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Wir müssen reden!

Sharenting: Warum sich Eltern mit Kinderfotos im Netz eingehend beschäftigen müssen

Sharenting Kinderfotos im Netz

Sharenting ist vielen Eltern kein Begriff. Und doch tun sie es. Uns ist wichtig, dass ihr möglichst aufgeklärt eine Entscheidung darüber trefft, ob und wie ihr eure Kinder im Netz präsentiert.

Was ist Sharenting?

"Sharenting ist ein Kofferwort. Es setzt sich zusammen aus "share", also teilen und "parenting", also Verhalten der Eltern bzw. Erziehung. Es steht dafür, dass Eltern ihre Kinder im Netz zeigen, dass sie Informationen über sich und ihre Kinder preisgeben. Letztlich natürlich auch, weil sie so stolz auf ihre Kinder sind und das mit allen teilen wollen. Für manche Eltern sind mittelbar auch Reaktionen auf die Bilder ihrer Kinder z. B. in Form von Likes oder Kommentaren wichtig." Das sagt der Cyberkriminologe Dr. Thomas-Gabriel Rüdiger im Gespräch mit uns.

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Was ist an Sharenting problematisch?

Wir alle sind stolz auf unsere Kinder, wieso ist Sharenting dann problematisch? Es kann doch alle Welt wissen, wie toll unser Nachwuchs ist. Eben nicht! "Ein Problem ist, dass es auch Eltern gibt, die relativ unreflektiert ihre Kinder im Netz posten", so der Cyberkriminologe. Allerdings, es sind halt nicht nur die Eltern, die Kinder in den Sozialen Medien teilen.

Dr. Thomas- Gabriel Rüdiger sagt: "Sharenting geht mir eigentlich nicht weit genug, weil es begrifflich ja nur die Eltern erfasst. Aber was ist mit den Freunden, Bekannten, Verwandten? Auch die teilen ja Informationen."

Wer betreibt Sharenting?

Nicht nur ganz normale Eltern wie wir sie sind betreiben Sharenting, die Promis sind da ganz vorn dabei. Denn auch sie versorgen uns viel zu oft mit allerlei privaten Einblicken aus dem Leben ihrer Kinder. Weil sie mehr Follower*innen haben als die meisten Eltern, sind die Gefahren, denen die Kinder ausgesetzt sind, hier nur deutlich höher. Denn natürlich können auch Promis sich entscheiden, ihre Kinder aus der Öffentlichkeit rauszuhalten, Heidi Klum oder auch Oliver Pocher beweisen das seit Jahren.

Warum ist Sharenting gefährlich?

Werden die Bilder öffentlich auf Facebook oder Instagram geteilt, haben Eltern keine Kontrolle mehr, wer diese Bilder sieht und was mit ihnen passiert. Sie können verfremdet werden, sie können im Darknet auftauchen und auch von Pädophilen benutzt werden. Das liest sich immer wie ein großes Schreckgespenst und viele Eltern glauben, dass das ausgerechnet ihnen nicht passieren wird.

Aber das stimmt einfach nicht. Denn wenn ihr nicht aktiv im Darknet oder auf irgendwelchen einschlägig bekannten Seiten nach Fotos eurer Kinder sucht, dann werdet ihr niemals erfahren, ob die Bilder eurer Kinder dort gelandet sind. Es gibt ja kein Alarm, der euch darüber informiert.

Kinderfotos im Netz

Immer wieder gibt es aber auch öffentlich zugängliche Seiten, auf denen Kinderfotos die im Netz kursieren, auftauchen. Sie werden hier vorgestellt unter dem Deckmantel des Kinderschutzes. Angeblich sollen Eltern auf diese Weise sensibilisiert werden, dass die Fotos, die sie posten für alle Welt zugänglich ist. Dr. Thomas-Gabriel Rüdiger gibt aber zu bedenken, dass es dem Kind nicht hilft, wenn solche Seiten die Bilder auch noch weiterverbreiten und konzentriert sammeln.

2016 hatte das die inzwischen gelöschten Facebook-Seite "Little Mister und Misses" genau so vorgemacht. Viele glaubten, dass es sich um eine Warnmaßnahme handelt und wurden stutzig, als immer wieder auch leicht bekleidete Kinder gezeigt wurden. Die Seite stand aber unter dem Verdacht zur Anlaufstelle für Pädophile geworden zu sein und ging 2017 nach Klagen offline. Neue Seiten dieser Art gibt es aber immer wieder.

