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Geburt

Soll das Geschwisterkind mit in den Kreißsaal?

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Wohin mit den Geschwisterkindern, wenn das Baby auf die Welt kommt? Einfach bei der Geburt dabei sein lassen, sagt die eine Mutter. Nie im Leben, meint die andere. Beide haben viel zu diesem Thema zu sagen.

Die Geburt eines weiteren Kindes steht an und für die Eltern stellt sich die Frage: Wohin mit den älteren Geschwistern? Bei Oma und Opa abgeben? Irgendwo im Krankenhaus warten lassen? Oder sie gar mit in den Kreißsaal nehmen? Gerade letztere Taktik heizt die Gemüter ziemlich auf. Die eine Seite protestiert vehement und befürchtet, das Geschwisterchen könnte bei solch einem Ereignis ewiglich einen Schaden davontragen. Die andere Seite versteht diese Aufregung überhaupt nicht. Eine Geburt ist schließlich das Natürlichste der Welt. Warum sollte das Geschwisterkind nicht dabei sein, wenn sein Bruder oder seine Schwester das Licht der Welt erblickt? Wir haben zwei Mütter mit komplett gegensätzlichen Meinungen gebeten, uns ihren Standpunkt zu erklären.

Geschwisterkind bei der Geburt mit dabei

Sarah, 37, Mutter von zwei Kindern, erzählt warum sie sich DAFÜR entschieden hat:
"Als ich zu zweiten Mal schwanger wurde, war meine Große bereits acht Jahre – und hat sich unheimlich auf ihr Geschwisterlein gefreut. Wir haben sie von Anfang an in die Schwangerschaft mit einbezogen, damit sie sich nicht vernachlässigt fühlt oder ihren kleinen Bruder gar als Konkurrenz für Mamas und Papas Liebe ansieht. Ich habe auch sehr offen mit Lisa über das gesprochen, was in meinem Bauch passiert, wie das Baby auf die Welt kommt – und natürlich auch, wie Babys überhaupt entstehen. Denn mein Mann und ich finden es wichtig, dass unsere Kinder schon früh Bescheid wissen. Früh aufgeklärt werden und das auch korrekt, nicht mit der Hilfe von irgendwelchen Bienchen und Blümchen. Schließlich sind Geschlechtsverkehr und Fortpflanzung doch etwas ganz natürliches. Scham ist hier vollkommen fehl am Platz. Vielmehr wollen wir, dass unsere Kinder alle Informationen haben, die sie brauchen – so möchten wir auch ihr Vertrauen in sich selbst stärken und vermeiden, dass andere ihre Unwissenheit ausnutzen könnten.
Deshalb war für mich eigentlich auch schon zu Beginn der Schwangerschaft klar, dass Lisa bei der Geburt ihres Bruders dabei sein kann – wenn sie das will. Und sie wollte. Hat sogar von sich aus gefragt, ob sie nicht irgendwie bei der Geburt helfen kann.
(Anm. d. Red.: Wie es beispielsweise die achtjährige Brooke bei der Geburt ihrer Schwester gemacht hat. Auf dem Bild hier zu sehen:)

