Wenn Mama (oder Oma, je nachdem wie alt ihr seid) unangemeldet vor der Tür steht oder Papa zum dritten Mal wegen einer unbeantworteten Nachricht anruft, prallen Welten aufeinander. Was die ältere Boomer-Generation als höflich empfindet, kann für Jüngere zum Stressfaktor werden. Diese Generationenkluft sorgt in vielen Familien für Missverständnisse – dabei wollen doch alle nur nett sein!
Der Generationenkonflikt zeigt sich oft in Alltagssituationen: Was für Boomer selbstverständliche Höflichkeit ist, empfinden Millennials und Gen Z häufig als anstrengend oder sogar übergriffig. Dabei geht es meist nicht um böse Absichten, sondern um unterschiedliche Vorstellungen von Respekt und Rücksichtnahme. Mit ein wenig gegenseitigem Verständnis lassen sich diese Reibungspunkte entschärfen – und das Familienleben wird für alle entspannter.
1. Der Überraschungsanruf: "Ich wollte nur mal hören, wie es dir geht."
Für Boomer ist der spontane Anruf ein Zeichen von Zuneigung und Interesse. Jüngere Menschen empfinden unangekündigte Anrufe dagegen oft als Unterbrechung ihres durchgetakteten Alltags (und gehen nicht ran – was gerne mal zu Konflikten führt).
Und wie lässt sich das lösen? Ein kurzes "Hast du kurz Zeit zu telefonieren?" per Textnachricht vorab gibt dem/der Empfänger*in die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob der Zeitpunkt passt. So bleibt die persönliche Verbindung erhalten, ohne dass jemand unter Druck gesetzt wird. Das ist Win-Win für beide Seiten, denn wer telefoniert schon gerne mit jemandem, der mit seinen Gedanken gerade ganz woanders ist oder unter Zeitdruck steht?
2. Der Überraschungsbesuch: "Ich war gerade in der Nähe!"
Wer kennt es nicht? Die Türklingel läutet unerwartet, und draußen stehen die Schwiegereltern mit selbstgebackenem Kuchen. Während früher spontane Besuche zum guten Ton gehörten, werden sie von Millennials und Gen Z heute oft als ein Stressfaktor empfunden.
In Zeiten von Homeoffice, flexiblen Arbeitszeiten und durchgeplanten Familienkalendern kann ein unangekündigter Besuch den ganzen Tag durcheinanderbringen. Eine kurze Nachricht im Vorfeld: "Darf ich gegen 15 Uhr vorbeikommen?" zeigt Respekt für die Zeit des anderen. Das ist für manche Boomer sicher ungewohnt, denn sie selbst freuen sich immer über einen Spontanbesuch der Kinder/Enkel – aber die meisten Boomer haben eben auch mehr freie Zeit zur Verfügung.
3. Kommentare zum Aussehen: "Du siehst aber müde aus!"
"Hast du abgenommen?" oder "Du siehst aber müde aus!" – was als freundliche Anteilnahme gemeint ist, kann als unerwünschter Kommentar zur Erscheinung ankommen. Der oder die Angesprochene fühlt sich beobachtet und bewertet, das ist in der Regel kein sehr schönes Gefühl. Außerdem drängt es uns in die Rechtfertigungsecke.
Statt das Äußere zu kommentieren, konzentriere dich auf positive Aspekte oder stelle offene Fragen: "Du strahlst heute – was gibt's Neues?" oder "Wie läuft's bei dir?" Das eröffnet ein echtes Gespräch, statt jemanden ungewollt auf sein Aussehen zu reduzieren.
4. Ungebetene Ratschläge: "An deiner Stelle würde ich..."
"Du solltest mehr Sport machen!" oder "Warum probierst du nicht mal...?" – gut gemeinte Ratschläge können schnell bevormundend wirken, besonders wenn sie ungefragt kommen. Nicht falsch verstehen, die jüngeren Generationen haben nicht generell etwas gegen Tipps von Boomern.
