Beim permissiven Erziehungsstil geht es weniger um Grenzen und Regeln und mehr um Toleranz, Freiheit und Verständnis. Klingt super, kann aber auch negative Auswirkungen auf das Familienleben und die kindliche Entwicklung haben. Und auch unsere Eltern-Kind-Beziehung kann darunter leiden, wenn die Rollen nicht klar aufgeteilt sind. Alle Merkmale, Vor- und Nachteile des permissive Parenting – und was ihr tun könnt, um gesunde Regeln und Grenzen einzuführen.
Unser Erziehungsstil beeinflusst nicht nur, wie wir mit unseren Kindern kommunizieren oder wer heute den Tisch deckt: Wie wir mit unseren Kids umgehen, bestimmt ihre gesamte Kindheit, ihr späteres Leben, hat Einfluss auf ihre körperliche, geistige und soziale Entwicklung, ihre Gesundheit und ihre Beziehung zu uns und anderen. No pressure! Dabei halten die wenigsten von uns an starren Konzepten fest und nutzen eben die Ratgeber und Ansätze, die sich für uns richtig anfühlen. Diejenigen von uns, die wenig von strikten Regeln halten und ihre Kinder gerne Kinder sein lassen, fallen hier in die Kategorie des permissiven Erziehungsstils.
Woran erkennt man den permissiven Erziehungsstil?
Den permissiven Erziehungsstil erkennt man daran, dass ihr wenige Regeln aufstellt, kaum Abläufe definiert und selten Grenzen setzt. Auch und vor allem dann, wenn eure Kinder sich 'daneben benehmen', Wutanfälle haben oder alles besser wissen wollen. Euren Kids gebt ihr viel Freiraum, sie dürfen Entscheidungen treffen und ihre Kindheit so ausleben, wie es ihnen gefällt.
Gründe für permissive Parenting
Dabei resultiert der permissive Erziehungsstil selten aus Faulheit, Gleichgültigkeit oder Unwissen. Viel eher schätzen permissive Eltern Harmonie, die Selbstentfaltung ihrer Kinder und Kommunikation. Gleichzeitig halten sie wenig von Konzepten wie Disziplin, Gehorsam und Autorität. Und manchmal sind wir Eltern auch einfach permissiv, weil wir nicht weiter wissen, überfordert oder unerfahren sind. Nicht selten ist es unsere eigene Vergangenheit, weshalb wir elterliche Disziplin mit großer Ehrfurcht und Abneigung betrachten.
Merkmale der permissiven Erziehung
Permissive Eltern
- sind sehr liebevoll
- unterstützen ihre Kinder in allen Lebenslagen
- stellen Freiheit über Verantwortung
- lassen ihre Kinder an allen Entscheidungen und Plänen teilhaben und mitentscheiden
- haben wenige Anforderungen, was ihr Verhalten angeht
- vernachlässigen Strukturen und Zeitpläne
- agieren oft auf einer Ebene mit ihren Kindern, sehen sich als Freund statt Elternteil
- setzen wenige Konsequenzen
- vermeiden Konfrontationen und greifen lieber auf Bestechung und Ablenkung zurück (z. B. mit Süßigkeiten, Spielsachen, Geschenken)
Permissiver Erziehungsstil: Vor- und Nachteile
Ihr erkennt euch als permissive Eltern wieder? Um genauer zu verstehen, was dieser tolerante Erziehungsstil für eure Eltern-Kind-Beziehung bedeutet und worauf ihr besonders Wert legen wollt, sind diese Vor- und Nachteile hilfreich. Mittlerweile gibt es genügend Studien und Daten zu verschiedenen Erziehungsstilen, sodass sich ihre Auswirkungen für uns Eltern besser einschätzen lassen.
Vor- und Nachteile der permissiven Erziehung
- liebevolle Eltern-Kind-Beziehung
- bindungsorientierter Ansatz, wie im Attachment Parenting
- lebt Empathie vor
- Kinder entwickeln gute Kommunikationsfähigkeiten
- Bedürfnisse und Meinung der Kinder haben hohen Stellenwert
- Kinder entwickeln eine geringe Selbstdisziplin und
- ein schlechtes Sozialverhalten
- unterstützt eine selbstbezogene, narzisstische Sichtweise
- fehlende Grenzen bewirken tiefe Unsicherheit
Permissiver Erziehungsstil: 3 Tipps für gesunde Grenzen
Wenn ihr besonderen Wert auf die positiven Aspekte der permissiven Erziehung legt oder ihr euch mit Disziplin schwertut, seid ihr nicht allein: Viele von uns haben schließlich in der eigenen Kindheit Erfahrungen mit autoritativen Erziehungsstilen, negativer Disziplin oder sogar Misshandlungen gemacht. Genau hier setzen die Ideen des Positive Parenting, Conscious Parenting und der respektvollen Erziehung an! Denn Grenzen und Regeln müssen nicht starr, autoritär oder mit Schimpfen durchgesetzt werden. Vielmehr geben sie unseren Kinder eine Basis, mit der sie sich sicher fühlen und frei entfalten können. Und die ihnen aber auch eine gesunde, altersgerechte Verantwortung abverlangt.
