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Politik für Mombies & Walking Dads

Wie kann das sein?! Warum gibt es eigentlich zu wenig Medikamente für unsere Kinder?

Krankes Kind
© Getty Images / E+/ Dean Mitchell

Aktuell warnt der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), dass es in Deutschland wieder einen Mangel an Medikamenten für Kinder gibt, unter anderem fehlt es an Fiebersaft und Penicillin. Nicht nur Eltern fragen sich angesichts dessen, wie es sein kann, dass wir es in einem sonst so durchorganisierten Land wie Deutschland es nicht schaffen, die Medikamentenversorgung unserer Kinder sicherzustellen?

Etwas, das man sich vor dem Elternwerden kaum vorstellen kann ist, wie oft kleine Kinder krank sind. Was man sich aber fast noch weniger vorstellen kann ist, wie viel Zeit mal als Eltern damit verbringen muss, an Medikamente für kranke Kinder zu kommen. Ich weiß noch, wie ich letzten Winter Apotheken-Rallye spielen musste, um irgendwie Fiebersaft für meine beiden Kleinkinder zu ergattern. Und auch jetzt gab es für den besten Freund meines Sohnes nach einer Operation keine Antibiotika mehr in den Apotheken. Das sind leider keine Einzelfälle. Aber woran liegt das?

Micky Moses

Durchblick in 5 Minuten: Politik für Mombies & Walking Dads

Ihr habt keine Zeit für Politik, denn euer Alltag ist dank Care-Arbeit, Job, Haushalt und allem anderen voll genug? Aber gerade als Eltern merkt ihr im Alltag immer wieder, wie sehr Familien von der Politik nicht mitgedacht werden? Unsere familienpolitische Expertin Natascha Sagorski fasst euch aktuelle wichtige familienpolitische Debatten einfach und gut verständlich zusammen, sodass ihr auch mit wenig Zeit und Ressourcen wisst, was euch als Familien politisch aktuell betrifft und worauf es ankommt. Das hier ist die erste Folge, viel Spaß beim Lesen!

Micky Moses
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1. Medikamente werden kaum mehr in Deutschland produziert

Meist werden Medikamente heute in China oder Indien produziert, das ist deutlich billiger, bringt aber auch lange Lieferketten mit sich. Kommt es vor Ort zu einem Fabrikbrand oder in Zeiten von Kriegen und Krisen zu Problemen beim Transport, bleiben die Lager in Deutschland leer.

Wie kann gegengesteuert werden?

Mit der Lockerung von Preisregelungen will die Bundesregierung wieder mehr Produktion nach Europa zurückholen. Medikamente für Kinder dürfen als Kassenleistung teurer sein als bisher, weshalb Deutschland auch als Absatzmarkt wieder attraktiver werden soll. Außerdem will die EU die Produktionsbedingungen für Unternehmen in Europa verbessern, damit mehr Medikamente in den europäischen Ländern selbst hergestellt werden.

2. Gestiegener Bedarf durch Pandemie und Infektionswellen

Nicht nur Eltern von sogenannten „Corona Babys“ haben es erlebt: Nach der Pandemie haben Krankheiten wie das RS-Virus ganze Kitas lahmgelegt. Dementsprechend ist die Nachfrage nach Medikamenten gestiegen.

Wie kann gegengesteuert werden?

Durch eine Art Vorratspflicht sollen künftig Engpässe auch während akuten Infektionswellen vermieden werden. Mittel- und langfristig sicher eine gute Idee. Kurzfristig gilt, wenn nichts da ist, kann nichts eingelagert werden.

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3. Mit Fiebersaft und Antibiotika kann kaum Geld verdient werden

Sogenannte Generika (zu denen u.a. Fiebersäfte gehören) machen bei uns rund 80 Prozent des Medikamentenmarktes aus. Da die meisten davon keinen Patentschutz mehr haben, können sie billig nachproduziert werden. Die in Deutschland geltende Festbeträge sorgen zusätzlich dafür, dass Preise nicht steigen sollen. Klingt erstmal gut, sorgt aber zugleich dafür, dass Deutschland als Absatzmarkt im internationalen Vergleich nicht besonders attraktiv ist und dementsprechend wenig bei uns landet.

Wie kann gegengesteuert werden?

Bei Kinderarzneimitteln hebt das Bundesgesundheitsministerium zum 1. Februar 2024 die bisherigen Festpreise auf und möchte es für Unternehmen so attraktiver machen, Medikamente für Kinder dauerhaft auf den deutschen Markt zu bringen. Ob diese Strategie funktionieren wird und welche Auswirkungen, das auf Versicherungsbeiträge etc. haben wird, müssen wir also abwarten.

Werden die Medikamenten-Maßnahmen greifen?

Das sind einige der Gründe, weswegen die Versorgung mit Kinderarzneimitteln in Deutschland nach wie vor große Lücken aufweist. Die Bundesregierung hat das Problem zwar erkannt und versucht mit einem Gesetz (ALBVVG) gegenzusteuern. Ob dies langfristig gelingen wird, ist noch ungewiss. Als Eltern kann man sich aber schon fragen, weshalb so simple und existentiell wichtige Maßnahmen wie eine Vorratspflicht an Medikamenten oder eine Förderung von Medikamentenproduktion in Europa erst 2023 auf den Weg gebracht wurden.

Ein Grund ist, dass Kinder und Eltern keine Lobby haben und familienpolitische Anliegen im politischen Alltag selten ganz oben auf der Agenda stehen.
Natascha Sagorski

Was können wir Eltern tun?

Eltern haben weder Zeit noch große Traktoren. Umso wichtiger ist es, mit kleinen Schritten, die wenig Aufwand erfordern, Einfluss auf die Politik zu nehmen. Zum Beispiel, indem ihr eine kurze E-Mail an die für euch zuständigen Bundestagsabgeordneten schreibt und eure Besorgnis über den erneuten Medikamentenengpass für Kinder äußert und nachfragt, was akut dagegen geplant ist. Welche Abgeordneten für euch zuständig sind und ihre Kontaktdaten, könnt ihr hier ganz einfach einsehen: https://www.bundestag.de/abgeordnete/wahlkreise

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Natascha Sagorski

Eine einzelne E-Mail wird nicht die ganze Politik verändern, hunderte E-Mails zu einem Thema, können aber Einfluss nehmen und Politikerinnen und Politikern zeigen, dass ein Thema gesellschaftlich sehr wohl relevant ist. Und das ist die Gesundheit unserer Kinder doch ohne jeden Zweifel!

Natascha Sagorski

Quellen: BundesgesundheitsministeriumBerufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen e.V.BVKJ, Deutsche Apotheker Zeitung "Der Kampf gegen die Lieferengpässe" (28.12.23), Europäische Kommission Public Health "Eine Arzneimittelstrategie für Europa" (26.4.2023)

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