Kombinationsimpfstoffe können gegen bis zu sechs Krankheitserreger auf einmal gerichtet sein. So schützt eine Sechsfach-Impfung, die bei fast jedem Säugling und Kleinkind standardmäßig angewendet wird, vor Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Kinderlähmung, Hepatitis B und dem Bakterium Haemophilus Influenzae Typ b (Hib). Überfordert eine solche Impfung das Baby? Mit welchen Nebenwirkungen ist zu rechnen? familie.de hat bei einem Kinderarzt nachgefragt ...
Die Impfung soll relativ früh durchgeführt werden. Warum?
Mit dem vollendeten zweiten Lebensmonat erhält der Säugling die erste Impfung, die zweite und die dritte jeweils nach vier Wochen. Abgeschlossen wird die Grundimmunisierung zu Beginn des zweiten Lebensjahres. Es ist wichtig, dass die Babys möglichst früh geimpft werden, denn im Alter von fünf bis sechs Monaten haben sie die Leihimmunität der Mutter, den sogenannten Nestschutz, vollständig verloren. Die Impfung ist die wirksamste und nachhaltigste medizinische Maßnahme. Dank Impfungen können uns und unseren Kindern viele Infektionskrankheiten erspart bleiben.

Stellt eine Sechsfach-Impfung nicht eine Überbelastung für das Immunsystem dar?
Da das kindliche Immunsystem problemlos auf tausende von Antigenen reagieren kann, ist die Sorge einer Überlastung unbegründet. Die Belastung für das Kind ist bei einer Sechsfach-Impfung sogar deutlich geringer als bei mehreren entsprechenden Einzelimpfungen. Ohne Kombinationsimpfstoffe müsste man sich im Kindesalter mehr als 30 empfohlenen Einzelimpfungen stellen. Dass Kombinationsimpfstoffe das kindliche Immunsystem nicht schwächen, konnte inzwischen auch in einer Vielzahl von Studien dokumentiert werden.1
Wie wichtig ist Ihnen eine umfassende Studienlage bei der Sechsfach-Impfung?

Ein breiter Erfahrungsschatz ist mir sehr wichtig. Ich verwende daher den Impfstoff, mit dem schon langjährige Erfahrungen vorliegen. Ich schätze dabei eine nachgewiesene gute Verträglichkeit und ihre Wirksamkeit. Der Impfstoff kann problemlos im gleichen Zeitfenster mit den üblichen Standard-Kinderimpfstoffen verabreicht werden, zusätzliche Arzttermine und lästige Wege für die Eltern entfallen damit.
Sind nach der Impfung Nebenwirkungen zu erwarten?
Impfreaktionen, wie zum Beispiel Rötungen oder Schwellungen an der Einstichstelle, Schmerzen und Fieber können bei über 10 Prozent der Babys auftreten. Diese Impfreaktionen sind aber nur ein Hinweis darauf, dass das Immunsystem auf die Impfung anspricht. Daher gibt es keinen Grund zu Besorgnis.
Warum ist der Schutz durch die Impfung so wichtig?
Dank relativ guter Impfraten erkranken heute nur noch wenige Kinder in Deutschland beispielsweise an Kinderlähmung oder Diphtherie. In anderen Ländern sind solche Krankheiten dagegen noch sehr verbreitet. Daher könnte es ohne eine konstant hohe Durchimpfungsrate immer wieder zum Ausbruch einer Epidemie kommen.
Es gab den Verdacht, dass nach der Sechsfach-Impfung ein erhöhtes Risiko für den plötzlichen Kindstod besteht. Müssen sich Eltern Sorgen machen?
Im Jahr 2000 wurden zwei Sechsfachimpfstoffe zugelassen. Plötzliche und unerwartete Todesfälle von Kindern im Alter von bis zu 2 Jahren kurz nach einer Sechsfachimpfung erweckten den Verdacht, es könne ein Zusammenhang zwischen Sechsfachimpfungen und dem Risiko für einen plötzlichen, unerwarteten Tod bestehen. Die anschließend duchgeführte TOKEN-Studie sollte mögliche Zusammenhänge klären. Die gute Nachricht ist: Der Verdacht konnte nicht bestätigt werden.2 Zwar wurden ausschließlich plötzliche, unerklärte Todesfälle untersucht – es wurden keine Daten über die allgemeine Kindersterblichkeit nach Impfungen erhoben –, trotz dieser Einschränkung kann man aber feststellen: Das Risiko, innerhalb einer Woche nach Impfung plötzlich und unerklärt zu versterben, ist bei sechsfach geimpften Kindern nicht erhöht. Eltern brauchen sich darüber keine Sorgen zu machen.
1Nach Otto SE, et al. J Infect 2000, 41, 172–175
2Die Studie wurde vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) inhaltlich und finanziell gefördert. An der Finanzierung waren zusätzlich die beiden pharmazeutischen Firmen Sanofi Pasteur MSD und GlaxoSmithKline Biologicals beteiligt. Es war vertraglich festgelegt, dass die Sponsoren der pharmazeutischen Industrie weder Einfluss auf das Design und die Durchführung der Studie noch Zugang zu den Daten hatten.
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