Sanfte Erziehung hat das Potenzial, ganze Generationen zu stärken und das Familienleben entspannter zu machen – doch der Begriff sorgt oft für Verwirrung und Druck. Viele Eltern fragen sich: Wie soll ich gleichzeitig liebevoll und konsequent sein? Genau hier setzt das Konzept des "Sturdy Parenting" von Dr. Becky Kennedy an. Es zeigt einen Weg, wie Empathie und Klarheit Hand in Hand gehen – und bringt so mehr Ruhe, Sicherheit und Balance in euren Familienalltag.
Machen wir uns nichts vor: Wir Eltern stehen unter enormem Druck – sei es durch finanzielle Sorgen, die ständige Frage, ob es den Kids gut geht, oder den krassen Einfluss von Social Media. Kein Wunder, dass laut Zahlen der KKH über 60 % von uns regelmäßig an unsere Grenzen kommen. Genau hier setzt Dr. Becky Kennedy an. Als klinische Psychologin und Gründerin von "Good Inside" holt sie mit "Sturdy Parenting" und alltagstauglichen Beispielen viele Familien ab. Denn die Methode entlastet Eltern und gibt Kindern gleichzeitig das, was sie am meisten brauchen: Sicherheit und Verbindung.
Was ist "Sturdy Parenting"?
"Sturdy Parenting" – auf Deutsch etwa "standfestes Elternsein" – bringt das Beste aus zwei Welten zusammen: Klarheit und Einfühlungsvermögen. Es geht nicht darum, entweder streng oder besonders sanft zu sein oder sich verstellen zu müssen. Sondern darum, stabil und verlässlich da zu sein – wie ein Fels in der Brandung.
Dr. Becky beschreibt es schön als den Moment, in dem wir die "stärkste und wärmste Version" von uns selbst sind. Wir übernehmen Verantwortung, setzen liebevoll Grenzen und bleiben dabei mit unseren Kindern verbunden. Vor allem gibt uns Dr. Becky aber, was so viele von uns brauchen: Die Berechtigung, in unserer Erziehung authentisch und fehlbar zu sein.
5 praktische Tipps für "Sturdy Parenting" im Alltag
1. Grenzen setzen, ohne laut zu werden – so geht’s wirklich
Was du tun kannst: Grenzen sind nicht das, was dein Kind tun soll, sondern was DU tun wirst. Eine echte Grenze erfordert vom Kind keine bestimmte Handlung, erklärt Dr. Becky.
Statt zu sagen: "Du musst jetzt das Tablet ausmachen" (eine Aufforderung), formuliere es als Grenze: "Ich verstehe, dass es schwer ist, das Tablet auszumachen. Du kannst es jetzt selbst ausschalten, oder wenn ich in einer Minute zu dir komme, werde ich es ausschalten."
Der Unterschied: Bei einer echten Grenze sagst du klar, was DU tun wirst, und gibst deinem Kind die Möglichkeit, selbst zu handeln – aber die Konsequenz steht fest.
2. Erst verstehen, dann führen – wie echte Verbindung Grenzen stärkt
Was du tun kannst: Bevor du eine Grenze setzt, erkenne die Gefühle deines Kindes an. Diese Kombination macht dich "sturdy" – standfest und einfühlsam zugleich.
Beispiel: "Ich sehe, dass du wütend bist, weil wir jetzt gehen müssen. Es macht Spaß zu spielen und es ist schwer aufzuhören. Trotzdem müssen wir in fünf Minuten los, und ich werde dich dann mitnehmen – auch wenn du noch nicht fertig bist."
Die Validierung nimmt dem Kind nicht die Enttäuschung, aber sie gibt ihm das Gefühl, verstanden zu werden, während du trotzdem konsequent bleibst.
3. Starke Eltern brauchen Pausen – warum Selbstfürsorge kein Luxus ist
Was du tun kannst: Besonders in Übergangszeiten wie dem Start ins neue Schuljahr oder der Kita-Eingewöhnung ist es wichtig, nicht nur an die Kinder zu denken. Dr. Becky betont: "Wir können unseren Kindern nicht geben, was wir uns selbst nicht geben." Und oft sind wir so im Wirbelwind gefangen, dass wir uns selber einfach vergessen. Also:
Nimm dir täglich fünf Minuten nur für dich – trinke deinen Kaffee in Ruhe, rufe kurz eine Freundin an oder gehe eine Runde um den Block. Diese kleinen Momente der Selbstfürsorge machen dich widerstandsfähiger für die Herausforderungen des Elternseins.
4. Dein Kind will mitreden – und das ist gut so
Was du tun kannst: Besonders bei Themen wie Handynutzung und sozialen Medien ist es wichtig, dass nicht nur du in die Gesundheit und Sicherheit deines Kindes investierst, sondern auch dein Kind selbst.
Führe Gespräche auf Augenhöhe darüber, wie Medienkonsum das Wohlbefinden beeinflusst. Frage: "Was bemerkst du, wie du dich nach längerer Handyzeit fühlst?" Entwickelt gemeinsam Regeln und Grenzen, damit dein Kind Mitverantwortung übernimmt, statt nur Verbote zu erhalten.
5. Wenn’s kracht – wie du ruhig bleibst, auch wenn dein Kind struggelt
Was du tun kannst: Dr. Becky beschreibt ihre wirkungsvollsten Elternmomente nicht als die angenehmsten, sondern als die "standfestesten" – wie wenn sie ein Kind während einem Wutanfall aus dem Supermarkt tragen muss.
In solchen Situationen hilft es, sich wie ein Pilot zu fühlen, der sein Flugzeug sicher durch Turbulenzen steuert. Sage dir: "Das ist unangenehm und anstrengend, aber ich bin standfest. Ich bin weder zu hart noch zu sanft – ich bin standhaft." Diese innere Haltung gibt dir Kraft, auch schwierige Situationen durchzustehen.
Fazit: Du musst nicht perfekt sein – nur standfest
"Sturdy Parenting" befreit uns vom Druck, entweder perfekt konsequent oder grenzenlos einfühlsam sein zu müssen. Es erlaubt uns, authentisch zu sein – mit klaren Grenzen und echter Empathie. Wir müssen nicht sanft oder streng sein, sondern standfest und warmherzig zugleich.
Diese Balance hilft nicht nur unseren Kindern, sondern entlastet auch uns Eltern von unrealistischen Erwartungen. Denn gutes Elternsein bedeutet nicht, keine Fehler zu machen, sondern in stürmischen Zeiten ein verlässlicher Anker zu sein.