Kinder, die beim Schwimmen oder Planschen Wasser geschluckt haben und Stunden oder Tage später plötzlich sterben? Diese Horrormeldung kursierte lange als "trockenes" oder "sekundäres Ertrinken" in den Medien. Warum Eltern nun aufatmen können – und wir Kinder in der Nähe von Wasser trotzdem niemals unbeaufsichtigt lassen dürfen.
Gibt es sekundäres Ertrinken überhaupt?
Dr. Till Dresbach, Oberarzt der Neonatologie und Kinderintensivmedizin am Universitätsklinikum Bonn (UKB), stellt klar: Medienberichte, nach denen Kinder schon nach dem Verschlucken bzw. Einatmen kleiner Wassermengen noch Stunden oder Tage später plötzlich verstorben sind, stellen ein völlig verzerrtes Bild dar. "Sekundäres" oder "trockenes Ertrinken" ist ein Mythos, mit dem Eltern verängstigt werden.
Richtig ist, dass es Stunden nach dem Einatmen (Aspiration) großer Wassermengen in die Lunge zu lebensgefährlichen Funktionsstörungen (Lungenentzündung, -ödem oder "Acute Respiratory Distress Syndrome") kommen kann. Das kann in den ersten Stunden nach der Rettung bei Menschen vorkommen, die tatsächlich beinahe ertrunken sind.
Doch auch in diesen Fällen sterben Menschen glücklicherweise nur sehr selten, da diese nach einem solchen Unfall so gut wie immer ohnehin unter ärztlicher Beobachtung stehen. Und: Auch sie versterben nicht Tage oder Wochen später ohne vorhergehende Symptome.
Worauf Eltern achten müssen, wenn ihr Kind einen Badeunfall hatte
Spielen Kinder im Wasser, kann es leicht dazu kommen, dass sie etwas davon einatmen. Der Körper reagiert dann mit Hustenreiz, manchmal auch Würgen, wodurch die Lunge geschützt wird. Von dieser Situation geht keine Gefahr aus und Eltern müssen sich keine Sorgen machen.
Zeigt das Kind, nachdem es unbeabsichtigt mit dem Kopf untergetaucht ist, allerdings eines oder mehrere der folgenden Symptome, ruft bitte sofort einen Krankenwagen:
- Faustregel: Es hustet stärker und anhaltender, als wenn es sich beim "normalen" Trinken verschluckt hätte.
- Das Kind atmet auffällig schnell und/oder angestrengt (klingt "rasselnd").
- Es leidet unter Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall.
- Das Kind hat bläulich verfärbte Lippen und/oder Fingernägel.
- Es wirkt sehr müde oder teilnahmslos.
- Fieber und/oder Schüttelfrost treten auf.
Fallen euch diese Symptome auch noch ein oder zwei Tage nach einem Badeausflug auf, solltet ihr sie ärztlich abklären lassen. Verschlechtert sich der Allgemeinzustand des Kindes plötzlich und rapide, ist in jedem Fall ein Notarzt zu rufen!
Worauf ihr unbedingt achten müsst, wenn sich eure Kinder in der Nähe von Wasser aufhalten, zeigt unser Video:
Kinder beim Baden niemals unbeaufsichtigt lassen
Auch wenn an sekundärem Ertrinken also nichts dran ist: Ertrinken ist die häufigste Todesursache bei Kindern zwischen 1 und 4 Jahren. Beim Baden und Spielen am Wasser dürfen Kinder niemals unbeaufsichtigt sein. Um die Gefahr tödlicher Badeunfälle zu reduzieren, sollten Kinder außerdem so früh wie möglich schwimmen lernen.
Denn die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) schlägt jedes Jahr wieder Alarm: Immer weniger Grundschüler*innen in Deutschland können schwimmen. Legt also Wert darauf, dass euer Kind einen guten Schwimmkurs besucht. Außerdem ist es sehr sinnvoll, hin und wieder seine Erste-Hilfe-Kenntnisse aufzufrischen. Das kann Leben retten.
Wir recherchieren mit großer Sorgfalt und nutzen nur vertrauenswürdige Quellen. Die Ratschläge und Informationen in diesem Artikel ersetzen aber natürlich keine medizinische Betreuung durch entsprechendes Fachpersonal. Bitte wendet euch bei gesundheitlichen Fragen und Beschwerden an eure Ärztinnen, Hebammen oder Apotheker, damit sie euch individuell weiterhelfen können.