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Nun gab es jedoch ein Problem: In vielen Kreißsälen ist es nicht möglich, das Geschwisterkind mitzunehmen. Viele Krankenhäuser haben Regelungen, wie viele Begleitpersonen anwesend sein dürfen. Das ist auch einleuchtend. Es gibt räumliche Begrenzungen und man bräuchte eine weitere Person, die auf das Kind aufpassen könnte. Oft gibt es auch Altersbeschränkungen und Kinder dürfen erst ab 16 Jahren mit in den Kreißsaal.
Für uns war dies allerdings zum Glück nicht so ein großes Thema. Denn ich hatte mich sehr bald mit meiner Hebamme für eine Hausgeburt entschieden. Die hatte ich auch schon bei der Geburt von Lisa geplant, doch dann mussten wir doch ins Krankenhaus. Aber ehrlichgesagt empfinde ich den Geburtsvorgang Zuhause einfach als viel natürlicher als den klinischen Vorgang in einem Krankenhaus.
Als es dann so weit war, war die stolze große Schwester also bei der Geburt ihres kleinen Bruders mit dabei. Ich kann nur sagen: Ich empfand dieses Ereignis als unglaublich bereichernd für unsere ganze Familie. Es hat uns alle vier noch einmal mehr zusammengeschweißt.
Da wir bei uns daheim waren, hätte Lisa jederzeit die Möglichkeit gehabt, sich in ihr Zimmer zurückzuziehen. Doch diese Möglichkeit hat sie gar nicht gebraucht. Sie war fasziniert davon, dabei zu sein, wenn ihr Bruder das Licht der Welt erblickt. Ihre Neugierde war größer alles andere. Nun wird sie den kleinen Mann von der ersten Sekunde an kennen, das ist doch eine wunderschöne Vorstellung.
Gestört hat Lisa überhaupt nicht. Ich denke, Kinder sind in solchen Dingen sehr sensibel und wissen, wann sie nicht unterbrechen sollten.
Meine Tochter hat im Übrigen keine bleibenden Schäden zurückbehalten, wie es so oft heißt. Und ja, sie will später auch immer noch Kinder bekommen. Ich denke, diese Erfahrung hat sie keinesfalls abgeschreckt, sondern eher das Gegenteil bewirkt. Sie weiß nun: Ja, Geburten verursachen Schmerzen. Ja, es fließt Blut. Aber das alles ist vergessen, wenn das kleine Menschlein auf der Welt ist. Wichtig ist natürlich, dem Kind im Vorfeld die Abläufe zu erklären und sie beispielsweise darauf vorzubereiten, dass Mama
vielleicht schreien und weinen wird.
Viele fragen mich, ob Lisa auch hätte dabei sein dürfen, wenn sie noch jünger gewesen wäre. Manche hatten mich sogar gefragt, ob ich genauso gehandelt hätte, wenn mein erstes Kind ein Junge gewesen wäre (warum sollte das einen Unterschied machen?). Meine Antwort ist immer gleich: Wenn es für mich und das Kind Sinn gemacht hätte, warum nicht? Wir wollen die Selbstbestimmung unserer Kinder fördern und ihnen die Chance geben, ihre natürliche Neugierde zu stillen. Das Gleiche gilt übrigens auch für Geburten im Krankenhaus oder Geburtshaus. Ich hätte auf jeden Fall einen Kreißsaal gesucht, in dem Lisa willkommen gewesen wäre.
Geburten sind etwas ganz Normales, etwas das zum Leben dazugehört. Warum sollte ich mein Kind also davon fernhalten?"

Geburt in Bildern: Die schönsten Geburtsfotos aus der ganzen Welt

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Geschwisterkind im Kreißsaal? Kommt nicht in Frage

Eine Geburt ist ein schmerzhaftes und durchaus blutiges Ereignis, bei dem Kinder nichts zu suchen haben. So die Meinung von Dreifachmutter Hannah.

