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Der Frühlingszauber (ab 4 Jahre)

Little curly girl blowing dandelion in spring park.

Seit einer Woche und drei Tagen flogen im Haus der vier Jahreszeiten-Feen die Fetzen. Nicht, weil sie sich stritten – nein, nein. Im Zimmer von Primavera, der Frühlingsfee, zischte, brodelte und knallte es. Manchmal qualmte schwarzer Rauch aus Tür und Fenstern, manchmal war es auch weißer. Und ab und zu stieg sogar Rauch mit glitzernden Sternen und bunten Blasen auf. Wenn das passierte, schimpfte Primavera nicht sofort los, sondern erst, nachdem sie dem Glitzernebel nachgesehen hatte. Primavera war verzweifelt. Die richtige Mischung des Feenstaubs, den sie für den Frühlingszauber so dringend brauchte, wollte ihr dieses Jahr einfach nicht gelingen. Die drei anderen Feen machten sich ernsthafte Sorgen um ihre Feenfreundin. »Dieses Jahr fällt der Frühling aus«, sagte Primavera am nächsten Morgen beim Frühstück. »Irgendwas stimmt nicht. Der Feenstaub explodiert immer, wenn ich ihn umrühre.« Missmutig ließ sie ihren Löffel in den Kakao plumpsen. Die Schokomilch spritzte in alle Richtungen. Smilla, die Winterfee, hatte plötzlich überall braune Punkte im Gesicht. »Schön, deine neuen Sommersprossen«, sagte Sommerfee Sunny und lachte. »Besser hätte ich die auch nicht hinbekommen!« »Sehr witzig«, sagte Primavera. »Ihr habt es gut. Ihr seid ja auch nicht dran mit eurem Jahreszeitenzauber. Und ihr habt es Jahr für Jahr immer gut hinbekommen … Ihr seid sogar noch besser geworden.« Neidisch schielte sie auf die vielen Urkunden, die an der Wand hingen. Smilla war schon einige Male für ihren besonders schneemanntauglichen Schnee ausgezeichnet worden. Marone, die Herbstfee, hatte einen Preis für ihren Drachenwind bekommen, und Sunny machte die herrlich erfrischenden Sommergewitter nach einem heißen Tag. Nur Primavera hatte noch nie eine Urkunde erhalten. Immerhin hatte sie es bisher jedes Jahr geschafft, den Frühling auszulösen. Doch dieses Jahr schien ihr nicht einmal das zu gelingen. »Wenn das so weitergeht, muss ich kündigen«, sagte sie traurig. Smilla nahm Primavera in den Arm. »Ach, red doch keinen Unsinn«, tröstete sie die kleine Frühlingsfee. »Ich bin sicher, in ein paar Tagen ist dein Frühlingszauber einsatzbereit!« Primavera schluchzte. »Es tut mir so leid«, flüsterte sie in Smillas Ohr. »Ich weiß, du kannst nicht zur diesjährigen Schneeflockenparty fahren, wenn der Frühling nicht bald kommt.« »Schon gut, Primchen«, antwortete Smilla. »Du machst das doch nicht absichtlich. Ich halte schon noch ein bisschen durch. Dieses Jahr dürfen die Kinder eben bis in den März hinein Schlitten fahren!« Primavera sah Smilla dankbar an. Dann ging sie mit gesenktem Kopf in ihr Zimmer zurück. »Ich übe dann mal weiter«, murmelte sie und schloss die Tür hinter sich. Die anderen Feen sahen sich an. »Wir müssen ihr helfen«, sagte Marone. »So kann das nicht weitergehen. Habt ihr eine Idee, warum ihr Feenstaub dieses Jahr nicht funktioniert?« »Mhm«, überlegte Sunny. »Ich denke mir immer eine besondere Überraschung für die Jahreszeit aus. Letztes Jahr habe ich etwas mehr Blumensamen dazugetan, und das hat den Sommer besonders bunt gemacht!« »Und gut gerochen hat er auch«, erinnerte sich Smilla. »Ich verändere auch immer eine Zutat«, sagte Marone. »Du auch, Smilla?« Smilla nickte. »Ja, das Rezept ist nie das gleiche«, sagte sie. »Möglicherweise fehlt Primavera eine neue Zutat.« »Aber welche Zutat das ist, das muss Primavera selbst herausfinden«, sagte Marone. Die drei Feen nippten an ihrem Kakao. »Ich hab eine Idee!«, rief Sunny. »Was haltet ihr davon, wenn wir ein Frühlingsfest feiern? Das bringt Primavera sicher auf andere Gedanken.« »Ja, das klingt gut!«, sagten Marone und Smilla gleichzeitig und mussten kichern. »Ich verstehe leider nicht viel vom Frühling«, sagte Sunny. »Los, überlegt mal, was fällt euch zum Frühling ein?« Die beiden Feen dachten angestrengt nach. »Draußen sein, die ersten Blumen, Sonnenstrahlen …«, überlegte Marone. »Schokoladenosterhasen und bunt bemalte Eier im Gras suchen und der Duft von nasser Erde«, ergänzte Smilla. Sunny lachte. »Prima, das ist doch schon eine ganze Menge«, sagte sie. »Und zum Essen gibt es Frühlingsrollen mit Frühlingsquark.« »Au ja, und vorher schlürfen wir Frühlingssuppe«, rief Marone begeistert. Sofort begannen die drei Jahreszeiten-Feen mit den Vorbereitungen.
