientrubel eine harmonische, glückliche Beziehung zu führen. „Je besser zwei Partner zusammen Stress bewältigen, desto günstiger die Prognose für die Beziehung“, so der Schweizer Psychologe Guy Bodenmann („Stress und Partnerschaft. Gemeinsam den Alltag bewältigen“, Huber, 20 Euro). Das hört sich nicht sehr romantisch an. Aber Paare, die ein Familientreffen heiter überstehen, den wöchentlichen Großeinkauf ohne Zerwürfnisse erledigen und sich auch nicht angiften, wenn sie bei 40 Grad Hitze mit quengelnden Kindern im Stau stehen, sind glücklicher als andere.
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass gute Kooperation langfristig zufriedener macht als romantische Aufmerksamkeiten. Liebe und Leidenschaft allein sind eben kein Garant für Beziehungsglück. Besonders nicht, wenn Kinder da sind. Eltern sind auch Manager, die gemeinsam ihr kleines Unternehmen am Laufen halten müssen. Wer sich dabei auf seinen Partner verlassen kann, fühlt sich gestärkt und unterstützt. Dauerhaft schlecht verarbeiteter Stress hingegen nagt extrem an Beziehungen: Lust auf Gespräche und Sex lassen stark nach, das Klima wird gereizt und giftig, so Bodenmann.
Das gemeinsame Leben vor der Geburt bilanzieren
Gemeinsam Bilanz des Lebens bis zur Geburt ziehen
Oft haben Partner unausgesprochene Erwartungen, wie es wohl sein wird, wenn das Baby da ist - aber sie sprechen nicht miteinander darüber und verwechseln das mit stiller Übereinkunft und Seelenverwandtschaft. Diese Taktik erweist sich aber als echtes Pulverfass. Wer hingegen recht gut weiß, was seinen Partner bewegt und was ihm wichtig ist, der reagiert in den vielen kleinen und großen Stressmomenten gelassener. Es fällt leichter, die Reaktionen des anderen besser zu verstehen - und nicht gleich enttäuscht oder ärgerlich zu sein. Weiterer Vorteil: Durch solche Gespräche gewinnt man auch für sich selbst Klarheit, kann Prioritäten setzen und die knappe Zeit besser einteilen.
Krisen wegen Elternrollerechtzeitig erkennen
Langzeituntersuchungen wie etwa die LBS-Familienstudie „Übergang zur Elternschaft“, in der 175 Paare nach ihren Erfahrungen gefragt wurden, brachten heraus: Die ersten drei Jahre als Eltern mit Baby sind besonders kritisch. Die Partner redeten nach der Geburt zunehmend weniger miteinander, sie tauschten weniger Zärtlichkeiten aus, die sexuelle Beziehung flachte deutlich ab, und sie stritten häufiger. Ein Baby ist die Krönung der Liebe, aber gleichzeitig auch die größte Prüfung für die Beziehung.
Der Stress, den ein Baby verursacht, ist zwar in aller Regel begleitet von großen Glücksgefühlen, Dankbarkeit und Zufriedenheit. Dennoch können die unfreiwillige Rückkehr in eine traditionelle Rollenverteilung sowie Zeit- und Schlafmangel ernste Krisen in der Partnerschaft hervorrufen. Der amerikanische Psychologe John M. Gottmann hat ein neues Buch über die Elternwerdung geschrieben („And Baby makes three“, Crown Publishers, 20 Euro, über amazon.de). Er fand allerdings heraus, dass der Babystress in der Regel gar nicht der Hauptverursacher der Krise ist, sondern sie „nur“ offen legt und verstärkt. Sprich: Paare, die schon ohne Kinder harmonisch zusammengelebt haben, gelingt es meist, auch mit Nachwuchs diese Beziehungskultur beizubehalten.
Knirscht und knatscht es schon ohne Kinder, ist eine Krise weit wahrscheinlicher. Gottmann rät daher, gravierende Probleme in der Beziehung unbedingt so weit wie möglich vorher zu lösen. Im Grunde wussten das schon unsere Großeltern: Ein Baby ist nie Kitt, sondern im Zweifel eher Sprengstoff für die Beziehung. Der Pädagoge Robert Richter, der zurzeit über die Auswirkung des Elterngeldes auf die Vaterrolle forscht, sagt: „Große Konflikte nach der Geburt sind nicht zwingend - wenn man sich auf die Veränderungen vorbereitet.“
Gemeinsam nach der Elternrolle suchen
Gemeinsam nach der Elternrolle suchen
Junge Eltern können sich diesen Fragen besonders gut mithilfe eines Fotos des eigenen Vaters oder der eigenen Mutter nähern. Wie war mein Vater? Wie war meine Mutter? Und: Wie will ich selbst sein? Was fand ich an meiner Erziehung gut? Und was nicht? So kristallisiert sich heraus, in welche Richtung es gehen soll. Durch das Elterngeld sind junge Väter noch einmal mehr gefordert, auch Elternzeit zu nehmen. Hier besteht möglicherweise auch Gesprächsbedarf: Wie organisieren wir die ersten 14 Monate? Wer bleibt wann zu Hause? Auch wenn manche die neue Regelung als „Wickelvolontariat“ abtun - es ist eine Chance für Väter, von Anfang an eine enge Beziehung zu ihrem Kind aufzubauen. Und eines ist klar: Solche Grundsatzdiskussionen lassen sich leichter führen, bevor Papa und Mama an Schlafmangel leiden und die Nerven vor Dauergeschrei blank liegen.
Junge Eltern und Zeitmanagement
Mit Baby ist alles anders. Aber es wäre doch schön, wenn einiges beim Alten bliebe. Zum Beispiel lieb gewonnene Rituale, wie der wöchentliche Besuch beim Italiener, oder der Lieblingssport. So etwas geht - man muss es jetzt nur besser organisieren. Vielleicht haben die Großeltern Lust, von Anfang an jeden Sonntagnachmittag ihren Enkel zu hüten? Viele junge Eltern neigen dazu, ständig gemeinsam um das Baby herumzuwuseln. Die Folge: Beide sind zugleich erschöpft und können sich nicht abwechseln und entlasten. Abgesprochene Freiräume, in denen man dann auch wirklich sitzen bleiben und abschalten darf, selbst wenn aus der Babywiege laute Geräusche kommen, geben Kraft. Außerdem verhindert es, dass man in Streit gerät durch Sätze wie: „Nun nimm du ihn doch auch mal!“