Lasst uns mehr vorlesen! Die meisten Kinder lieben es nicht nur, mit Mama, Papa, Tante oder Opa gemeinsam in neue Welten einzutauchen, es erleichtert ihnen auch selbst sprechen und lesen zu lernen. Warum trotzdem 39 % der Eltern ihren Kids zwischen 1 und 8 Jahren kaum bis nie vorlesen. Weshalb das ein Problem für den Nachwuchs werden kann – und welche Lösungen es für fast jedes "Ich lese nicht, weil…" gibt.
39 % der Eltern in Deutschland lesen ihren Kindern selten oder nie vor…
Das ist das eher traurig stimmende Ergebnis des Lesemonitors 2022, einer gemeinsamen Studie von Stiftung Lesen, Zeit und Deutscher Bahn Stiftung. Name und Design sind neu, die Studie baut aber auf den Vorlesestudien auf, die die Beteiligten seit 2007 jedes Jahr unter einem bestimmten Motto durchführten. Ab jetzt sollen immer Basisfragen gestellt werden, um die Ergebnisse besser vergleichen und langfristige Trends nachvollziehen zu können.
839 Mütter und Väter von 1- bis 8-jährigen Kindern wurden dafür zu ihrem Vorleseverhalten befragt. Die gute Nachricht: 61 % der Eltern lesen ihren Kindern regelmäßig vor. Schließlich zählt das Vorlesen zu den wichtigsten Impulsen für unsere Kids:
"Kinder, denen regelmäßig vorgelesen wird, haben besonders gute Startchancen. Sie haben früh einen größeren Wortschatz, lernen leichter lesen, sind einfühlsamer und haben in vielen Fächern bessere Schulnoten."
Stiftung Lesen
Die Gründe dafür sind teils erstaunlich
Warum 39 % der Eltern ihren Kindern nie oder nur selten vorlesen? Da gibt es einige Gründe, zu denen es fast immer eine Lösung gibt. Im aktuellen Lesemonitor entpuppte sich der eine geringe formale Bildung als „Risikofaktor“. In rund 31 Prozent der Nicht- oder Wenigleser-Familien haben die Eltern gar keinen, einen Volks- oder Hauptschulabschluss.
In der Vorlesestudie 2020 gaben Eltern folgende Gründe an, warum es bei ihnen am Vorlesen scheitert:
- Wenig Zeit: Die Hälfte der Eltern hat im Haushalt zu tun und ist zu erschöpft zum Vorlesen.
- Keine Bücher: Oft mangelt es an Vorlesestoff. 68 % der befragten Haushalte geben an, dass ihre Kinder maximal zehn Bücher besitzen.
- Wenig Spaß am Vorlesen: 49 % der Eltern macht Vorlesen schlicht keinen Spaß.
- Sehen sich nicht in der Verantwortung: 48 % der befragten Eltern sagten, dass ihren Kindern woanders schon genug vorgelesen wird, vor allem in der Kita.
- Kind hat kein Interesse: „Mein Kind will gar nicht vorgelesen bekommen", stellten 31 % der Eltern fest.
- „Ich finde Vorlesen nicht so wichtig", sagten 27 %.
- „Vorlesen ist altmodisch, heutzutage kann man Kinder mit modernen Medien beschäftigen", finden 25 %.
So integrieren wir das Vorlesen in unseren Alltag
Während es die einen lieben, mit ihren Kids in andere Welten einzutauchen, durch Bilderbücher zu blättern und mit ihren Grundschülern erste Geschichten zu lesen, ist Vorlesen für andere eine zusätzliche Belastung in ihrem Alltag. Dabei gelte, sagt Dr. Rainer Esser, Geschäftsführer der Zeit Verlagsgruppe: "Schon fünf Minuten Vorlesen sind besser als nichts.“ Und: Je mehr Bücher im Haushalt, desto mehr Eltern lesen regelmäßig vor…
Wer lesen will, braucht Bücher, Zeit und Unterstützung:
- Bücher wünschen. Bekommen Kinder Bücher zum Geburtstag und Weihnachten geschenkt, erhöht das die Wahrscheinlichkeit, dass ihre Eltern häufiger vorlesen.