Hannah, 40, Mutter von drei Kindern, erzählt, warum sie sich DAGEGEN entschieden hat, ihre Kinder mit in den Kreißsaal zu nehmen:
"Ehrlichgesagt wäre mir die Frage, ob Kinder mit in den Kreißsaal dürfen, nie in den Sinn gekommen. Bei meinem zweiten Kind habe ich über so etwas gar nicht erst nachgedacht. Es war klar, dass meine Schwiegermutter unsere große Tochter nimmt, während mein Mann bei mir im Kreißsaal ist. Und hätten wir keine Betreuung gefunden, wäre der Papa eingesprungen. (Was mir gar nicht so unrecht gewesen wäre. Für mich wäre es wahrscheinlich sogar angenehmer gewesen, alleine zu sein. Aber der Herr wollte gerne dabei sein und das konnte ich ihm nicht abschlagen.)Bei unserem dritten Kind war es tatsächlich so, dass wir niemanden zur Betreuung hatten. Meine Schwiegermutter lag im Krankenhaus, meine Eltern lebten über 200km entfernt und Freunde, denen ich unsere Kinder anvertrauen wollte, waren mit Arbeit oder Urlaub eingespannt. Wir mussten uns also Gedanken um die Betreuung machen, denn meinem Mann lag sehr viel daran, auch bei der Geburt unseres dritten (und wahrscheinlich letzten) Kindes anwesend zu sein.
Eine Bekannte aus dem Geburtsvorbereitungskurs erzählte mir, dass sie solche Probleme zum Glück nicht hätte, denn ihr Kind würde einfach mit in den Kreißsaal kommen.
Ein Gedanke, den ich eigentlich sofort wieder vergessen wollte. Den mein Mann aber gar nicht so schlecht fand. Aber ganz ehrlich: Da muss man als Frau auch einfach Mal ein Machtwort sprechen. Ich möchte nicht, dass meine Kinder mich so sehen. Und ich möchte nicht von meinen Kindern so gesehen werden. Es geht um den Schutz der Kinder vor Dingen, die sie noch nicht verstehen und es geht um den Schutz meiner eigenen Privatsphäre, die bei Geburten eh schon einen der hinteren Plätze einnehmen muss.
Und nein, meine beiden Töchter sind nicht total unwissend und denken, dass die Babys vom Storch gebracht werden. Aber es ist etwas ganz was anderes, theoretisch zu wissen, wie Babys auf die Welt kommen und in der Realität mitzubekommen, wie Mama vor Schmerzen schreit und wie das Blut fließt.
Wie fühlt es sich für die kleinen Kinderherzen an, wenn sie sehen, wie sich ihre Mutter quält, sie aber nichts dagegen machen können? Wie lange können sich die Minuten und Stunden für die Kleinen ziehen, die noch überhaupt nicht richtig verstehen, warum das alles so lange dauert? Wer kann sich um die beiden kümmern, wenn etwas ist? Wenn sie raus möchten? Und würden sie sich überhaupt trauen zu sagen, dass sie nicht oder nicht mehr dabei sein wollen? Oder wollen sie die Eltern nicht enttäuschen und stehen die Situation deswegen durch?Alle, die sagen, sie hätten ihr Kind vorher gefragt. Alle, die sagen, ihr Kind hätte von sich aus gesagt, es wolle bei der Geburt dabei sein. Ich frage euch: Glaubt ihr wirklich, dass ein Kind, egal ob 6 oder 14, die Situation richtig einschätzen kann? Es gibt genügend Väter – erwachsene Männer – die den Kreißsaal verlassen müssen, weil es ihnen zu viel wird. Sollten wir solch eine Entscheidung also wirklich in Kinderhände geben? Oder ist es nicht unsere Pflicht als Eltern, Situationen für unsere Kinder abzuschätzen, wenn diese es noch nicht können?
Und was ist, wenn es Komplikationen gibt? Blutungen, Geburtsverletzungen, ein Notkaiserschnitt? Das könnte die Kinder noch mehr belasten.
Des Weiteren gibt es einen Grund, warum die meisten Krankenhäuser es nicht vorsehen, dass Geschwisterkinder mit im Kreißsaal sind. Abgesehen von Platzgründen, Wahrung der Privatsphäre anderer Gebärenden und Mangel an Betreuungspersonen, hat es ganz einfach auch etwas mit dem Schutz des Neugeborenen zu tun: Geburtsmediziner möchten vermeiden, dass sich das Baby mit Kinderkrankheiten wie Windpocken anstecken könnte.
Unser Dilemma hat sich letztlich fast von selbst gelöst: Unsere Kleinste kam auf die Welt, als die anderen beiden noch im Kindergarten bzw. in der Schule waren. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätte es in unserem Krankenhaus die Möglichkeit gegeben, dass die Kinder auf der Station betreut werden hätten können. Das bietet natürlich nicht jedes Krankenhaus an, doch gibt es in den allermeisten Fällen immer Alternativen dazu, die Geschwister mit in den Kreißsaal zu nehmen (z.B. die Familienhilfe von Krankenkassen).
Unsere beiden Mädels haben ihre Schwester kurz nach der Geburt kennengelernt und diese kleine Verzögerung hat der Beziehung der drei keinen Abbruch getan.
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Bildquelle: iStock