Für Links auf dieser Seite erhält familie.de ggf. eine Provision vom Händler, z.B. für mit oder grünblauer Unterstreichung gekennzeichnete. Mehr Infos.
  1. familie.de
  2. Familienleben
  3. Eltern
  4. Sex & Familienplanung
  5. Die Pille für den Mann – warum es noch lange dauern wird

Gesundheit

Die Pille für den Mann – warum es noch lange dauern wird

Die Pille für den Mann

Verhütung ist in Deutschland größtenteils Frauensache. Doch sind mit der Pille für den Mann vielleicht bald die Männer dran?

Die Pille ist das beliebteste Verhütungsmittel: Etwa 55 Prozent der Frauen zwischen 20 und 44 nutzen sie – damit ist Verhütung in Deutschland nach wie vor eher Frauensache. Von einer Pille für den Mann geisterten zwar immer wieder Informationen umher, bislang klang die Idee aus Richtung der Forschung aber eher nach Zukunftsmusik und wurde von vielen Seiten mehr belächelt als ernst genommen. Vor allem heftige Nebenwirkungen waren dafür verantwortlich. Doch im März 2019 ging plötzlich eine Nachricht um die Welt, die die männliche Antibabypille in ein ganz neues Licht stellte: Ein US-amerikanisches Forschungsteam hat einen Wirkstoff gefunden, der hormonelle Verhütung zukünftig auch Männern ermöglichen soll.

Wie funktioniert die Pille für den Mann?

Die Idee für die Pille für den Mann und eine entsprechende Forschung gibt es schon seit Anfang der 1970er Jahre. Bisher galten die Versuche jedoch als nicht besonders erfolgreich – das neue Präparat hingegen scheint nun aber neue Hoffnungen zu schüren. Die Pille, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der University of Washington und der University of California Los Angeles entwickelt haben, ist erfolgreich durch eine erste Testphase gekommen. Der Stoff 11-Beta-Methyl-19-Nortestosteron-Dodekylcarbonat, kurz 11-Beta-MNTDC, bewirkt, dass die Testosteronproduktion in den Hoden und so die Spermienproduktion gestoppt wird. Die Libido solle laut Forschungsgruppe dabei erhalten bleiben. Die neue Pille für den Mann wurde in der Studie von 40 gesunden Männern 28 Tage lang getestet. Zehn Männer bekamen ein Placebo, die übrigen 30 nahmen das 11-Beta-MNTDC täglich zu einer Mahlzeit ein. Die Ergebnisse waren überraschend.

Anzeige

Pille für den Mann: Nebenwirkungen

Bisherige Studien zur Pille für den Mann waren stets an heftigen Nebenwirkungen gescheitert. Mit dem neuen Präparat hingegen sieht es deutlich besser aus: Als Nebenwirkungen gaben einige der Teilnehmer Akne oder Kopfschmerzen an. Fünf Männer berichteten von einem geringfügigen Libidoverlust, zwei gaben an, eine leichte Potenzstörung zu haben. Bei beiden sei die sexuelle Aktivität allerdings nicht zurückgegangen. Die Testosteron-Konzentration aller Teilnehmer sank deutlich, keiner der Teilnehmer habe die Einnahme aber aufgrund der Nebenwirkungen abgebrochen.

Auf den ersten Blick sehen die Nebenwirkungen dennoch nicht besonders erfreulich aus. Zieht man jedoch die Verhütungspille für die Frau als Referenzkategorie heran, erscheinen die Nebenwirkungen gar nicht mal mehr so tragisch. Schließlich ist die Liste an Nebenwirkungen bei der weiblichen Pille enorm lang. Dazu gehören zum Beispiel Kopf- oder Brustschmerzen als häufige Nebenwirkungen, als gelegentliche Nebenwirkungen sind unter anderem Depressionen, Migräne, Blutdruckstörungen, Akne, Haarausfall, Erschöpfung oder Gewichtszunahme aufgelistet. In seltenen Fällen komme es auch zu Asthma, Schlaganfällen, Thrombose oder Zysten. Dennoch werden die Nebenwirkungen der Pille für den Mann als kritisch eingestuft. Über die weibliche Pille mitsamt ihrer Nebenwirkungen wird zwar in den letzten Jahren medial immer wieder debattiert, dennoch ist sie weiterhin Verhütungsmittel Nummer eins.

Was sagen die Männer zur Pille?

Die erfolgreiche erste Testphase einer Pille für den Mann ist schön und gut, sie könnte ein Schritt zu mehr Gleichberechtigung in Sachen Verhütung sein. Allerdings muss der männliche Teil der Bevölkerung überhaupt erstmal bereit sein, die Verhütung via Pille zu übernehmen. Das Meinungsforschungsinstitut Civey hat dazu eine repräsentative Umfrage in Deutschland durchgeführt. Bei einer Online-Umfrage beantworteten hierbei 3043 Teilnehmer die Frage "Können Sie sich grundsätzlich vorstellen, zur Empfängnisverhütung die 'Pille für den Mann' zu nehmen?” Das Ergebnis fällt durchaus positiv aus: Knapp die Hälfte (49,9 Prozent) der Männer kann sich vorstellen, eine männliche Verhütungspille einzunehmen. Etwa 14 Prozent sind sich unsicher und nur 36 Prozent lehnen die Einnahme einer Pille für den Mann ab.

Anzeige

Wann kommt die Pille für den Mann auf den Markt?

“Aktuell ist nicht damit zu rechnen, dass in absehbarer Zeit ein hormonelles Verhütungsmittel für den Mann auf den Markt kommt”, meint Anke Erath, Leiterin des Referates Familienplanung und Verhütung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Auch Prof. Herrmann Behre, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Andrologie, sieht aktuell keine Chancen: “Die klinische Testung von 11-Beta-MNTDC ist noch in einem frühen Stadium. Es lässt sich heute noch nicht seriös abschätzen, ob und ggf. wann das Präparat in Deutschland auf den Markt kommen wird.” Auch wenn sie in der ersten Testphase nicht auffällig waren, so sind die Nebenwirkungen bislang nicht ausreichend erforscht und erst nach 30 bis 90 Tagen ist die Spermienproduktion so gering, dass die Verhütung gesichert wäre. Vor allem Langzeitstudien fehlen zu tiefergehenden Ergebnissen, des Weiteren dauert die Zulassung von neuen Medikamenten viel Zeit.

Neben der hormonellen Pille wird aber auch nach weiteren Wegen der männlichen Verhütung geforscht: Die Monash University in Melbourne arbeitet aktuell an einer hormonfreien Pille, die den Spermientransport während der Ejakulation verhindern soll. Durch den Verzicht auf Hormone können keine Nebenwirkungen wie Libidoverlust oder Potenzprobleme auftreten. Doch auch die Studien zu diesem Verhütungsmittel werden noch einige Jahre in Anspruch nehmen. So wird also gespannt darauf gewartet, zu welchen Forschungsergebnissen die Wissenschaft in den nächsten Jahren gelangen wird. Bis dahin wird hormonelle Verhütung aber wohl weiterhin Frauensache bleiben. Kaum erklärbar, schließlich gibt es die Antibabypille für die Frau bereits seit den 1960er Jahren. Bis zur Gleichberechtigung in puncto Verhütung werden wohl noch viele Jahre ins Land gehen.

Quellen

Welt;Apotheke-AdhocFocusÄrzteZeitung

Bildquelle: Getty Images