Smilla guckte in ihre Süßigkeitenschublade und schimpfte: »Mist, es gibt keine Schoko-Hasen, sondern nur Schoko-Nikoläuse. War ja klar! Na, dann nehmen wir halt die.« Und weil draußen noch tiefer Schnee lag, versteckte sie die Oster-Nikoläuse lieber in den Zimmern. Sunny schleppte alle Blumentöpfe in die Küche und goss die Pflanzen ausgiebig. Bald breitete sich überall der Geruch von feuchter Erde aus. Marone holte alle Lampen, die sie finden konnte, und machte eine Sonnenstrahlen-Festbeleuchtung für den Topfpflanzen-Dschungel. Als Letztes legte Smilla eine Packung Tiefkühlfrühlingsrollen in den Ofen und rührte den Quark an, während die Suppe schon auf dem Herd köchelte. Jetzt fehlte nur noch Primavera. Sunny klopfte an ihre Tür. In diesem Augenblick knallte es im Inneren. Vorsichtig öffnete Sunny. Der schwarze Rauch war so dicht, dass Sunny die kleine Frühlingsfee erst gar nicht sehen konnte. Sie hielt sich die Hand vor den Mund und hustete: »Primchen? Lass doch mal gut sein mit deinen Versuchen. Wir haben eine Überraschung für dich!« Primavera kam näher, das Gesicht rußverschmiert. »Was ist es denn? Ich hab eh keine Lust mehr rumzuprobieren!«, sagte sie. »Dann komm«, meinte Sunny geheimnisvoll. Als Primavera die Küche betrat, richtete Marone eine der Lampen genau auf ihr Gesicht. »Möge die Frühlingssonne von nun an mit dir sein!«, rief sie. Smilla hielt Primavera einen Blumentopf unter die Nase. »Möge dich der Duft weicher, nasser Erde an schmelzenden Schnee und die ersten Blumen erinnern«, sagte sie feierlich. »Und mögen dir die Frühlingsrollen den hungrigen Bauch füllen«, sagte Sunny. Primavera lachte. »Ihr seid die Besten, wirklich. Ich muss zugeben, meine schlechte Laune ist wie weggeblasen!« Die drei Feen freuten sich, dass ihre Überraschung so gut geklappt hatte. Sunny klatschte in die Hände. »Bevor wir essen, suchen wir die Osterschoko-Nikoläuse. Wir brauchen schließlich einen Nachtisch!«, juchzte sie und stürmte los. Das ließ sich Primavera nicht zweimal sagen und jagte ihr hinterher. Innerhalb kürzester Zeit hatte sie zwei Nikoläuse gefunden! Stolz hielt sie ihre Beute hoch und jubelte: »Ich hab sie! Leckere Oster-Nikoläuse!« Ausgelassen tanzte sie mit ihnen in ihr Zimmer und um den großen Kessel mit dem Feenstaub herum. Und noch einmal. Und noch einmal. Dreimal umkreiste sie den Kessel. Plötzlich stiegen bunte Blasen daraus hervor. Dann zischte es, und silberne Sterne tanzten überall im Zimmer umher.
»Hu, was ist denn jetzt los?«, rief Primavera erschrocken. »Schnell, kommt her!« Sunny, Marone und Smilla stürzten in Primaveras Zimmer und guckten neugierig in den Kessel. »Tja, sieht so aus, als ob der Feenstaub fertig ist«, sagte Sunny fröhlich. Primavera sah ihre Freundinnen ratlos an. »Aber, wie ist das möglich?«, fragte sie verdattert. »Offensichtlich hast du die fehlende Zutat hineingetan«, antwortete Marone. Primavera schüttelte den Kopf. »Das kann gar nicht sein. Ich habe nichts dazugetan«, murmelte sie und starrte ungläubig auf den rosafarbenen, funkelnden Staub im Kessel. Smilla lachte. »Doch, du hast etwas dazugemischt. Auch wenn du es nicht gemerkt hast: Spaß! Und gute Laune!« Primaveras Augen begannen zu leuchten. »Du hast recht! Ein Frühlingszauber, der mit dunklen Gedanken gemischt wurde. Das konnte nicht klappen! Morgen, das verspreche ich euch, wird es endlich Frühling!«
➤ Kategorie: Gute-Nacht-Geschichten
➤ Text von Ann-Katrin Heger aus dem Buch "Der große Jahreszeitenschatz", ellermann im Dressler Verlag
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