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Autsch, verbrannt!

Kurz weggeschaut, schon schlimm verbrüht: Diese 9 Dinge würde ein Kinderchirurg deshalb nie tun

Verbrennungsgefahren für Kinder: Tasse heißer Tee in Reichweite
© Getty Images / ronstik

Hättet ihr gedacht, dass heiße Flüssigkeiten Kinderhaut bereits ab 52 Grad Celsius schädigen können? Oder, dass 76 % aller thermisch verletzten Kinder jünger als 5 Jahre sind? Umso wichtiger ist es zu wissen, wie wir Eltern schmerzhaft bis schwerwiegende Verbrühungen und Verbrennungen bei unseren Kindern vermeiden können. Dr. Carsten Krohn, Leitender Arzt des Zentrums für schwerbrandverletzte Kinder in München gibt hilfreiche Tipps. Diese 9 Dinge sind für ihn No-Gos.

Eins vorab: Hier geht es natürlich keinesfalls darum, irgendwem ein schlechtes Gewissen zu machen. Und klar, nicht jeder Unfall lässt sich vermeiden. Viele aber schon. Und nur wer die Gefahren kennt, kann vorbeugen. 

No-Go 1: Tassen mit heisser Flüssigkeit in Griff- oder Runter-reiss-Nähe stehen lassen

Im besten Fall steht alles Heiße ganz ausser Sichtweite unserer Kids. Denn die Reichweite eines Kleinkinds erhöht sich mit jedem Tag – und wo es gestern noch nicht ran kam, ist morgen vielleicht schon nichts mehr sicher vor ihm. Deshalb ist es so wichtig, sich anzugewöhnen, Kaffee- und Teetassen oder auch Teller mit heißer Suppe, Brei & Co weit genug wegzustellen, damit sie unsere Minis nicht in die Finger bekommen.

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"76 % aller thermisch verletzten Kinder sind jünger als 5 Jahre. Dabei zählt die Verbrühung zur häufigsten Unfallursache."
Paulinchen e.V.

"Besonders gefährdet für Verbrühungen sind Kleinkinder um die ein bis drei Jahre", erklärt Dr. Carsten Krohn. "Bekommen Kinder in diesem Alter eine heiße Tasse zu fassen, versuchen sie gern, das nachzumachen, was Mama und Papa auch immer damit tun: Sie kippen die Tasse, um zu trinken und gießen sich dabei die heiße Flüssigkeit über den Körper."

Gewöhnen wir uns also direkt an, heiße Getränke immer außer Sicht- und Reichweite (z.B. in die Tischmitte) unserer Kids zu stellen. 

No-Go 2: Heiße Getränke mit Baby in der Trage oder Kind auf dem Schoss trinken

"Bitte auch keinen Glühwein, Kaffee oder Tee mit Baby in der Trage oder Kind auf dem Schoss trinken", rät Dr. Carsten Krohn. "Auch beim Stillen würde ich davon abraten, etwas Heißes zu trinken." Zugegeben, es ist ein schmaler Grad zwischen übervorsichtig und vorsichtig genug sein, um seine Kinder vor Unfällen zu schützen. Tatsächlich liegen aber immer wieder Kinder mit unglücklichen Heißgetränk-Verbrühungen in der Klinik. 

Wir Eltern sollten deshalb nichts Heißes essen oder trinken, wenn wir ein Kind auf dem Arm bzw. Schoß oder in der Trage haben. Gerade im Gedränge ist Vorsicht angesagt, da reicht ein Schubs oder das Kind bewegt sich unerwartet und schon ist es passiert. 

No-Go 3: Kabel von Elektro-Geräten oder den Steckdosen-Schutz vergessen

"Ui, was ist denn das? Da zieh ich doch direkt mal dran …" Und schon knallt der Wasserkocher oder das noch heiße Bügeleisen runter. Ein Albtraum, den keiner von uns erleben will. Dass wir Wasserkocher und andere elektrische Geräte immer außer Reichweite unserer Kinder stellen, ist eigentlich klar.

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Was einige im Alltags-Trubel zwischendurch vergessen: Hängen Kabel herunter, können unsere Minis daran ziehen – ebenso wie an Tischdecken & Co. Das gilt es unbedingt zu vermeiden. 

"Leider gibt es auch immer noch Eltern, die nicht alle Steckdosen sichern", sagt Dr. Carsten Krohn. "Das ist aber schon ab dem Krabbelalter enorm wichtig, um Unfälle zu vermeiden." Im Optimalfall, gehen wir als Kleinkind-Eltern also alle nochmal kurz durch die Wohnung, um zu checken, ob alles sicher ist.

