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Kuschel-Zeit

Bonding: Wie du ein festes Liebes-Band zu deinem Baby knüpfst

Bindung aufbauen: Mama und Baby
© GettyImages / kieferpix

Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel – ein schönes Motto für : Aber wie bekommen unsere Kinder die Wurzeln, die das Fundament für ihre spätere Selbstständigkeit bilden? Eine Antwort heißt Bonding, also von Geburt an eine Verbindung zueinander aufzubauen. Wie Eltern von Anfang an mit ihrem Baby bonden, warum so ein Liebes-Band fürs spätere Leben so bedeutsam ist, warum ein Kaiserschnitt Bonding nicht verhindert und was ein Re-Bondingbad für Mama und Baby bewirken kann.

Was versteht man unter Bonding?

Bonding heißt übersetzt Verbindung. Direkt nach der Geburt braucht ein Neugeborenes Schutz, Wärme, Liebe und Zuwendung von seinen Eltern. Mit der ersten Berührung Haut-an-Haut (meist mit Mama) beginnt das Bonding, womit Psycholog*innen die Entwicklung eines emotionalen Bandes zwischen Eltern und Kind bezeichnen. Mama, (Papa) und Baby können sich im Wortsinn spüren, beschnuppern, in die Augen schauen – und dadurch bonden, also miteinander verbinden.

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Im Idealfall wirkt Bonding wie ein "emotionaler Sekundenkleber", der Eltern und Kind lebenslang zusammenschweißt. Diese innere Bindung zwischen Eltern und Kind ist die wichtigste und stärkste, die ein Mensch im Laufe seines Lebens eingeht.

Mal ganz konkret: Wie bonden Mama/ Papa und Baby nach der Geburt?

  • Durch Haut-an-Haut-Kontakt,
  • Stillen (oder Fläschchen geben),
  • Herumtragen,
  • Beruhigend mit dem Baby sprechen (es kennt vor allem Mamas Stimme aus dem Bauch, sie ist ihm also schon vertraut),
  • Durch tiefen Blickkontakt
  • Durch viel (Wochenbett-)Zeit in einem geschützten, ruhigen Raum, um einander so ungestört kennenlernen und sich als Eltern-Baby-Gespann eingrooven zu können.

Bonding-Vorteile fürs Baby: Dem kleinen Würmchen sichert die Verbindung zu seinen Eltern sein (Über-)Leben und sorgt dafür, dass es Urvertrauen bildet. Es kann sich leichter an seine neue Umgebung anpassen, sogar die Regulation der Temperatur klappt dadurch besser und es kann gut sein, dass das Baby ruhiger schläft.

Den Eltern schenkt das Bonding so viel Stärke, dass sie in der Lage sind, für ihr Baby alles zu opfern – angefangen beim Schlaf bis hin zur eigenen körperlichen Unversehrtheit in Notsituationen. Bei der Mama fördert das frühe Bonden die Milchbildung. Es kann auch dazu beitragen, Schmerzen als weniger belastend zu empfinden und sich leichter in die neue Elternrolle einzufinden.

Warum ist Bonding von Anfang an so wichtig?

Die Bonding-Phase prägt, wie das Kind zukünftig Beziehungen zu anderen empfindet und auf neue, unbekannte Situationen reagiert. Es hilft dabei, festes Vertrauen dafür zu schaffen, dass es im Leben wenig zu fürchten gibt, wenn man sich aufeinander verlassen kann. Dieses Gefühl der Sicherheit entwickelt das Baby daraus, wie seine Bezugspersonen, also die Eltern, auf seine Bedürfnisse reagieren.

Ein Säugling kann sich nur mit seiner Körpersprache und durch Emotionen ausdrücken; weinen, schreien, quengelig sein, aufmerksam schauen, lachen und später freudig plappern. Im besten Fall reagieren wir als Eltern feinfühlig auf unser Baby und verstehen schnell, was es gerade braucht. Daraus lernt es:

"Mir kann nichts passieren, es ist jemand da, der sich um mich kümmert."
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Das schafft Vertrauen – eine wichtige Voraussetzung für das Erkundungsverhalten des Babys. So zeigen sicher gebundene Säuglinge später z. B. größeres Interesse an der Umgebung, ein ausgeglichenes Wesen, Selbstbewusstsein und weniger Furcht vor allem Neuem.

