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Fatmas Kolumne

Stress im Advent für uns Mütter: Bald kommt das Christkind – oder der Arzt?!

Advent für Mütter: Weihnachtsmann mit Cocktail
© Getty Images/ Anton Vierietin

Wer schon an Nikolaus kurz vorm Kollaps steht, hat vielleicht schon Backbleche voll Plätzchen, einen selbst gebastelten Adventskranz und mühevoll bestückte Adventskalender für die Kinder hinter sich. Die Weihnachtszeit ist die anstrengendste Zeit für uns Mütter. Bis zum 24. Dezember dreht sich alles um vorweihnachtliche Highlights und Geschenke für die Kinder. Also, Stress pur bis das Christkind kommt. Oder der Arzt?!

Früher war nicht alles besser, aber zur Weihnachtszeit ganz bestimmt bescheidener und schlichter. Damals steckte im Stiefel ein Schoko-Nikolausi, zwei Mandarinen und ein paar Walnüsse. Dazu gab es keine weiteren separaten Geschenke, die unter, auf oder neben dem Stiefelchen lagen, weil darin schlichtweg kein Platz mehr für weiteren Schnickschnack war. So schlecht war das doch gar nicht, denke ich inmitten meiner Nikolaus-Vorbereitungen.

Damals gab es auch noch keinen Adventskalender-Wahnsinn. Mittlerweile ja eine ureigene Mama-Disziplin. Meine Mutter kaufte unsere Adventskalender im LIDL oder bei ALDI, je nachdem wo sie gerade sowieso schon einkaufen war. Das waren die immer gleichen einfachen Kalender aus dünnem Pappkarton mit altmodisch weihnachtlichen Motiven drauf. Ein rodelnder Weihnachtsmann, singende Kinder, schneebedeckte Tannenbäume – Weihnachtskitsch halt.

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Fatma Mittler-Solak

Fatma-Mittler-Solak

Fatma ist Mutter von drei Kindern und arbeitet als TV-Moderatorin im Ersten und im SWR Fernsehen, z.B. beim ARD-Buffet. Als sie kurz nach dem ersten Kind mit Zwillingen schwanger wurde, entwickelte sie womöglich als Nebenwirkung der Schwangerschaft, eine Super-Power: Sie verwandelt sich mehrmals am Tag zur She-Hulk und wuppt Kinder und Karriere. Mit bösem Witz und einer Portion Selbstironie schreibt die 44-jährige bei uns über ihr Leben als strenge türkische Mutter, die manchmal vor Wut grün anläuft.

Fatma Mittler-Solak

Für eine türkische, muslimische Mutter war das sehr fortschrittlich und um ehrlich zu sein, hatte ich auch keine andere Erwartung an einen Adventskalender. Mich freute jedes Türchen, das Tag für Tag ein kleines Schoko-Täfelchen in Glocken-, Kerzen- oder Schneeman-Form für mich bereithielt. Der Kalender erfüllte seinen Zweck. Ein süßer Countdown, der mir die Wartezeit bis Weihnachten verkürzen sollte. Für mich allen voran der Startschuss zu den Weihnachtsferien.

Heutzutage beginnen die Adventskalender für die Kinder zwar weiterhin am 1. Dezember; für die Mamas allerdings schon weitaus vorher. Heutzutage sind viele Adventskalender aufwändig kreativ gestaltete Kunstwerke, die wahre Schätze beinhalten. In stundenlanger Arbeit werden bis tief in die Nacht bis zur Erschöpfung Klorollen bemalt und geklebt, Tütchen gefaltet und aufgefädelt und zu Türmen, Pyramiden oder Girlanden drappiert. Diese Adventskalender besitzen keine kleinen Türchen, sondern dicke Bäuche, die gefüllt werden müssen. Mit Geschenken, die über Wochen und Tage in zig Läden und Onlineshops gesucht und gesammelt wurden. 24 Kleinigkeiten, die die Kinderaugen zum Leuchten bringen sollen. Ein LED-Flummi, ein witziger Schlüsselanhänger, ein süßes Stickerbuch oder ein kleines Kartenspiel. Schöner, unnötiger Krimskrams, der sehr bald im Kinderzimmer unauffindbar sein wird. Krimskrams, der für sich genommen schon ein vollwertiges Weihnachtsgeschenk sein könnte. Für 24 Kinder. Der totale Konsum-Wahnsinn.

Viele Jahre war ich auch im Vorweihnachts-Business. Und das heißt auch: Nebenbei jeden Adventssonntag zwei bis drei Backbleche Plätzchen in den Ofen schieben, um den Kindern mit dem gemeinschaftlichen Backen ein tolles Erlebnis zu bieten. Wer schon mal für ein Kind einen individuellen supersüßen Adventskalender gebastelt hat, der kann sich ausmalen, wie es sich anfühlt, wenn man Jahr für Jahr für drei Kinder insgesamt 72 Geschenke auftreiben muß, die dann – ich erwähnte es schon – sehr bald im Kinderzimmer unauffindbar sein werden.

Vor zwei Jahren bin ich dann auf kommerzielle Adventskalender umgestiegen; die persönlich gestalteten Kalender nahmen einfach zu viel Zeit und Energie in Anspruch. Und wenn man mal den Taschenrechner zückt, kosten sie auch noch mehr als die hochwertigen, namhaften Kalender aus dem Handel. Im letzten Jahr kam mir ein großer Streit mit meinen Kindern gerade gelegen und aus einer schlimmen Wut heraus strich ich den Dreien den Adventskalender. In diesem Jahr war es deshalb doppelt spannend für sie: Würden sie wieder einen kriegen? Und wenn ja, wäre er voll von schönem unsinnigem Ramsch?

Wir müssen nur entscheiden, was wir mit der Zeit anfangen wollen, die uns gegeben ist.
Gandalf, der Graue

"Wir müssen nur entscheiden, was wir mit der Zeit anfangen wollen, die uns gegeben ist.“ Das sagt Gandalf in der Herr der Ringe. Ich habe erstens entschieden in diesem Jahr meine Zeit nicht mit der Suche nach Plunder zu vergeuden und zweitens die Zeit meiner Kinder richtig zu nutzen. Also hängte ich genau einen einzigen Adventskalender in den Flur. Ein Kalender, der sie erstaunen sollte.

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Im Wechsel dürfen sie jeden Tag einen Umschlag öffnen. Aus dem ersten sprach Gandalf zu ihnen. Auf einer schön gestalteten Karte lasen sie irgendwas mit Zeit und Entscheidung und konnten es gar nicht fassen. Auf den ungläubigen Blick meiner Kinder erklärte ich, dass es in diesem Jahr Sinnsprüche und Weisheiten im Adventskalender gibt. Und dass ich mir wünsche jeden Tag anhand der Karten miteinander ins Gespräch zu kommen und über die Worte nachzudenken.

In diesem Jahr geht es bei uns also nicht um Spiel, Spaß oder Spannung und auch nicht um Schokolade. Es geht Tag für Tag, Türchen für Türchen um einen Mehrwert und Lerneffekt. Und ich freue mich heute schon so sehr auf die letzte Karte in ihrem Adventskalender, wenn es heißt: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“

Adventskalenderblatt
© Fatma Mittler-Solak

Warum eigentlich?!

Und wer sich fragt, warum der ganze Aufriss eigentlich, findet hier vielleicht eine Antwort im Video:

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