No-Go 4: Mit Baby oder Kleinkind auf dem Arm kochen oder es neben den Herd setzen

Klar, manchmal glauben wir, es ginge nicht anders, als alles gleichzeitig zu machen. Und wenn das Kind doch so gern zuschauen möchte, wie wir das Abendessen kochen …  Doch Verbrühungen und Verbrennungen will natürlich auch keiner bei seinen Kindern riskieren. Deshalb ist Vorsicht hier besser als Nachsicht. Auch wenn die Oma oder der Opa das als "helikoptern" ab tun, weil uns als Kind dabei ja auch nie etwas passiert ist.

Dr. Krohn: "Wir haben immer wieder Fälle, in denen Kinder in den Topf mit kochendem Wasser gelangt haben – oder Schlimmeres. Mein großer Wunsch wäre, solche Unfälle nie mehr bei uns in der Klinik sehen zu müssen."

Er rät deshalb eindringlich davon ab, mit seinem Baby oder Kleinkind auf dem Arm zu kochen oder es sogar neben dran zu setzen. "Ich würde auch die Töpfe und Pfannen immer auf die hinteren Herdplatten stellen – am besten mit nach hinten gedrehten Griffen – und den Herd sowie Backofen gut sichern."

Maike Mauer

Lieber vorbeugen, als bereuen

Dr. Krohn baute bei seinen Kindern ein Laufgitter  um den Herd, damit sie nicht in die Nähe von Töpfen, Pfannen und der heißen Herdplatte kommen konnten. Wir haben uns ein Schutzgitter für den Herd gekauft, das sich bewährt hat. Es gibt zudem Backofen-Kindersicherungen. Schaut, was für euch passt. Ich würde mich immer für die individuell am wenigsten fehleranfälligste Variante entscheiden. 

Maike Mauer
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No-Go 5: Heiße Flächen wie etwa beim Herd, Backofen oder Kamin unterschätzen

Um den ersten bis 2. Geburtstag herum, wenn unsere Kinder so langsam selbst laufen können und alles anfassen, das sie spannend finden, sollten wir Eltern unbedingt alle heißen Flächen wie Heizkörper und Heizungsrohre oder Kaminofenscheiben sichern bzw. das Kind davon fern halten, sonst drohen schwere Kontaktverbrennungen.

Das Problem: "Langt ein Kleinkind in diesem Alter mit seinen Händen an so eine heiße Scheibe, bleibt es förmlich daran 'kleben'", erklärt Dr. Carsten Krohn. "Es merkt, dass die Hand weh tut, bringt diesen Schmerz aber nicht mit seinem Tun in Verbindung und zieht die Hände nicht weg. Das Kind kann nur verzweifelt schreien, bis es jemand davon löst – und zieht sich eine massive, oft folgenreiche Verbrennung zu, die sofort in der Klinik behandelt werden muss."

"Kontaktverbrennungen im Kleinkind-Alter sind oft desaströse Verbrennungen und müssen von Spezialist*innen behandelt werden."
Dr. Carsten Krohn, Leitender Arzt des Zentrums für schwerbrandverletzte Kinder in München

Vorsicht auch bei Backofentüren! Der Brandwunden-Experte sieht auch immer häufiger Verletzungen von in der Küche weiter oben eingebauten Backöfen. "Der typische Fall: Die Mutter oder der Vater holen das Essen raus, vergessen den Backofen direkt wieder zu schließen und ihr Kindergartenkind langt auf die heiße Innenseite der Tür", erklärt Dr. Carsten Krohn. "Also bitte nie vergessen, die Backofentür zu schließen – auch bei höher eingebauten Backöfen!" 

„Familien mit kleinen Kindern sollten Kaminöfen, Feuerschalen und offenes Feuer immer gut absichern, zum Beispiel mit Schutzgittern. Auch brennende Kerzen sollte man nie unbeaufsichtigt lassen. Feuer übt seit jeher eine große Anziehungskraft gerade auf die Jüngsten aus und wird daher immer wieder unterschätzt." 
__ Wolfgang Schäuble, Leiter der Münchner Feuerwehr __

No-Go 6: Bei Schnupfen mit einer Schüssel heißem Wasser inhalieren

Erwischte uns früher als Kind ein fieser Schnupfen, haben viele von uns ganz selbstverständlich über einer Schüssel mit kochendem Wasser inhaliert. Dr. Krohn rät dringend davon ab. "Das kann mit schlimmen Verbrühungen im Schoßbereich enden, vor allem – aber nicht nur – bei Kleinkindern. Wir sehen solche Fälle immer wieder bei uns in der Klinik."

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Er rät stattdessen dazu, kalten Wasserdampf mithilfe eines Inhaliergeräts zu inhalieren. Solche Inhaliergeräte gibt es in Apotheken und im Fachhandel zum Leihen oder Kaufen.

