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Präimplantations­diagnostik: In welchen Fällen sie beantragt werden kann

Präimplantationsdiagnostik

Wenn innerhalb der Familie sehr schwere vererbbare Erkrankungen bekannt sind, ist die Kinderplanung oft eine emotionale und körperliche Herausforderung. Die Präimplantationsdiagnostik ermöglicht solchen Paaren mit Kinderwunsch, die Embryonen vor einer Schwangerschaft auf genetische Dispositionen untersuchen zu lassen. Bis 2010 war dies in Deutschland noch generell verboten und ist seit 2014 mit strengen Einschränkungen für bestimmte Paare möglich, wenn es von einer Ethikkommission genehmigt wird. Welche Bedingungen dafür gelten und welche medizinischen, juristischen und ethischen Fragestellungen es dabei gibt.

Was ist Präimplantationsdiagnostik?

Dabei handelt es sich um die Möglichkeit der Reproduktionsmedizin, das Erbgut eines Embryos auf genetische Erkrankungen und Fehlbildungen zu untersuchen. Paare, von denen einer oder beide eine schwere Erkrankung vererben könnten, erlangen dadurch Gewissheit über die Genetik des Embryos. Durchgeführt wird die Präimplantationsdiagnostik (kurz PID) außerhalb des Körpers.

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Der Frau werden dafür Embryos im Frühstadium noch vor einer festgestellten Schwangerschaft entnommen und mittels einer geeigneten Methode untersucht, die nicht unumstritten ist, weil sie die Zellstruktur der sogenannten gefährlich verletzen könnten. Per künstlicher Befruchtung werden dann nur jene vorselektierten Embryonen wieder in die Gebärmutter eingesetzt, die keine genetisch bedenklichen Veränderungen aufweisen.

Präimplantationsdiagnostik: Rechtliche Hintergründe

Diese Form der genetischen Untersuchung und Vorauswal von Embryonen war in Deutschland bisher durch das Embryonenschutzgesetz verboten worden und damit strafbar. Im Jahr 2010 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) diese Gentests an Embryonen in bestimmten schweren individuellen Fällen für zulässig erklärt – zum Beispiel bei schweren Erbkrankheiten. Ein Jahr später, im Juli 2011, stimmte der Bundestag einem überparteilichen Gesetzentwurf – und damit einer Änderung des Embryonenschutzgesetzes - zu. Damit blieb die PID weiterhin im Grundsatz verboten. Für Ausnahmen wurden enge Grenzen gesetzt. Beim BGBL könnt ihr euch das Gesetz im Wortlaut durchlesen.

Die dafür nötige Verordnung gilt seit dem 1. Februar 2014. Damit ist es Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch in engen Grenzen erlaubt, das Erbgut der Embryonen untersuchen zu lassen. Diese Paare können die Präimplantationsdiagnostik nach einer künstlichen Befruchtung per IVF oder ICSI durchführen lassen, wenn ihre Erbanlagen eine Tot- oder Fehlgeburt oder eine schwere Krankheit des Kindes wahrscheinlich machen.

Im Video erläutern wir kurz, welche Methoden der künstlichen Befruchtung es gibt und was dabei passiert:

Unerfüllter Kinderwunsch: Diese Methoden können helfen
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Für diese Paare könnte Präimplantationsdiagnostik in Betracht kommen

Welche Erbkrankheit als "schwerwiegend" angesehen wird, ist nicht exakt gesetzlich geregelt. Der Einzelfall muss genau betrachtet und von einer Ethikkommission bewertet werden. Folgende Erkrankungen könnten lediglich beispielhaft als Grund für ein solches Verfahren gesehen werden:

  • Chorea Huntington
  • Mukoviszidose
  • Robertson-Translokation

Wenn eine Familie bereits Kinder mit einer solchen Erkrankung hat oder ein naher Verwandter davon betroffen ist, wäre die Indikation gegeben. Ob eine PID jedoch genehmigt wird, ist sehr individuell und kann nicht pauschal angegeben werden. Berücksichtigt werden müssen neben vielen ethischen Fragen auch die Schwere des Krankheitsbildes, bestehende Therapiemöglichkeiten und die Lebenserwartung.

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"Diese Ausnahmen liegen dann vor, wenn auf Grund der genetischen Disposition der Frau, von der die Eizelle stammt oder des Mannes, von dem die Samenzelle stammt, oder von beiden, für deren Nachkommen das hohe Risiko einer schwer­wiegenden Erbkrankheit besteht oder wenn eine schwerwiegende Schädigung des Embryos, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Tot- oder Fehlgeburt führen wird, festgestellt werden soll."

Paul-Ehrlich-Institut

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Kosten des PID-Verfahrens

Die Kosten der Untersuchung und Behandlung sind immens und müssen vollständig privat getragen werden. Laut familienplanung.de können für die Arbeit der Ethikkommission bis zu 4000 € anfallen. Dazu kommen noch die Kosten für die künstliche Befruchtung, die unterschiedlich hoch sind je nach Methode und Anzahl. Hier beteiligt sich jedoch die gesetzliche Krankenkasse unter bestimmten Voraussetzungen, die man jeweils zuvor erfragen sollte. Insgesamt können für eine PID bis zu 10.000 € anfallen.

Das aktuelle Verfahren bei der PID und ethische Fragen

Wer eine PID durchführen lassen möchte, muss sich einem aufwendigen und langwierigen Verfahren unterziehen. Denn bei der Selektion eines Embryos werden rechtliche und ethische Fragen berührt, die seit vielen Jahren stark in der Diskussion sind. Die Befürworter betonen, dass die PID durch die gesetzliche Regelung streng limitiert ist und nur sogenannten Risikopaaren in Ausnahmen helfen würde. Zudem sei sie körperlich und seelisch weniger belastend als ein Schwangerschaftsabbruch mit geschädigtem Embryo.

Kritiker hingegen mahnen an, dass sich Ärzte und Eltern hier einer großen ethischen Verantwortung bewusst sein müssten, die man nicht ohne Weiteres tragen könne und Menschen mit schweren Krankheiten diskriminiert werden. Wer entscheidet darüber, welches Leben wertvoll ist und welches nicht? Haben Menschen mit einer kurze Lebenserwartung oder Behinderung kein Recht auf ihr Leben?

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Notwendig und Voraussetzung für ein Präimplantationsverfahren sind humangenetische sowie psychosoziale Beratungen durch entsprechende zugelassene Fachärzt*innen. Zudem muss der Antrag auf diese Form der Diagnostik bei der jeweils zuständigen Ethikkommission eingereicht werden und eine Zustimmung erhalten. Durchgeführt wird die PID dann in ausgewählten Kinderwunsch-Zentren mit einer speziellen PID-Zulassung. Für die genaue Umsetzung sind die Länder verantwortlich.

Nach wie vor verboten bleiben die Geschlechtswahl und die Selektion von Embryonen anhand genetischer Merkmale, um die Geburt einer "Wunschtochter" oder eines "Wunschsohnes" zu ermöglichen.

Quellen: Paul Ehrlich Institut, Bundesministerium für Gesundheit

Bildquelle: Getty Images/wildpixel