Ich kam noch in den Genuss dieses Erziehungs-Werkzeugs, würde es aber nie bei meinen eigenen Kindern einsetzen. Viele Eltern sehen das jedoch scheinbar anders, denn ein Klaps auf den Po scheint für viele Eltern noch immer eine akzeptable Erziehungsmethode zu sein. Doch was harmlos wirkt, kann weitreichende Folgen für die kindliche Entwicklung haben. Obwohl das Recht auf gewaltfreie Erziehung seit 2000 gesetzlich verankert ist, halten laut einer aktuellen Studie immer noch fast 31 Prozent der Befragten diese Form der körperlichen Bestrafung für angemessen.
Was ein "kleiner Klaps" wirklich mit deinem Kind macht
Die Vorstellung, dass ein gelegentlicher Klaps auf den Hintern keinen Schaden anrichtet, ist ein hartnäckiger Irrtum. Tatsächlich kann diese vermeintlich harmlose Geste tiefgreifende Auswirkungen haben. Jörg Fegert, Psychiater, Psychotherapeut und ärztlicher Direktor am Universitätsklinikum Ulm, erklärt gegenüber BuzzFeed News Deutschland von Ippen.Media: "Vielmehr geht es aber darum, dass es sich bei einem 'Klaps auf den Po' um eine demütigende Geste handelt." Die Folgen können von einer schlechteren psychischen Gesundheit über Verhaltensprobleme bis hin zu verminderter kognitiver Leistungsfähigkeit reichen. Besonders besorgniserregend: Kinder lernen möglicherweise, Probleme durch Aggression zu lösen.
Von der Normalität zum Tabu: So hat sich die Einstellung zu Körperstrafen verändert
Die gute Nachricht: Die Akzeptanz für körperliche Bestrafungen in der Erziehung nimmt kontinuierlich ab. Die gemeinsame Studie der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum Ulm und UNICEF Deutschland zeigt eine positive Entwicklung. Während 2016 noch 53,7 Prozent der Befragten der Aussage zustimmten, ein Klaps auf den Hintern habe noch keinem Kind geschadet, sank dieser Wert bis 2025 auf 36,9 Prozent. Auch die Zahl derer, die diese Methode für angemessen halten, ist von 44,7 Prozent (2016) auf 30,9 Prozent (2025) gesunken. Bei Ohrfeigen ist der Trend ähnlich: 2025 halten nur noch 14,5 Prozent der Befragten eine "leichte Ohrfeige" für angebracht – ein deutlicher Rückgang gegenüber früheren Jahren.
Warum selbst "kleine" Körperstrafen langfristige Schäden verursachen können
Körperliche Bestrafungen können weitreichende Konsequenzen haben. "Körperliche Gewalt und massive Körperstrafen in der Erziehung könnten lebenslange physische und psychische Folgen haben, den Betroffenen schwer in ihrem Selbstwert schaden und das Risiko für Ausübung von Gewalt in der Erziehung eigener Kinder erhöhen", warnt Fegert.
Dabei ist wichtig zu unterscheiden: Es geht nicht um den einmaligen "Ausrutscher" in einer Stresssituation, sondern um wiederkehrende Muster, bei denen körperliche Bestrafung als Erziehungsmethode eingesetzt wird. Die Botschaft an Kinder ist dabei verheerend: Wer stärker ist, darf Gewalt anwenden – ein Grundsatz, der in keiner gesunden Beziehung Platz haben sollte.
Bessere Alternativen: So setzt du Grenzen ohne Gewalt
Kinder brauchen Grenzen und Orientierung – aber keine Gewalt. Statt zum Klaps zu greifen, kannst du klare Regeln aufstellen und konsequent, aber liebevoll durchsetzen. Erkläre deinem Kind auf Augenhöhe, warum bestimmte Verhaltensweisen nicht in Ordnung sind.
Nutze "natürliche Konsequenzen" statt willkürlicher Strafen: Wer mit Essen wirft, hilft beim Aufräumen. Wer zu spät kommt, verpasst vielleicht den Anfang einer Aktivität. Besonders wichtig: Bleib selbst ruhig, auch wenn es schwerfällt. Kinder lernen mehr durch Vorbilder als durch Worte oder gar Schläge. Wenn du merkst, dass dir die Geduld ausgeht, nimm dir eine kurze Auszeit, um dich zu sammeln.
Was Expert*innen für die Zukunft fordern
Obwohl die Entwicklung in die richtige Richtung geht, sehen Fachleute noch Handlungsbedarf. Fegert betont: "Die Misshandlungsform der Vernachlässigung – also Gewalt durch Unterlassung – bleibt nach wie vor weitgehend unbeachtet. Auch die Ächtung dieser Form der Gewalt muss endlich gesetzlich verankert werden."
Für eine wirklich kindgerechte Gesellschaft reicht es nicht, nur offensichtliche körperliche Gewalt zu ächten. Auch subtilere Formen der Misshandlung wie emotionale Vernachlässigung oder psychische Gewalt müssen stärker ins Bewusstsein rücken. Kinder haben ein Recht auf eine Erziehung, die ihre Würde respektiert und ihre gesunde Entwicklung fördert.
Gewaltfreie Erziehung ist kein Luxus, sondern ein Kinderrecht
Jedes Kind hat das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung – das ist nicht nur gesetzlich verankert, sondern auch entwicklungspsychologisch sinnvoll. Der vermeintlich harmlose "Klaps auf den Po" ist in Wahrheit eine Demütigung, die das Vertrauen zwischen Eltern und Kindern beschädigen kann.
Wenn du manchmal an deine Grenzen kommst, hol dir Unterstützung – sei es durch Erziehungsberatungsstellen, Elternkurse oder den Austausch mit anderen Eltern. Denn eines ist klar: Eine liebevolle, respektvolle Erziehung ist das wertvollste Geschenk, das du deinem Kind machen kannst.
Wie siehst du das? Steckt noch Boomer-Mentalität in dir und ein kleiner Klaps hat noch niemandem geschadet? Oder lehnst du Gewalt gegenüber deinem Kind in jeder Form ab? Ich freue mich, von deinen Erfahrungen und Meinungen per Email zu erfahren.