No-Go 7: Wärmflaschen zu heiß füllen

Eine mit heißem Wasser gefüllte Wärmflasche ist noch so eine oft unterschätzte Gefahrenquelle. "Ich hatte in der Klinik schon Kinder und Teenager, bei denen die kochend heiß gefüllte Wärmflasche geplatzt oder aufgegangen ist", sagt Dr. Carsten Krohn. "Verbrühungen durch Wärmflaschen kommen gar nicht selten und in eigentlich jedem Alter vor. Ich würde deshalb keine nutzen, sondern eher zu einem Kirschkernkissen greifen. Das darf aber natürlich auch nicht zu heiß sein."

Selbst wenn ihr euch schuldig fühlt: Zögert nicht, den Notruf 112 zu wählen, wenn sich ein Kind schwer verbrannt oder verbrüht hat. Mit kleinen Verletzungen könnt ihr auch zu eurem Kinderarzt oder eurer Kinderärztin gehen.

No-Go 8: Feuerzeuge rumliegen oder Kerzen unbeaufsichtigt brennen lassen

Bewahrt Streichhölzer, Feuerzeuge und Anzünder – vor allem die, die schon mit einem Klick angehen – auch mit größeren Kindern immer außer Reichweite auf. Feuer übt einen besonderen Reiz auf Kinder aus, leider können sie das Gefahrenpotenzial jedoch noch nicht verlässlich abschätzen. 

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Ein Kind mit einer brennenden (Duft-)Kerze allein im Raum lassen? Das würde der Spezialist für Verbrennungen "auch nur ganz kurz" nicht machen. Manchmal reicht eben eine Minute. "Wenn Kinder alt genug dafür sind, würde ich mit ihnen den Umgang mit Feuer üben und  die Gefahren erklären", sagt Dr. Carsten Krohn. Das hilft im besten Fall auch, Verbrennungen im Teenageralter vorzubeugen, denn Teenies sehen wir in der Klinik leider ebenfalls häufiger mit Brandverletzungen."

No Go 9: Sich selbst überschätzen 

Ohja, auch ältere Kinder sind gefährdet, sich schwer zu verbrennen. "Mögliche Gefahrenquellen im Teenageralter sind zum Beispiel Chemiebaukästen, Grills oder Feuerwerkskörper, wobei Unfälle durch letztere bei uns in der Klinik zum Glück etwas abnehmen", sagt Dr. Carsten Krohn.

Wir Eltern haben bei Kindern im Teenager-Alter nicht mehr so viel Einfluss wie bei unseren Minis. Aber: Ein Teenie, der sich über mögliche Gefahren bewusst ist, kann sie zumindest besser abschätzen.

Ein absolutes No-Go in jedem Alter ist für den Verbrennungs-Spezialisten Dr. Carsten Krohn beim Grillen flüssige Brandbeschleuniger zu benutzen. Denn hier drohen schwerwiegende Verletzungen für jede Person, die sich in der Nähe aufhält. Und das heiße Grillgitter auf den Rasen zu legen, damit es abkühlen kann, sei auch keine gute Idee. "Vor allem dann nicht, wenn Kinder barfuss im Garten herumlaufen und drauftreten könnten."

Ganz wichtig sind übrigens Rauchmelder. "Die kosten nicht viel, retten aber nachweislich Leben", sagt der Experte. Und uns allen sollte bewusst sein, wie wir im Brandfall reagieren – am besten schon in möglichst jungen Jahren.

Was tun, wenn es brennt?

Kinder sollten sofort um Hilfe rufen, andere Familienmitglieder warnen und raus aus der Wohnung rennen. Übt das gern mal spielerisch, denn kleine Kinder tendieren bei Gefahr dazu, sich zu verstecken, statt sich in Sicherheit zu bringen. Erwachsene, die das Feuer nicht gefahrlos löschen können, rufen sofort die 112. 

  • Flammen löscht ihr durch Wälzen am Boden, mit einer Decke (habt ihr eine Löschdecke?) oder mit Wasser.
  • Ausser bei brennendem Fett wie z.B. in einer Pfanne. Das erstickt ihr, indem ihr den Deckel drauf macht, falls das noch gefahrlos klappt. Denn: Mit Wasser kommt es zur extrem gefährlichen Fettexplosion!

Quellen: München Klinik: Info-Tag des brandverletzten Kindes; Interview mit Dr. Carsten Krohn, leitender Arzt des Zentrums für schwerbrandverletzte Kinder und leitender Oberarzt der Klinik für Kinderchirurgie der München Klinik Schwabing; PM Paulinchen e.V: Initiative für brandverletzte Kinder zum Thema Prävention von Verbrennungen und Verbrühungen

Wir recherchieren mit großer Sorgfalt und nutzen nur vertrauenswürdige Quellen. Die Ratschläge und Informationen in diesem Artikel ersetzen jedoch keine medizinische Betreuung durch entsprechendes Fachpersonal. Bitte wendet euch bei gesundheitlichen Fragen und Beschwerden an eure Ärztinnen, Hebammen oder Apotheker, damit sie euch individuell weiterhelfen können.

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