Aber frage lieber erst, ob dein Gegenüber überhaupt Rat sucht: "Magst du hören, was bei mir in einer ähnlichen Situation geholfen hat?" So gibst du dem anderen die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob er deinen Input möchte. Und wenn nicht, dann wäre es nett, dies auch zu akzeptieren (auch wenn das manchmal schwerfällt, egal welcher Generation wir angehören).
Für diesen Boomer im Video hätten viele bestimmt auch den ein oder anderen ungefragten Ratschlag parat ...
5. Kettenbriefe und Massenweiterleitung: "Unbedingt weiterschicken!!!"
Die WhatsApp-Gruppe explodiert mit weitergeleiteten Warnungen, Witzen oder inspirierenden Sprüchen – für digital Natives oft ein Graus in der ohnehin überquellenden Nachrichtenflut. So leid es uns tut: Wir finden die witzigen Bildchen und kitschigen Sprüche (meistens) nicht unterhaltsam und klicken sie einfach weg. Kleiner Tipp: Wenn du für solche Posts immer nur einen Smiley als Antwort bekommst und niemals ähnlicher Content zurückkommt, dann finden deine Kinder oder Enkel diese Art von Nachrichten einfach nur nervig.
Wenn du etwas teilen möchtest, füge einen persönlichen Kommentar hinzu: "Das hat mich an dich erinnert, weil..." Wenn dir nicht wirklich etwas Persönliches zu deiner Bildchennachricht einfällt, dann schick sie lieber nicht weiter – der/die Empfänger*in wird es dir danken.
6. Ausufernder Small Talk: "Und, wie ist das Wetter bei euch?"
Während Boomer Small Talk als höfliche Gesprächseröffnung sehen, bevorzugen viele Jüngere einen direkteren Kommunikationsstil – besonders im beruflichen Kontext. Sinnloses Geplauder über Banalitäten und Offensichtliches klaut uns unsere kostbare Zeit. Wir unterhalten uns aber sehr gerne mit älteren Generationen, ob über Privates oder den Job.
Ein kurzes "Wie geht's dir?" mit echtem Interesse ist völlig in Ordnung. Aber wenn du merkst, dass dein Gegenüber zum Punkt kommen möchte, respektiere das. Nicht jedes Gespräch braucht eine ausführliche Einleitung über das Wetter.
7. Ständiges Nachhaken: "Hast du meine Nachricht bekommen?"
"Ich wollte nur nachfragen, ob du meine E-Mail von gestern gelesen hast..." – was für Boomer Gewissenhaftigkeit bedeutet, empfinden Jüngere oft als Druck oder mangelndes Vertrauen.
Gib dem/der anderen Zeit zum Antworten und kommuniziere klar, wenn du bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Rückmeldung brauchst: "Könntest du mir bis Freitag Bescheid geben?" So vermeidest du unnötiges Nachhaken und Stress auf beiden Seiten.
Lasst uns gemeinsam Höflichkeit neu definieren
Höflichkeit bedeutet heute vor allem eines: die Grenzen und Bedürfnisse anderer zu respektieren. Das kann für verschiedene Generationen unterschiedlich aussehen. Statt an alten Gewohnheiten festzuhalten oder neue Kommunikationsformen abzulehnen, lohnt es sich, offen miteinander zu sprechen: "Wie kommunizierst du am liebsten?" oder "Was empfindest du als respektvoll?"
Mit etwas Verständnis und Flexibilität auf beiden Seiten können Boomer und jüngere Generationen nicht nur nebeneinander existieren, sondern wirklich voneinander profitieren. Denn am Ende wollen wir alle dasselbe: wertschätzend miteinander umgehen – nur manchmal auf unterschiedliche Weise.
Wie ist das bei euch? Klappt die Kommunikationen zwischen den Generationen gut bei euch? Welcher Generation rechnet ihr euch zu und erkennt ihr euch wieder? Schreibt uns gerne eine E-Mail dazu.