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Hör auf zu Heulen

Autoritäre Erziehung: Wie extreme Strenge nach hinten losgehen kann

Autoritäre Erziehung
© Gettimages/kieferpix

Kinder brauchen Liebe, Verständnis und ja, auch Grenzen. Doch wie viel Strenge ist zu viel? Der autoritäre Erziehungsstil setzt auf Regeln und Gehorsam. Warum 'streng' aber nicht gleich 'stark' ist, autoritäre Eltern nicht die besseren sind und was unsere Kinder wirklich stark macht.

Definition: Was heißt autoritäre Erziehung?

Was heißt autoritär? Dieser Erziehungsstil ist geprägt von Strenge, Gehorsam, Disziplin und hohen Ansprüchen. Lob erhalten die Kinder nur sehr selten und auch Liebe und Fürsorge steht eher an untergeordneter Stelle.

Hört das Kind nicht prompt auf die Anweisungen, drohen Strafen und Konsequenzen. Seine Bedürfnisse werden ignoriert und die der Eltern darüber gestellt. Autoritäre Erziehung ist geprägt durch ein extremes Machtgefüge, was Eltern ihrem Kind auch entsprechend signalisieren.

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Autoritäre Erziehung: Ein Beispiel

Wie könnt ihr euch autoritäres Verhalten im Alltag vorstellen? Zum Beispiel so:

Der Sommer steht vor der Tür. Die sechsjährige Sandra geht mit ihrer Mama Sandalen kaufen. Auf dem Weg dorthin fragt Sandra, ob sie diesmal die Farbe der Schuhe aussuchen dürfe. Ihre Mutter erwidert nur: „Du weißt, dass wir immer blaue Schuhe nehmen, das passt am besten zu der anderen Kleidung.“ Sandra versucht, ihre Mutter zum Umdenken zu bewegen: „Aber Rot ist meine Lieblingsfarbe.“ Ihre Mutter beginnt zu schimpfen: „Ich habe keine Lust, alles mit dir zu diskutieren. Du bist erst sechs, ich entscheide, welche Farbe die Schuhe haben. Und wenn du jetzt nicht sofort aufhörst, drehen wir um, das Eis ist gestrichen und du gehst sofort ins Bett!“ Sandra ist traurig und beginnt zu weinen. Ihre Mutter schimpft darauf hin weiter: „Hör auf zu heulen und reiß dich zusammen.“

Gehorsam, schön und gut, aber zu welchem Preis?

Negative Auswirkungen von autoritärer Erziehung

Autoritäre Erziehung ist ein Thema, das viele Emotionen weckt, weil für viele von uns ein autoritär geprägter Erziehungsstil in der eigenen Kindheit noch Grundsatz war, nach dem Motto: Kinder brauchen eine 'starke' Hand, sonst tanzen sie den Eltern auf der Nase rum. Aber macht autoritäre Erziehung wirklich stark? Die Forschung spricht eine deutliche Sprache – das sind die Schattenseiten autoritärer Erziehung:

  • Kinder fühlen sich weniger wahrgenommen und geliebt und können daraus resultierend psychische Störungen entwickeln, wie u.a.:
  • Mangelndes Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl
  • Schwierigkeiten, eigene Entscheidungen zu treffen
  • Probleme beim Umgang mit Gefühlen
  • Erhöhtes Risiko für psychische Probleme im späteren Leben
  • Aggressives Verhalten oder extreme Schüchternheit
Die Problematik um die Autorität in der Erziehung

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Autoritärer Erziehungsstil: Sind strenge Eltern wirklich die besseren?

Kinder lernen durch Nachahmen: Sie übernehmen die Kommunikationsstruktur ihrer Eltern und gehen entsprechend mit jüngeren Kindern um. Aggressives Verhalten ist häufig die Folge. Oder es schlägt genau ins Gegenteil um und Kinder strenger Eltern sind völlig eingeschüchtert und haben kein Selbstbewusstsein. Also nein, streng autoritäre Eltern sind nicht die besseren, da dieser Erziehungsstil langfristige negative Folgen auf Kinder haben kann. Was Kinder stattdessen brauchen, ist ein liebevoller Erziehungsstil.

Erziehungsstile: Diese acht Ansätze gibt es Abonniere uns
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Alternativen zur autoritären Erziehung

Entscheiden Eltern sich für eine liebevolle, respektvolle Erziehung, investieren sie langfristig in die emotionale Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer Kinder. Das kann so funktionieren:

  1. Positive Verstärkung statt Bestrafung
  2. Offene Kommunikation und aktives Zuhören
  3. Altersgerechte Erklärungen, statt "Weil ich es sage!"
  4. Natürliche Konsequenzen, statt willkürlicher Strafen
  5. Gemeinsames Problemlösen und Verhandeln
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Wie kann ich als Mama oder Papa relaxter werden?

