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Gute-Nacht-Geschichten

Der Feen-Propeller (ab 3 Jahre)

Old book with magic lights on wooden table by candlelight

Fabian drückt den roten Baustein fest. Der Hubschrauber ist fast fertig. Er legt den Motor und die Batterie bereit. Jetzt noch der Rotor. Er schiebt die langen Einzelteile zusammen. »Spielst du mit mir?« Eine blonde Puppe mit Plastikflügeln landet auf dem Tisch, sodass die Rotorblätter durch die Luft wirbeln. »Du darfst die allerschönste Fee haben«, sagt Miri. »Spinnst du?« Fabian wirft die Puppe vom Tisch und sucht alle Bauteile seines Flugzeugs wieder zusammen. »Du hast alles durcheinandergebracht! Ich spiel jetzt nicht mit Feen, ich baue meinen Hubschrauber!« Miri hebt die Puppe auf. »Du hast einen Flügel zerrissen! Du bist blöd!« »Und du hast meinen Propeller zerstört!« »Doofer Propeller!« Miri klebt ein Stück Klebeband auf den Flügel ihrer Fee und fängt neben dem Tisch an zu spielen. Fabian guckt zu, wie sie ihren Feenpuppen die Haare kämmt. Wie kann man nur freiwillig mit so einem Zeug spielen? Schulterzuckend wendet er sich seinem Hubschrauber zu. Ein Stück vom Rotor fehlt. Wo kann das sein? Ah, da, es ist hinter die Stiftebox gerutscht. Er sucht die Schraube, die den Rotor in der Mitte zusammenhält, und beginnt, die Teile daran zu befestigen. Miri singt und lässt ihre Feenpuppen tanzen. Nur noch zwei Teile. Fabian schiebt eins über die Schraube, greift nach dem letzten.Bumm! Krachend landet etwas auf dem Tisch. Fabian starrt auf die Stelle, an der eben noch sein Hubschrauber stand. Da liegen nur noch einzelne Bausteine – und schon wieder so eine blöde Puppe. »Miri!«, schreit Fabian. »Warum hast du das gemacht?« »Was?« Miri guckt hoch. »Ich spiele doch nur.« »Meine Sachen kaputt machen ist kein Spiel.« »Ich hab gar nichts kaputt gemacht!« Fabian hebt die Puppe auf. Huch! Die fühlt sich ganz anders an als die vorhin. Viel weicher und wärmer. »Und was ist das?« Miri guckt die Puppe an. »Die gehört mir nicht.« »Wo kommt sie dann her?« Fabian schüttelt die Puppe. »Aua! Du tust mir weh«, sagt eine helle Stimme. »Du tust ihr weh«, sagt Miri. »Einer Puppe tut nichts weh, die ist aus Plastik«, erklärt Fabian. »Aber sie sagt es doch selbst«, sagt Miri. Fabian verdreht die Augen. »Puppen können auch nicht sprechen.« »Die hier schon«, antwortet Miri. Gleichzeitig ertönt wieder die helle Stimme: »Aber ich bin gar keine Puppe!« Das kleine Wesen strampelt nun mit Armen und Beinen und hämmert mit ihren kleinen Fäusten gegen Fabians Hand. »Waaaah!« Fabian lässt los. Miri springt vor und fängt die Puppe auf. Die schüttelt sich und sagt: »Ich brauche dringend Honig!« »Honig?« Fabian traut seinen Ohren nicht. »Ich hole welchen«, sagt Miri. Sie setzt die Puppe auf dem Tisch ab. Die zupft ihr Kleid zurecht und tastet nach ihren durchsichtigen Flügeln. Fabian starrt sie an. Sie sieht genauso aus wie eine von Miris Puppen – nur lebendig. »Was bist du denn, wenn du keine Puppe bist?«, fragt er. Die Puppe hat den Kopf gedreht und betrachtet ihre Flügel. Jetzt schaut sie hoch zu Fabian. »Das sieht man doch! Eine Fee! Ich heiße Gloria.« Fabian starrt sie an. Da kommt Miri zurück. Sie stellt ein Tellerchen mit Honig auf den Tisch und beobachtet, wie die kleine Besucherin sich darüber hermacht. »Bist du etwa eine Fee?«, fragt sie dann. Die Fee nickt mit vollem Mund. »Sie heißt Gloria«, sagt Fabian. Miri schaut zwischen der Fee und ihm hin und her. »Echt?« Fabian nickt. »Ja. Hat sie gesagt.« »Und warum ist sie auf den Tisch gefallen?«, fragt Miri. »Das hat sie nicht gesagt.« Die Fee scheint riesigen Hunger zu haben. Sie schleckt den Teller komplett sauber. »Tut mir leid, dass ich hier so reingeplumpst bin«, sagt sie. »War keine Absicht. Ich hab mich so auf deinen Rotor konzentriert, dass ich gegen die Lampe gelogen bin. Eigentlich soll ich mich nicht von Menschen sehen lassen.« »Wir erzählen es nicht weiter«, sagt Miri. Fabian schüttelt den Kopf. Nein, das wird er bestimmt niemandem erzählen. Das glaubt ihm doch eh keiner. »Bist du satt?«, fragt Miri. Gloria nickt. »Das schon. Aber ich habe ein Problem … Bei der Bruchlandung ist ein Flügel gebrochen. So kann ich nicht nach Hause liegen.« »Tut es weh?«, fragt Miri besorgt. »Gar nicht«, sagt Gloria. Sie deutet auf einen Riss in ihrem Flügel. »Aber es wird dauern, bis er wieder zusammengewachsen ist.« Miri hebt das Klebeband auf. »Können wir es kleben?« »Nein!«, ruft Gloria. »Kleber zerstört den Staub auf den Flügeln. Dann kann ich nie wieder fliegen.« Fabian hat schweigend zugehört. Nun sammelt er alle Rotorteile ein und schraubt sie zusammen. »Was machst du da?«, fragt Gloria. »Wartet kurz!« Fabian schiebt die Batterie in den Motor, setzt den Rotor darauf und kramt zwei bunte Bänder aus einer Kiste. Die knotet er an den Motor. »Das ist der weltbeste Feen-Propeller«, verkündet er und hilft Gloria, den Motor auf den Rücken zu schnallen, vorsichtig, damit ihr Flügel nicht weiter einreißt. »Mit dem Knopf startest und stoppst du den Motor. Mit diesem Hebel änderst du die Geschwindigkeit. Probier es aus«, sagt er. Gloria drückt auf den Knopf, und der Rotor setzt sich mit leisem Rattern in Bewegung und wird immer schneller. Gloria hebt ab. »Hurra!« Jubelnd liegt sie eine Runde um die Lampe. »Danke, ihr habt mich gerettet! Aber wisst ihr was? Jetzt, wo ihr mich gesehen habt, können wir auch noch weiter zusammen spielen. Oder?« »Au ja!«, ruft Miri. »Klar«, sagt Fabian. Eine Fee mit Propeller ist tausendmal spannender als ein Hubschrauber.
➤ Kategorie: Gute-Nacht-Geschichten
➤ Text von Julia Breitenöder/Illustrationen von Naeko Ishida aus dem Buch "Drei-Fünf-Acht-Minutengeschichten für Feen und Prinzessinnen", ellermann im Dressler Verlag
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