#1 Dabei bleiben
Egal, ob es um kleine Absprachen oder große Verbote geht: Übt euch darin, an euren Versprechungen und Konsequenzen festzuhalten, statt am Ende doch wieder nachzugeben. Klar, Flexibilität ist gut und auch wir Eltern dürfen unsere Meinung ändern. Aber wenn ihr es aus Angst vor einem Wutanfall tut, vergebt ihr eurem Kind die Chance, Kompromisse einzugehen und gesunde Gefühle wie Enttäuschung, Wut und Trauer zu erfahren.
#2 Natürliche Konsequenzen einsetzen
Ihr seid kein Fan von Strafen oder Schreiattacken, weil euer Kind nicht 'gehört' hat? Wir auch nicht! Mit etwas Übung könnt ihr lernen, natürliche Konsequenzen einfach entstehen zu lassen. Denn das unangenehme Resultat aus der Handlung entsteht ganz von selbst – und ihr zeigt euren Kindern das Prinzip von Ursache und Wirkung auf eine liebevolle und passive Weise.
Ein Beispiel: Euer Kind will partout keine Jacke anziehen? Fein, dann geht es eben ohne raus! Natürlich könnt ihr sie für den Notfall trotzdem einpacken. Aber lange Diskussionen, Machtkämpfe und Schimpfen fallen weg. Und euer Kind lernt auf natürliche Weise, was das nächste Mal vielleicht besser läuft.
#3 Früh Grenzen setzen
Schon Maria Montessori war eine große Vertreterin von Grenzen, die z. B. in der respektvollen Erziehung eine große Rolle spielen. Sie geben unseren Kindern Sicherheit und schützen uns davor, unsere Fassung zu verlieren. Das Tolle: Anders als Regeln sind Grenzen flexibel und können neu gesetzt oder verschoben werden.
Die Expertin Janet Lansbury ist so z. B. der Meinung, dass Grenzen und natürliche Konsequenzen starre Regeln ersetzen können. Es gibt kein Dürfen oder Müssen, nur ein lassen: Übt euch in dem Satz: "Ich lasse dich das nicht ... (anschauen, anfassen, essen usw)". So setzt ihr ein Limit, BEVOR euer Kind mit einem ungewollten Verhalten beginnt. Gleichzeitig führt ihr ein authentisches Gespräch. Besonders bei Kleinkindern könnt ihr so unnötige Wutanfälle verhindern.
Welche Auswirkungen hat ein permissiver Erziehungsstil auf mein Kind?
Studien zeigen, dass Kinder permissiver Eltern als Erwachsene häufiger Probleme in folgenden Gebieten entwickeln können:
- geringere Erfolgsschancen und schlechtere Noten: Wenn wir als Eltern keine Erwartungen an die Initiative unserer Kinder haben, stellen wir die Bedeutung von guten Leistungen infrage. Das hat die Folge, dass sich Kinder weniger Mühe geben, ihre Ziele zu erreichen und diese als unwichtig ansehen.
- schlechte Entscheidungen: Indem wir Eltern keine klaren Richtlinien und Werte vorleben, leidet die Entscheidungsfähigkeit unserer Kinder. Gleichzeitig fällt es ihnen schwerer, Probleme zu lösen, weil sie mit ihnen kaum konfrontiert wurden.
- geringe Selbstdisziplin: Überlassen wir Kindern Entscheidungen zu Screen Time, Schlafenszeit, Essen, Süßigkeiten etc. selbst, können schnell negative Muster und Abhängigkeiten entstehen, die sich vielleicht im Erwachsenenalter fortsetzen und verschlimmern.
- höheres Risiko von Alkohol- und Drogenmissbrauch: In einer Studie waren Teenager permissiver Eltern sogar 3 mal mehr gefährdet, zu viel zu trinken. Die Wissenschaftler*innen gehen davon aus, dass auch das Risiko von Drogenkonsum und Straftaten steigt.
Mix it up!
Wenn ihr das lest und viele dieser Eigenschaften in eurem Erziehungsstil wiedererkennt, müsst ihr nicht gleich in Panik verfallen. Die meisten von uns Eltern wenden (bewusst oder unbewusst) eine Mischung verschiedener Erziehungsstile an.
Und auch wir finden uns häufig in Situationen wieder, in denen wir aus Müdigkeit, Angst, Unwissen oder einfach um unsere Nerven zu schonen, Grenzen nicht rechtzeitig setzen, Regeln nicht durchsetzen und unsere Kinder 'einfach machen lassen'.
Dass die Erziehungsstile in ihrer reinen Form gelebt werden, das ist heutzutage selten. Und dass bestimmte Elemente des permissive Parenting auch echte Vorteile bringen, sieht man z. B. im Attachment Parenting und Lazy Parenting. Die Mischung macht's!
Welche Erziehungsstile gibt es eigentlich noch? Ganz schnell erklärt findet ihr sie hier:
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