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Mental Reloaded

Erziehung in Schieflage: 6 Anzeichen, dass ein Elternteil alle Entscheidungen trifft

Passenger Parenting: Eltern diskutieren mit Kind auf dem Arm
© Getty Images / milorad kravic

Es klingt wie ein Klischee, aber betrifft so viele: Mama organisiert die Kinderarzttermine, weiß genau, welche Kleidergröße die Kleinen tragen und hat den Impfplan im Kopf – während Papa zwar helfen will, aber oft nur nach Anweisung handelt. Passenger Parenting belastet nicht nur die Beziehung der Eltern, sondern auch das Selbstwertgefühl von beiden. Das Blöde: Es schleicht sich oft schneller ein, als uns lieb ist.

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Bei der "Passagier-Erziehung" übernimmt ein Elternteil (meistens Mama), die Führungsrolle in allen Erziehungsfragen, während der andere zum Beifahrer wird. In einer aktuellen Studie benennt Norma Barrett die Dynamik, die in vielen Haushalten nicht nur Mental Load und Burnout, sondern auch harte Beziehungskrisen verursacht. Tatsächlich übernehmen Mütter weiterhin fast drei Viertel der Familienorganisation.

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Die Krux: Viele von uns Eltern haben diese Rollenverteilung nie so gewollt oder lehnen sie ab – und trotzdem wird sie von praktischen und gesellschaftlichen Faktoren getrieben: Mama ist nach der Geburt länger zu Hause und wird so zur "Expertin" fürs Kind und Ansprechpartnerin von Kita, Kinderarzt und Co. Papa kehrt früher in den Beruf zurück und verpasst dadurch das "Eltern-Bootcamp" der ersten Monate und die Orga danach. Was zunächst praktisch und als Übergangslösung erscheint, wird langfristig zum Hamsterrad, aus dem beide nur schwer herauskommen.

Die häufigsten Anzeichen für Passenger Parenting

  • Ein Elternteil trifft alle wichtigen Entscheidungen rund ums Kind
  • Der "Passagier-Elternteil" fragt ständig nach Anweisungen
  • Sätze wie "Frag Mama, die weiß das" fallen häufig
  • Der "Fahrer-Elternteil" korrigiert regelmäßig die Handlungen des/der Partner*in
  • Wichtige Termine und Entwicklungsschritte werden nur von einem Elternteil verfolgt
  • Der "Passagier" fühlt sich unsicher im Umgang mit dem Kind

Wie Väter zu Passagier-Eltern werden – oft unfreiwillig

Es passiert fast automatisch: Der Elternteil, der die meiste Zeit mit dem Kind verbringt, wird zum Spezialisten oder zur Spezialistin  – kennt die Vorlieben, Abneigungen und Bedürfnisse des Kindes am besten.

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Viele Papas in der Studie berichten, dass sie sich mehr einbringen möchten, sich aber "ausgeschlossen" fühlen. Sie versuchen, bei Entscheidungen mitzuwirken, haben aber oft das Gefühl, nicht die richtige Herangehensweise oder Sprache zu finden. Wenn ihre Vorschläge dann abgelehnt werden, ziehen sie sich zurück und überlassen der Partnerin das Feld – ein Teufelskreis beginnt.

Warum Passagier-Erziehung für Mamas zur Belastung wird

Auch für den "Fahrer-Elternteil" – meist die Mama – ist diese Dynamik eine enorme Belastung. Studien zeigen, dass Frauen immer noch etwa 70 % der mentalen Familienarbeit tragen. Das bedeutet: Sie haben Impftermine im Blick, wissen, wann neue Kleidung hermuss und planen Kindergeburtstage.

Diese ständige Verantwortung führt zu Erschöpfung. Kein Wunder, dass doppelt so viele Frauen wie Männer unter elterlichem Burnout leiden. Dazu kommt die finanzielle Dimension. Und viele Mamas fühlen sich in der Rolle der "Expertin" gefangen. Sie würden die Verantwortung gerne teilen, haben aber das Gefühl, dass es schneller geht, Dinge selbst zu erledigen, als sie zu erklären. Dazu kommt, dass die emotionale Verbindung zum Partner weiter schwindet.

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Passenger Parenting vs. Weaponized Incompetence – wo liegt der Unterschied?

Auf den ersten Blick kann Passagier-Erziehung wie "weaponized incompetence" (bewusst eingesetzte Inkompetenz) wirken. Bei Letzterem stellt sich jemand absichtlich unfähig, um unangenehme Aufgaben zu vermeiden – etwa wenn der Partner behauptet, er könne keine Wäsche waschen, damit die Partnerin es übernimmt.

Der entscheidende Unterschied liegt in der Absicht: Bei der Passagier-Erziehung fühlt sich der "Beifahrer" tatsächlich unsicher und möchte eigentlich mehr Verantwortung übernehmen, weiß aber nicht wie. Es fehlt an Selbstvertrauen, nicht an Motivation. Diese Eltern leiden unter ihrer Rolle und wünschen sich mehr Teilhabe am Familienleben.

So überwindet ihr das Passagier-Parenting gemeinsam

Die gute Nachricht: Ihr könnt das Steuer gemeinsam in die Hand nehmen! Der Weg aus der Passagier-Erziehung erfordert Geduld und Kommunikation, aber er lohnt sich für alle Beteiligten. Hier die wichtigsten Schritte:

  1. Regelmäßige Gespräche führen: Setzt euch wöchentlich zusammen und besprecht drei Fragen: Was läuft gut? Was hat nicht funktioniert? Woran könnten wir in der kommenden Woche arbeiten?
  2. Verantwortungsbereiche neu aufteilen: Der "Passagier-Elternteil" sollte eigene Zuständigkeiten übernehmen – nicht nur als Helfer, sondern als Hauptverantwortliche*r für bestimmte Bereiche.
  3. Fehler zulassen: Der "Fahrer-Elternteil" muss loslassen können und akzeptieren, dass Dinge auch anders gemacht werden können. Solange das Kind sicher und geliebt ist, gibt es viele richtige Wege.
  4. Gemeinsame Elternzeit: Wenn möglich, sollten beide Eltern substanzielle Zeit mit dem Neugeborenen verbringen. Papas, die früh eine eigenständige Beziehung zum Kind aufbauen, bleiben seltener in der Passagierrolle stecken.
  5. Geduld haben: Die Veränderung braucht Zeit. Jahrelang eingeübte Muster lassen sich nicht über Nacht ändern, aber mit jedem kleinen Schritt wird es leichter.
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Fazit: Gemeinsam am Steuer für eine glücklichere Familie

Passagier-Erziehung entsteht selten aus böser Absicht – sie schleicht sich ein, wenn wir nicht aufpassen. Doch für eine erfüllte Partnerschaft und glückliche Kinder lohnt es sich, diese Dynamik zu durchbrechen. Kinder profitieren enorm von zwei gleichberechtigt engagierten Elternteilen, die unterschiedliche Perspektiven und Stärken einbringen.

Denkt daran: Es geht nicht darum, alles genau 50:50 aufzuteilen, sondern eine Elternschaft zu entwickeln, in der sich beide gesehen, respektiert und kompetent fühlen. Sprecht offen über eure Bedürfnisse und Unsicherheiten – und nehmt euch Zeit für Veränderung. Gemeinsam am Steuer zu sitzen mag anfangs ungewohnt sein, macht die Familienreise aber für alle Beteiligten schöner.