Und auch für Eltern ist die Bonding-Phase wichtig. Sie hilft dabei, die (neue) Elternrolle anzunehmen und gibt Zuversicht in die eigenen Fähigkeiten als Mutter bzw. Vater. 

Bonding-Probleme? In den ersten Lebensminuten sind die Weichen nicht sofort und für immer unverrückbar gestellt. Es gibt also keinen Grund zur Sorge, wenn du eine besonders komplizierte und kräftezehrende Geburt erlebt hast, und gerade als Mama nicht sofort in der Lage bist, dich auf deinen Nachwuchs "einzulassen" und zu bonden. Doch die Nähe, Mamas oder Papas Herzschlag und der Duft von Babyhaut, können etwas auslösen, das bleibt. 

Wie lange braucht Bonding?

Tatsächlich ist die erste Stunde direkt nach der Geburt eine sensible Phase fürs erste Bonding zwischen Eltern und Baby. Das Neugeborene ist dann besonders wach und aufmerksam, ebenso die Mutter, wenn sie nicht vollkommen erschöpft ist, was auch passieren kann. Eltern und Baby können sich das erste Mal ansehen, den Duft des anderen wahrnehmen und sich Haut an Haut spüren.

Auch die hormonelle Situation bei Mutter und Kind ist meistens sehr förderlich für den Beginn des Bondings: Denn in der ersten Stunde nach der Geburt ist der Oxytocinspiegel besonders hoch. Wir Menschen sind biologisch also so gebaut, dass der Funke zwischen Baby und Eltern ziemlich leicht überspringt. Das Hormon Oxytocin wird nicht grundlos Kuschel- oder Bindungshormon genannt: Es dämpft Stress, ermöglicht das Stillen und hat sich als Treibstoff der Beziehungsbildung erwiesen.

In vielen Geburtskliniken wird die sensible Phase des Kennenlernens und Sich-Verliebens auch respektiert: Sobald das Nötigste getan ist, wird Eltern und Baby eine Zeit lang Privatsphäre gegönnt. Die meisten Untersuchungen können warten.
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Vielleicht fragst du dich: Bis wann macht Bonding Sinn? Wichtig ist es, Bonding nicht als Ereignis zu verstehen, für welches es nur ein bestimmtes kurzes Zeitfenster gibt.

Bonding ist ein Prozess, der Zeit braucht und nie endet. Er beginnt nicht automatisch, sobald das Kind auf der Welt ist, sondern dann, wenn du es das erste Mal im Arm hältst und ihr euch spürt. Es passiert in dem Moment, in dem du sanft mit deinem Baby sprichst, mit ihm kuschelst, es stillst (oder ihm die Flasche gibst), es anschaust, herumträgst und für dieses kleine, dir anvertraute Lebewesen sorgst.

Ein gelungenes Bonding ist also nicht nur abhängig von den ersten Minuten und Stunden nach der Geburt, sondern von den gemeinsamen Stunden und der erlebten Intimität zwischen Eltern und Kind.

Bonding im Sinne von Verbindung ist ein Lebens-Projekt. Besonders das erste Lebensjahr ist prägend für die Eltern-Kind-Bindung, aber auch danach geht das Bonding natürlich noch weiter. Und genau genommen, beginnt das Knüpfen des Liebesbands schon in der Schwangerschaft.

Eine erste Form des Bondings findet vor der Geburt im Mutterleib statt. Zum Beispiel durch Bauch-Gespräche, Yoga-, Meditations- und Atemübungen.

Kaiserschnitt? Kein Nachteil für den Bindungsprozess

Natürlich ist die Geburt eines Babys ein überwältigendes Erlebnis, das man nie vergisst. Dennoch darfst du dir in Sachen Bonding bewusst machen, dass sich nicht im Kreißsaal schon entscheidet, ob ein Baby fremdelt oder vertrauensselig ist, wie schnell es lernt, wie tief es liebt. Nimm den Erwartungsdruck an die Geburt raus.

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In einer Studie untersuchte der schwedische Forscher Carl Philip Hwang 1987 die Entwicklungs-Unterschiede zwischen Kindern, die per Kaiserschnitt und natürlicher Geburt zur Welt kamen. Er fand bedeutende Unterschiede – doch nach acht Monaten waren sie vollständig verschwunden. Und das war zu einer Zeit, in der die operative Entbindung noch unter Vollnarkose ausgeführt wurde.

