Kinder erziehen war noch nie einfach und ist es auch heutzutage nicht. Viele Eltern wissen, dass Erziehung mit Strafen und Drohen eigentlich nichts bringt. In früheren Generationen gehörte es eher noch zum guten Ton, wenn Eltern ihre Kinder maßregelten und bestimmte Erziehungsmaßnahmen und Strafen waren noch vor 30 bis 50 Jahren einfach okay. Der autoritäre Erziehungsstil ist zwar größtenteils out, aber dennoch rutschen auch modernen Eltern mal Sätze raus, die für die Erziehung eines Kindes nicht wirklich förderlich sind. Meist spricht aus unseren Drohungen nur unsere Verzweiflung und Hilflosigkeit. Es passiert häufiger, wenn wir gestresst sind, dass wir nicht immer achtsam und respektvoll reagieren.
Wir sind nicht da, um euch zu belehren, was ihr alles falsch macht. Denn glaubt uns: Wir wissen, wie es euch geht und kennen das nur zu gut. Es gibt diese typischen Drohungen, die einfach jedem Elternteil mal herausrutschen. Hier einige Beispiele typischer No-Go-Elternsätze und die Erinnerung, wie das auf euer Kind wirkt und warum diese Äußerung nicht viel bringt, außer noch mehr Frust und Tränen.
#1 "Wenn du nicht aufhörst, gehst du ins Bett"
Das Kind heult. Die Nerven liegen blank. Bei allen Beteiligten. Dann rutscht schon mal dieser Satz raus, den viele von uns auch aus ihrer Kindheit kennen. Man droht mit dem Bett. Dabei ist das genau das Falsche, denn das Bett soll doch ein gemütlicher Ort der Ruhe und Sicherheit sein. Wenn das Kind angstvoll daran denkt und heulend dorthin verbannt wird, fühlt es sich im Stich gelassen und völlig allein. Im Zweifel hat es Angst, zu Bett zu gehen oder es nimmt uns gar nicht mehr ernst. Denn mal ehrlich: Bringt ihr das Kind danach wirklich ins Bett?
#2 "Wenn du nicht aufisst, darfst du nicht aufstehen"
Früher der Klassiker: Ein Kind muss solange sitzen bleiben, bis es seinen Teller leer gegessen hat. Mal ganz ehrlich: Hat das je funktioniert? Und was bringt es im Alltag, wenn das Kind ewige Zeiten vor dem Teller sitzt und bockt? Ich glaube nicht, dass eine Bestrafung mit Essen, was das Kind nicht mag, funktioniert. Dann wird dem Kind nur noch eine stärkere Abwehr von bestimmten Nahrungsmitteln antrainiert und niemandem ist geholfen.
#3 "Wenn du nicht XY, gibt es zwei Wochen Handyverbot"
Älteren Kindern droht man schon gern mal mit Handy- oder Tabletentzug. Früher war es das “Du darfst dann nicht Fernsehen gucken”. Medienzeit gehört definitiv eingeteilt und mit Sicherheit kann man die Kinder damit schon sehr gut treffen. Aber bringt es auch was? Wenn sie das Handy auch brauchen, um anzurufen, wenn sie abgeholt werden möchten, dann nützt der Handyentzug nichts. Überlegt euch also, ob ihr das Verbot, was ihr androht, auch durchziehen könnt. Dann kann es im kleineren Rahmen sicherlich schon mal nützlich sein. Wichtig ist, dass ihr konsequente Handy(oder Tablet-)zeiten auch einhaltet und die Kinder dann auch daran erinnert, dass diese um ist.
#4 "Wenn du nicht XY, dann darfst du deinen Freund nicht sehen."
Das Verbot sozialer Kontakte ist wirklich sehr hart. Diese Drohung gehört zu den strengsten, weil man damit dem Kind seinen emotionalen Beistand wegnimmt. Wenn ihr damit droht, heißt das, euch ist es wirklich ernst. Aber was ist die Folge? Macht ihr es wahr oder weiß euer Kind, dass das sowieso nicht stimmt? Wollt ihr das überhaupt wahr machen? Dann wird euer Sohn oder eure Tochter womöglich sehr leiden, denn Freunde sind einem Kind ab der Grundschulzeit schon enorm wichtig und diese nicht zu sehen, kann auch für die Freundschaft des Kindes schädlich sein. Wenn ihr damit schon droht, dann lasst dem Kind wenigstens den Kontakt via WhatsApp.
#5 "Wenn du nicht XY, nehme ich dir dein Kuscheltier weg."
Eltern von Kleinkindern rutscht in stressigen Situationen schon mal dieser Satz heraus. In dem Alter sind die geliebten Schmusetiere noch emotional extrem wichtig und diese Drohung bringt ein kleines Kind nur noch mehr zur Verzweiflung, oder? Häufig sind es jedoch leere Drohungen. Wenn ihr das Stofftier dann nicht wirklich wegnehmt, lernt das Kind, euch nicht ernst zu nehmen und wird nur noch trotziger.
#6 "Wenn du nicht XY, lese ihr dir keine Geschichte mehr vor."