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Nicht nur Fotos sind gefährlich

Fotos von unseren Kindern setzen sie einer größeren Gefahr aus. Aber auch schriftliche Informationen zählen zu Sharenting. Die beliebten Elternblogs, von denen ich beispielsweise auch einen unterhalte, können für Kinder genauso gefährlich sein. Dann nämlich, wenn in ihnen sehr viel Privates geteilt wird, die Kinder auch namentlich bekannt sind.

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Der Cyberkriminologe gibt dennoch den Hinweis, dass es für eine künstliche Intelligenz schwieriger sein könnte, Geschriebenes im Kontext zu analysieren. Bei Fotos könnte das durch Gesichtserkennungssoftwares deutlich einfacher fallen. "Deswegen kann ich nur raten: Beides lieber nicht machen. Wenn sich Eltern dennoch dafür entscheiden, dann nur reflektiert und so wenig Informationen wie möglich preisgeben."

Promis betreiben Sharenting

Immer wieder erklären Social Media-Stars, dass sie über das Teilen von Fotos im Vorfeld mit ihren Kindern gesprochen haben, dass Neun-oder Zwölfjährige mit diesem oder jenem Foto einverstanden sind. Das kann aber gar nicht der Fall sein. Denn niemand, auch nicht die Eltern, kann wirklich überblicken, was in der Zukunft technisch möglich sein wird. Und ein Kind ist noch viel weniger dazu in der Lage als ein Elternteil zu erkennen, welche Gefahren aus dem Netz drohen.

"Man kann nur reflektierte Entscheidungen treffen, wenn man das Wissen um potentielle Auswirkungen hat", sagt Dr. Thomas-Gabriel Rüdiger. Und was genau mit den Fotos, auf denen euer Nachwuchs eindeutig identifizierbar ist, wirklich passiert, das könnt ihr nicht wissen.

Recht auf Privatsphäre

Kinder haben ein Recht auf Privatsphäre. Und die gilt es auch im Netz zu schützen. Erinnert ihr euch noch an all eure peinlichen Begebenheiten aus der Jugend? Wie wäre es für euch, wenn das alles als lustige Anekdote heute im Netz landen würde? Im besten Fall ein bisschen doof, im schlimmsten Fall würdet ihr Opfer von Mobbingattacken werden. Indem ihr euch mit dem Thema Sharenting auseinandersetzt, schafft ihr eine gute Grundlage für eure Kinder, dass dies nicht passiert.

Warum müssen wir über Sharenting reden?

Das Ziel über Sharenting aufzuklären ist nicht, dass Kinder nun im Netz überhaupt nicht mehr stattfinden. Es geht vielmehr darum sicherzustellen, dass sie nicht direkt gezeigt werden. Beachtet doch folgende Hinweise und macht auch bei der Initiative "Schau hin" schlau.

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  • Keine Fotos frontal von vorn hochladen.
  • Keine Kinderfotos als Status-Update, auch nicht bei Whats App und Co.
  • Überprüft regelmäßig eure Privatsphären-Einstellungen in den sozialen Netzwerken
  • Achtet darauf, dass keine personenbezogenen Daten preisgegeben werden. Dazu zählt übrigens auch, dass ihr nicht zeigt, in welcher Straße ihr wohnt.
  • Die Verantwortung nicht auf die Kinder abwälzen. Ihr seid die Eltern, ihr trefft die Entscheidung, euer Kind kann die Tragweite dessen gar nicht begreifen
  • Sprecht mit eurem Nachwuchs darüber, dass es selbst auch keine Fotos von sich oder anderen postet. Medienkompetenz bei Kindern wird extrem unterschätzt, ist aber etwas, womit ihr euch auseinandersetzen müsst.

Verrate uns, welche Videospiele du zockst – wir sagen dir, wie alt du bist!

Andrea Zschocher

Meine Meinung

Ich habe einen Elternblog und teile da auch einiges aus dem Leben mit meinen Kindern. Und doch tue ich das sehr bewusst, es gibt keine Fotos, keine Namen oder Daten. Im Gespräch mit Dr. Thomas-Gabriel Rüdiger ist mir trotzdem noch mal klar geworden, dass auch ich meine Kinder natürlich ein Stück weit einer Gefahr aussetze. Nicht der, dass ihre Fotos irgendwo landen, wohl aber, dass die Texte über sie sie zu einer Angriffsfläche machen.

So bleibt es für uns alle ein wichtiges Abwägen, was wir von unseren Kindern teilen. Wichtig ist, dass wir uns vor dieser Entscheidung nicht drücken und nur auf das Beste hoffen, sondern aktiv dafür einstehen.

Andrea Zschocher

Bildquelle: getty images / iStock / Getty Images Plus / Filipovic018