Als Eltern werden wir immer wieder mit Situationen konfrontiert, in denen wir glauben, dass uns nur noch Strenge und Motzen helfen kann. Versuche doch mal, diese 8 Strategien anzuwenden, um sofort ein wenig relaxter zu werden:

  1. Sorge für dich selbst: Gönn dir zwischendurch Selfcare, um auf dich selbst zu achten, egal ob es einmal tief Durchatmen, eine Meditation oder einfach mal zehn Minuten Ruhe sind.
  2. Habe realistische Erwartungen: Es ist normal, dass nicht alles perfekt läuft. Akzeptiere, dass es gute und schlechte Tage gibt.
  3. Plane Zeit für dich allein: Mache regelmäßig etwas, das dir Spaß macht und dich entspannt.
  4. Atemübungen und Achtsamkeit: Einfache Atemtechniken oder Achtsamkeitsübungen können dir helfen, dich schnell zu beruhigen, wenn du dich gestresst fühlst.
  5. Reflexion: Reflektiert eure eigene Kindheit und Erziehung
  6. Informiere dich: über kindliche Entwicklung und moderne Erziehungsansätze, wie z. B. Gentle Parenting oder eine bedürfnisorientierte Erziehung
  7. Übe Geduld – mit euren Kindern, aber auch mit euch selbst!
  8. Suche dir Unterstützung: bei anderen Eltern oder hol dir professionelle Hilfe, wenn dir alles zu viel wird und du merkst, dass du ständig überfordert bist

Warum autoritäre Erziehung nicht mehr zeitgemäß ist

Die Wissenschaft ist sich darüber einig, dass die autoritäre Erziehung nicht mehr zeitgemäß ist. Denn Strafen und Drohungen lassen kein gesundes Verhältnis zwischen Eltern und Kindern zu. Kinder handeln nur noch, um Strafen zu umgehen. Dabei können sie sich selbst nicht entfalten und lernen auch nicht, was an ihrem Verhalten vielleicht nicht in Ordnung war.

Schlimmer noch: Expert*innen quittieren den Befürwortern der autoritären Erziehung sogar, dass die Erziehung der Kinder so sicher misslingt. Gerade Kinder, die unterdrückt werden, versuchen sich davon freizumachen und rebellieren. Es kommt zu Machtkämpfen, die keiner Partei etwas bringen. Die Kinder entfernen sich immer weiter von ihren Eltern. Brave und gehorsame Kinder waren gestern!

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Sarah Plück

„Oh, ist der aber brav!“

„Oh, ist der aber brav!“ „Wer? Mein Hund?“ Mir stellen sich die Nackenhaare hoch, wenn jemand so über meinen Sohn spricht. Ja, er ist halt eben etwas ruhiger und gelassener als vielleicht andere Kinder in seinem Alter, aber nicht, weil ich es ihm anerzogen habe (denn das suggeriert mir die Aussage), sondern weil er eben so ist, wie er ist.

Ich bin überhaupt kein Fan von irgendeinem strikten Erziehungsstil. Eltern sollten auf ihr Bauchgefühl hören und dürfen auch die Erziehung ihrer Eltern hinterfragen, auch wenn „aus ihnen ja auch etwas geworden ist“. Die Welt entwickelt sich weiter und das gilt auch für die Erziehung. Nur weil es früher vielleicht schon gut lief, heißt es nicht, dass es nicht noch besser geht.

Wir Eltern haben natürlich die Verantwortung für unsere Kinder und das dürfen sie auch spüren. Die Frage ist aber, wie ich das meinem Kind vermittle. Mein Weg: Wir finden gemeinsam einen Weg und wägen ab. Mama oder Papa dürfen dann auch mal nachgeben, ohne zu befürchten, dass das Kind ihnen dann ab morgen auf der Nase rumtanzt.

Sarah Plück

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Wie setze ich Grenzen, ohne autoritär zu sein?

FAQ zum Thema autoritäre Erziehung

Macht autoritäre Erziehung Kinder wirklich gehorsamer?

Kurzfristig kann autoritäre Erziehung zu gehorsamem Verhalten führen. Langfristig fördert sie jedoch oft Rebellion oder übermäßige Anpassung, anstatt echtes Verständnis und Kooperation.

Verliere ich meine Autorität, wenn ich nicht streng bin?

Nein, echte Autorität basiert auf Respekt und Vertrauen, nicht auf Angst. Liebevolle Führung stärkt die Beziehung zu deinen Kindern und damit auch deine natürliche Autorität.

Wie setze ich Grenzen, ohne autoritär zu sein?

Grenzen sind wichtig, aber sie sollten mit Erklärungen, Verständnis und Respekt gesetzt werden. Beziehe deine Kinder altersgerecht in Entscheidungen ein und bleibe konsequent, aber immer liebevoll!

Quellen: Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik zur autoritären Erziehung, Deutsche Liga für das Kind, Deutscher Kinderschutzbund

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