- Nicht jedes Buch muss neu sein. Vielleicht hat der Cousin Bücher, aus denen er rausgewachsen ist – oder das Nachbarsmädchen verkauft ihre für wenig Geld. Auch Ebay Kleinanzeigen oder Portale (z.B. Amazon, Medimops) und Vereine, die gebrauchte Bücher verkaufen, helfen beim Geld sparen. Gleiches gilt für Second Hand-Läden.
- Außerdem gibt es fast überall Bibliotheken. Sich hier ein Buch – oder gleich mehrere Bücher – auszuleihen und es gemeinsam wieder zurückzubringen, kann neben dem Vorlesen ein schönes Eltern-Kind-Ritual sein. Einige Bibliotheken bieten auch Vorlese-Tage und Aktionen mit AutorInnen an.
- In vielen Städten und Gemeinden stehen Bücher-Schränke, aus denen ihr euch einfach etwas zum (Vor)Lesen holt – und es danach wieder reinstellt.
- Manche Kindergärten und Schulen verleihen nach Rücksprache Bücher zum Vorlesen. Wer sich extrem schwer tut, weil er aus seiner Sicht nicht gut genug liest oder der daran so gar keine Freude findet, könnte jemand anders in der Familie oder im Freundeskreis bitten, ab und zu einzuspringen.
- AutorInnen von Kinderbüchern lesen ihre Geschichten oftmals in sozialen Netzwerken wie YouTube oder Instagram vor. Das ist eine Möglichkeit, Kindern zusätzliche Vorlese-Zeit zu ermöglichen.
- Und last but not least: Wer zu den Menschen zählt, die anderen gerne etwas vorlesen: Tut das, bietet es an und verschenkt auch mal Bücher, die ihr besonders gern vorgelesen habt. Manchmal reicht ein Stups, um vom Lesemuffel zum Vorlese-Fan zu werden.
Happy Vorlesetag 2022
Wie wichtig Vorlesen ist, darauf macht jedes Jahr der Vorlesetag am dritten Freitag im November aufmerksam. Im Jahr 2022 findet er also am 18. November statt und bietet viele schöne Aktionen zum Motto "Gemeinsam einzigartig". Mehr Infos zum Vorlesetag findet ihr auf der Homepage zum Vorlesetag.
Natürlich haben auch wir jede Menge Buch-Tipps für euch und eure Kinder. Da wären zum Beispiel saisonale Vorlese-Geschichten wie Adventskalender-Bücher, die in 24 Kapiteln erzählt werden, Kinderbücher, die Diversität feiern, Bücher für Erstklässlerinnen sowie Bücher für Teenager oder weitere Bände zu Kino-Hits wie "Die Schule der magischen Tiere".
Sogar kreative Freundebücher und Sachbücher für Kinder machen zusammen angeschaut und gelesen noch mehr Spaß. Bücher über nachhaltiges Leben, Klima und unsere Umwelt gibt es immer mehr richtig Gute. Und manche Kinder-Bücher helfen dabei, die eigene Sprachlosigkeit zu überwinden. Wie etwa diese Kinderbücher zum Thema Brustkrebs oder diese zu Flucht und Geflüchteten.
Zum 2022-Motto "Gemeinsam einzigartig" empfiehlt Stiftung Lesen unter anderem diese Bücher, die auch wir euch ans Herz legen können:
Hier findet ihr die komplette Liste der Stiftung Lesen.
Unsere Kollegin Andrea hat außerdem ein Vorlese-Spielzeug getestet, das theoretisch zwischendurch mal einspringen kann:
Bildquelle: Getty Images/ eyesfoto
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