"Heute ist die Regel, dass auch der Kaiserschnitt unter lokaler Betäubung per PDA gemacht wird", sagt Marit Richter, Hebamme aus Hildesheim, "nur in akuten Notfällen geht das nicht." So oder so achten Hebammen darauf, dass das Neugeborene gleich Hautkontakt bekommt. Das beruhigt, stellt das Einheitsgefühl mit Mama wieder her und bringt nicht nur Emotionen, sondern auch viele Organfunktionen auf den rechten Weg.

Mittlerweile ist es auch im OP üblich, dass Baby und Mama direkten Kontakt haben. Kann die Mutter nicht gleich mit ihrem Baby bonden, kann das auch der Papa, die Partnerin oder jemand Vertrautes übernehmen.

Lässt sich Bonding nachholen?

Die ersten Minuten und Stunden nach der Geburt sind qua Definition für das Bonding zwar wesentlich, aber nicht über alles entscheidend. Sollte die erste Zeit mit dem Baby aufgrund einer Frühgeburt, einer Not-Sectio und/oder medizinisch notwendigen Nachbehandlungen nicht vollkommen ungestört sein, könnt ihr das "erste" Bonding auch nachholen.

Bonding nachholen heißt: ausgiebig kuscheln

Die gemeinsamen Schmuse-Stunden und Kuscheleinheiten Haut an Haut dürfen gern zu ganzen Bonding-Tagen ausgedehnt werden, in denen nichts anderes zählt, als dass du und dein Baby euch nach euren individuellen Strapazen in Ruhe kennenlernen könnt. 

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Lege dir dafür dein Baby an die nackte Brust, sodass sich möglichst viel nackte Haut berührt. Hat das Baby nichts an außer seiner Windel, decke es am besten zu, aber achte darauf, dass ihm nicht zu warm wird

So funktioniert ein Re-Bondingbad

Die Hebamme Brigitte Meissner hat mit dem Bondingbad, auch Re-Bondingbad genannt, ein sehr schönes Ritual kreiert, um Mütter bzw. Eltern nach einer schwierigen Frühgeburt oder einer Bauchgeburt beim achtsamen Re-Bonden mit ihrem Baby zu unterstützen. 

"Wichtig ist, sich dafür Zeit zu nehmen und zu schauen, dass das Baby relaxt, satt und ausgeschlafen ist", erklärt die Berliner Hebamme Sissi Rasche, die das Bindungs-Ritual in der Wochenbett-Betreuung sehr schätzt, falls nicht alles nach Plan gelaufen ist.

"Wir kreieren dafür eine Atmosphäre, wie sie sich die junge Mutter für ihre Geburt gewünscht hätte: Wir sorgen für eine schöne Lichtstimmung, machen Musik an. Ins Badewasser gebe ich etwas Rosenöl und, wenn die Frau es möchte, die Bachblüte Star of Betlehem, um den Schock aufzulösen, oder das Babybad von Ingeborg Stadelmann. Wir baden das Kind darin in aller Ruhe, legen es noch feucht auf die Brust der Mutter und decken beide zu. So wie bei der natürlichen Geburt, die sie nicht erleben konnte(n).
Nun geht es darum, geschehen zu lassen, was geschieht. Vielleicht kommen Tränen, Sätze oder starke Emotionen hoch. Meiner Erfahrung nach stärkt das Ritual die Bindung und wirkt wie ein positiver Neustart."
Sissi Rasche, Hebamme

Wir recherchieren mit großer Sorgfalt und nutzen nur vertrauenswürdige Quellen. Die Ratschläge und Informationen in diesem Artikel ersetzen keine medizinische Betreuung durch entsprechendes Fachpersonal. Bitte wendet euch bei gesundheitlichen Fragen und Beschwerden an eure Ärztinnen, Hebammen oder Apotheker*innen, damit sie euch individuell weiterhelfen können.

Quellen: Brigitte Meissner,  Interview mit Hebamme Sissi Rasche für das Buch "Kugelzeit" von Maike Mauer, GU; Skin‐to‐skin contact the first hour after birth, underlying implications and clinical practice. Widström, A.‐M., Brimdyr, K., Svensson, K., Cadwell, K. and Nissen, E. (2019). Acta Paediatr, 108: 1192-1204. DOI: 10.1111/apa.14754; Cesarean childbirth in Sweden: Effects on the mother and father-infant relationship. Hwang, P. Infant (1987) Mental Health Journal, 8, 91-99. 

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