Ähnlich wie der Stofftierentzug ist auch dieser Satz, den ich schon mal bei meiner Tochter fallen lasse, wenn sie sich zur Schlafenszeit einfach nicht fertig macht und nicht Zähne putzt. Ich bin dann meist genervt und möchte, dass sie einfach mitmacht. Doch sobald ich es ausspreche, tut es mir schon leid, weil Vorlesen ja das Schönste am Schlafenritual ist. Was bringt es mir am Ende, wenn das Kind nur noch mehr weint und ich dann eben auch nicht meine Ruhe habe, weil es nicht einschlafen will? Besser ist es, durchzuatmen, dem Kind zu erklären, warum man so gestresst ist, dass es spät abends ist, man müde ist und man vorlesen wird, wenn die Zähne geputzt sind. Ein Zahnputzlied kann manchmal auch nicht schaden.
#7 "Ich zähle jetzt bis drei und dann ..."
Dieser Abzähltrick kann tatsächlich funktionieren, wenn man konsequent ist und eine Handlung folgen lässt. Wenn mein Mann bei meiner Dreijährigen zu Zählen anfängt, weiß sie “oh oh”, jetzt muss sie sich beeilen, sonst ist Papa sauer. Natürlich interessiert sie das desto weniger, je häufiger man das macht oder sie zögert trotzdem alles hinaus. Wenn die Folgedrohung einfach unverhältnismäßig ist oder sowieso keine Konsequenzen folgen, wird das Kind demgegenüber gelassen bleiben.
#8 Wenn du jetzt noch was schmeißt, ist das Essen beendet."
Eine meiner Kolleginnen rutscht dieser Satz bei ihrem Kind ab und zu mal raus. Wenn ich sehr genervt bin, habe ich das auch schon gesagt. Allerdings weiß ich schon im Moment des Sagens, dass es nicht stimmt. Ich sage das nur aus Wut, denn ich will mein Kind nicht damit strafen, dass es nicht aufessen darf und ich selbst möchte auch gern in Ruhe zu Ende essen.
#9 Wenn du jetzt nicht XY, gehst du ohne Essen ins Bett."
Die Drohung, dass das Kind ohne Essen ins Bett geht, finde ich furchtbar. Das kommt wirklich noch aus ganz früheren Zeiten. Ein Kind überhaupt mit Essensentzug zu “strafen” wird doch zu nichts führen. Grundbedürfnisse wie Essen und Schlafen sollte man nicht zur Erziehung einsetzen oder damit argumentieren. Das gleicht ja schon fast dem Satz “Dann hab ich dich nicht mehr lieb”. Wie fühlt sich ein Kind, dass so etwas hören muss? Das stört auf lange Sicht die Bindung zum Kind und wirkt für mich sehr grausam.
#10 "Wenn du dich nicht benimmst, gehe ich alleine nach Hause."
Das Kind flippt im Einkaufszentrum völlig aus, weil es etwas Bestimmtes haben will, aber es nicht bekommt. Wer kennt diese Situation denn nicht? Irgendwann kommt sie mal mehr oder weniger heftiger auf alle Eltern zu. Manche Kinder schmeißen sich dann so richtig schön theatralisch hin, andere heulen nur mega laut. Es ist uns in jedem Fall unangenehm, und alle Blicken lasten auf uns. Wie reagiert man am besten? Der im Stress gesagte Satz “Ich lass dich gleich hier.” hat jedoch noch nie geholfen, das macht alles nur noch schlimmer. Versucht, ruhig zu bleiben und dem Kind ein Stück entgegenzukommen mit einer Sache, die es bekommen oder machen darf. Der Wutanfall wird sonst nicht so leicht abebben. Später, wenn ihr den Laden verlassen habt, könnt ihr das nochmal gemeinsam klären, damit auch das Kind versteht, warum so ein Wutanfall im Supermarkt nicht so doll ist. Fragt euer Kind konkret, wie es sich dabei gefühlt hat.
#11 "Wenn du nicht aufräumst, schmeiß ich hier die Hälfte weg."
Auch so ein Klassiker der leeren Elterndrohungen, der gern zu faulen Grundschulkindern und Teenagern gesagt wird, wenn das Zimmer mal wieder überquillt. Aber habt ihr je eine Mutter erlebt, die mit dem Müllsack durchläuft und Spielsachen wegwirft? Erstmal ist das sehr aufwändig und dann kann man Spielsachen ja noch eher verkaufen oder verschenken statt wegzuschmeißen. Euer Kind wird auch diese Aussage nicht ernst nehmen, außer ihr nehmt euch wirklich etwas Wichtiges aus seinem Besitz. Ist das dann gerechtfertigt? Besser ist es, wenn man beschließt, wie man gemeinsam ein bisschen Ordnung ins Chaos bringt. Auch hier hilft es vielleicht, daraus ein Spiel zu machen oder sich etwas Schönes zu überlegen, was man dann im Anschluss ans Aufräumen gemeinsam macht.
Im stressigen Alltag rutscht uns so manches Mal das ein oder andere heraus und der Geduldsfaden ist kurz. Vielleicht erinnert ihr euch das nächste Mal an meine Beispiele hier und überlegt, ob das langfristig wirklich dazu führt, dass euer Kind eher mitmacht und euch auch weiterhin ernst nimmt? Ansonsten kann ich euch noch diese Lektüre empfehlen, für einige Ideen in Sachen achtsamer und bedürfnisorientierter Erziehung: