Die Freund*innen der Kinder reißen bei ihrem Besuch fast das Haus ab? Fremde Kids rennen im Restaurant permanent um euren Tisch? Oder der Junge im Sandkasten nimmt eurem Kind dauernd die Schaufel weg? Wie wir fremden Kindern Grenzen setzen können, ohne als Spielverderbende dazustehen.
- 1.So können wir fremden Kindern Grenzen setzen
- 1.1.#1 Die Eltern ansprechen
- 1.2.#2 Auf Augenhöhe kommunizieren
- 1.3.#3 Lösungen suchen
- 1.4.#4 Respekt bewahren
- 1.5.#5 Regeln klar kommunizieren
- 1.6.#6 Wichtigkeit abwägen
- 1.7.#7 Bei Gefahr eingreifen
- 1.8.#8 Nicht öffentlich maßregeln
- 2.Ist es strafbar, ein fremdes Kind anzuschreien?
- 3.Wie sprechen wir Eltern an, um fremden Kindern Grenzen zu setzen?
- 4.Das fremde Kind hört nicht: Was kann ich jetzt noch tun?
- 5.Was können wir beachten, wenn die eigenen Kinder bei Fremden zu Gast sind?
So können wir fremden Kindern Grenzen setzen
Fremden Kindern Grenzen zu setzen, kann uns Eltern schnell ins Schwitzen bringen. Schließlich haben wir alle unterschiedliche Erziehungsstile. Es ist nicht unsere Aufgabe, die Erziehung eines fremden Kindes zu übernehmen. Andererseits möchten wir unsere persönlichen Grenzen wahren, unser eigenes Kind beschützen und respektloses Benehmen nicht dulden.
8 Tipps, wie wir die Gratwanderung zwischen Toleranz und Strenge meistern und fremden Kindern angemessen Grenzen setzen können:
#1 Die Eltern ansprechen
Ein fremdes Kind spritzt uns im Schwimmbad dauernd nass, benimmt sich im Restaurant so sehr daneben, dass wir nicht in Ruhe essen können oder ärgert unseren Nachwuchs auf dem Spielplatz? Klar, zuerst könnt ihr mal bisschen kritisch in seine Richtung schauen, vielleicht hört das Kind dann von selbst auf.
Ihr fühlt euch aber wirklich gestört? Dann haltet nach den Eltern des Kindes Ausschau und kommuniziert ihnen, dass ihr das Verhalten unangemessen findet: "Euer Kind stört mich/mein Kind. Könnt ihr bitte dafür sorgen, dass es aufhört?" So müsst ihr nicht dem Kind direkt Grenzen setzen, sondern könnt über die gehen, deren Aufgabe das ist: seine Eltern.
Meist löst sich damit die Situation schon auf, da es den meisten Eltern unangenehm ist, wenn sich ihr Kind schlecht benimmt und sie an dieser Stelle eingreifen.
#2 Auf Augenhöhe kommunizieren
Die Eltern reagieren aber nicht bzw. das Kind hört nicht auf? Dann könnt ihr es jetzt auch direkt ansprechen. Begebt euch dazu am Besten nah an das Kind und auf seine Augenhöhe, damit es bemerkt, dass es gemeint ist. Bitte das Kind aber nicht einfach anfassen. Sprecht freundlich aber klar mit ihm: "Dein Verhalten stört mich/mein Kind. Hör bitte damit auf."
#3 Lösungen suchen
Vielleicht ist es sogar möglich, dem Kind direkt eine Alternative und damit einen "eleganten" Ausweg aus seiner Situation aufzuzeigen: "Gib meinem Kind bitte seine Schaufel wieder. Schau mal, ich habe hier statt dessen einen Eimer, mit dem kannst du sandeln."
#4 Respekt bewahren
Auch wenn das Kind echt nervt: Kommuniziert klar aber respektvoll mit ihm und bleibt sachlich und ruhig. Beschimpft es nicht und wertet es nicht ab, auch seine Eltern nicht.
#5 Regeln klar kommunizieren
Wenn das fremde Kind bei euch zu Hause gegen Regeln verstößt, ist die Situation meist etwas unkomplizierter: Ihr habt gewisse Regeln, die bei euch zu Hause eingehalten werden. Und die gelten auch für Besuchskinder, ganz gleich ob es sich um „Schuhe an der Haustür ausziehen“, „Kein Ballspielen in der Wohnung“ oder „Schimpfwörter, nein danke“ handelt.
Aber natürlich kann man von Gastkindern nicht erwarten, dass sie diese Regeln erahnen. Jede Familie setzt beim Zusammenleben ihre eigenen Prioritäten und die Grenzen im eigenen Elternhaus sind möglicherweise ganz anders gesteckt. Darum ist es wichtig, die Regeln zu kommunizieren – freundlich aber klar. Die meisten Kids halten sich dann sofort daran.
#6 Wichtigkeit abwägen
Das Kind spritzt euch im Schwimmbad nass aber ihr geht ohnehin gleich ins Wasser? Dann könnt ihr die Spritzer vielleicht einfach ignorieren. Oder das Besuchskind benutzt bei euch zuhause keine Serviette, sondern putzt seine Hände an seinem T-Shirt ab? Auch wenn ihr bei euren eigenen Kindern großen Wert auf Tischmanieren legt – denkt trotzdem darüber nach, ob ihr die unbedingt auch beim Besuchskind durchsetzen müsst.
Bei Kleinigkeiten solltet ihr auch mal ein Auge zudrücken, wenn ihr nicht für unangemessen streng und spießig gehalten werden wollt. Natürlich müsst ihr es aber nicht dulden, wenn eure persönlichen Grenzen verletzt werden. Auch kommen die meisten Kinder gut damit klar, sich in fremden Familien anders zu verhalten als zu Hause. Schließlich gelten im späteren Leben auch verschiedene Regeln an unterschiedlichen Orten.
Schlimmstenfalls fühlen sich die Freund*innen der Kinder bei euch nicht wohl und möchten nicht mehr kommen oder die Eltern des Kindes, das im Schwimmbad spritzt und von euch ermahnt wurde, verdrehen die Augen. Wägt ab, was euch und euren Kindern wichtig ist.
#7 Bei Gefahr eingreifen
Das Besuchskind und euer eigener Nachwuchs sind sich nicht einig, was sie spielen möchten oder streiten? Je nach Alter der Kinder könnt ihr in dieser Situation erstmal abwarten, ob es die Kids schaffen, die Situation selbst zu lösen. Oft finden sie einen Kompromiss.
Wenn die Streitereien allerdings potenziell verletzend oder handgreiflich werden, müsst ihr mit einem deutlichen "Stopp" eingreifen. Rechtsanwälte weisen zwar darauf hin, dass ihr nicht für Schäden verantwortlich gemacht werden könnt, wenn ihr "kurzzeitig und ohne Vergütung" auf ein Kind aufpasst (sog. Gefälligkeitsaufsicht). Trotzdem sollen ja alle in Sicherheit sein – sowohl die eigenen als auch fremde Kinder. Und bei Kindergeburtstagen obliegt euch sogar eine gesetzliche Aufsichtspflicht!
Bei Konflikten unter Kindern müsst ihr nicht immer sofort eingreifen. Kinder müssen streiten lernen, um mit Problemen im späteren Leben umgehen zu können. Besonders häufig und heftig wird unter Geschwistern gestritten. Warum Geschwisterstreit so wichtig ist, zeigt unser Video:
#8 Nicht öffentlich maßregeln
Euer Nachwuchs hat mehrere Kinder zu Besuch und eines verhält sich daneben, zeigt z. B. unsoziales Verhalten, indem es alle Kekse für sich behalten und nichts abgeben will? Es nun vor allen anderen zu maßregeln, muss nicht sein. Damit erntet ihr bei dem Kind nur Frust und greift sein Selbstbewusstsein an. Mehr erreicht ihr, wenn ihr das Kind einen Moment zur Seite nehmt und ihm ruhig erklärt, warum sein Verhalten nicht geht.
Wenn es sich um ernste Vorfälle, z. B. Mobbing im Kindergarten oder der Schule handelt, wendet euch weder an das mobbende Kind noch an dessen Eltern. Kontaktiert stattdessen die verantwortliche Instanz, also die Kindergarten- oder Schulleitung. Es ist deren Aufgabe, hier einzugreifen und klar Grenzen zu setzen.
Ist es strafbar, ein fremdes Kind anzuschreien?
Anschreien per se ist juristisch gesehen noch keine Straftat. Anders sieht es aus, wenn Bedrohungen oder Beleidigungen damit einhergehen. Dann kann tatsächlich ein Straftatbestand erfüllt sein.
Denkt bitte aber immer daran: Anschreien ist Gewalt. Die dürfen wir keinem Kind antun, weder unserem eigenen noch einem fremden. Außerdem geht es auch darum, dass Kinder anhand eures Vorbilds lernen, eine Konfliktsituation gewaltfrei zu lösen und damit ihre sozialen Kompetenzen stärken.
Wie sprechen wir Eltern an, um fremden Kindern Grenzen zu setzen?
Den meisten Eltern ist es peinlich, wenn sich ihr Kind unangemessen verhält. Sucht man das Gespräch, kommt man daher oft gut aus unangenehmen Situationen raus. Manche aber reagieren ungehalten auf Kritik an ihrem Kind oder können sie auch schlicht nicht nachvollziehen, da sie selbst andere Erziehungsansätze, z. B. das Laissez-faire-Prinzip, haben. Mit diesen Tipps gelingt es (meist), eine friedliche Lösung zu finden:
- Denkt während des Gesprächs daran: Es ist nicht angenehm zu hören, dass sich das eigene Kind daneben benimmt. Schließlich schwingt damit implizit der Vorwurf mit, dass die Eltern in der Erziehung versagt haben.
- Urteilt nicht über das fremde Kind oder seine Erziehung, sondern sprecht aus eurer Perspektive. Nicht: "Dein Kind benimmt sich unmöglich und nervt." sondern "Mein Kind möchte in Ruhe spielen. Das kann es nicht, wenn dein Kind ihm sein Spielzeug wegnimmt. Kannst du bitte mit ihm sprechen, damit es das lässt?"
- Erzählt ruhig, was vorgefallen ist und warum der Vorfall euer Meinung nach gegen Regeln oder angemessenes Benehmen verstößt.
- Bei Besuchskindern: Erklärt auch den Eltern, dass sich bei euch zu Hause alle an die gleichen Regeln halten müssen, ganz gleich ob Gast oder Familienmitglied.
- Wenn die Kinder gemeinsam Unsinn veranstaltet haben, verschweigt nicht, welche Rolle euer eigenes Kind dabei gespielt hat.
- Bleibt sachlich und bewertet die Erziehungsmethoden der anderen Eltern nicht.
- Seid versöhnlich. Gebt dem fremden Kind noch eine Chance und sagt ihm und seinen Eltern: „Beim nächsten Mal klappt es bestimmt besser!“
- Versucht, mit den anderen Eltern gemeinsam eine Lösung zu finden, um ähnliche Vorfälle in Zukunft zu vermeiden.
Das fremde Kind hört nicht: Was kann ich jetzt noch tun?
Auch wenn ihr euch noch so sehr bemüht: Manchmal kommt man bei dem Versuch, fremden Kindern Grenzen zu setzen einfach nicht weiter. Bisweilen ist es jetzt besser, euer Kind aus der Situation und damit dem "Gefahrenbereich" rauszunehmen, also lieber schaukeln zu gehen, wenn das fremde Kind den Sandkasten terrorisiert.
Befindet ihr euch z. B. im Restaurant oder im Schwimmbad und die Eltern reagieren nicht bzw. sind nicht auffindbar, könnt ihr auch die übergeordnete Stelle ansprechen, also die Restaurantleitung oder den Bademeister.
Wenn ihr im Umgang mit Gastkindern gar nicht weiterkommt, bleibt manchmal nichts anderes übrig, als eine Zeitlang Besuchsverbot zu verhängen. Manchmal ändern Kinder ihr Verhalten nach einer solchen Zwangspause tatsächlich.
Was können wir beachten, wenn die eigenen Kinder bei Fremden zu Gast sind?
Ihr wisst aus eigener Erfahrung, dass Besuchskinder manchmal echt anstrengend sind? Und hofft jetzt, dass euer Kind bei anderen Familien nicht auch so ist? Macht euch nicht zu viele Sorgen. Die meisten Kinder benehmen sich als Gäste viel höflicher als zu Hause.
Sinnvoll ist es aber in jedem Fall, vor dem Besuch mit eurem Kind zu sprechen: „Sei höflich, aber wenn dir etwas merkwürdig vorkommt, musst du nicht mitmachen. Ich hole dich jederzeit ab, wenn du dich nicht wohlfühlst.“ Mit diesem Leitsatz ist euer Kind für alle Besuche gerüstet.
Doch woher weiß man nun, wie der Besuch bei der fremden Familie war? Fragt die Gastgebereltern ruhig im Beisein eures Kindes, ob es sich angemessen benommen hat. Zeigt eurem Kind aber auch, dass seine Perspektive mindestens so wichtig ist wie die der Gastgebereltern. Lasst euch zu Hause von eurem Kind erzählen, wie es bei seinem Freund/seiner Freundin war. Es soll euch offen und unbeeinflusst sagen können, wenn es fremde Gepflogenheiten vielleicht merkwürdig fand.
Seid ihr mit der Art des Zeitvertreibs – etwa Videospiele oder Fernsehgucken – nicht einverstanden, erklärt eurem Kind warum und schlagt ihm vor, beim nächsten Besuch lieber etwas anderes zu spielen. Ist euer Kind jünger, ist es gut, die Gastgebereltern darauf hinzuweisen, dass euer Kind z. B. nach zu viel TV schlecht schläft. Reagieren diese mit Unverständnis, könnt ihr die Besuche einschränken oder die Kinder bei euch spielen lassen.