Immer öfter bieten Grundschulen über den Lehrplan hinausgehende Arbeitsgemeinschaften oder kurz AGs an. Diese können verborgene Talente fördern - und die Kinder lernen mit noch mehr Spaß.

Fußballspielen, Malen, Basteln und Sägen - was sich nach Freizeitvergnügen anhört hat an vielen Schulen in Deutschland schon seinen festen Platz. In der Schul-AG finden Kinder Zeit und Raum um ihren eigenen kreativen Neigungen nachzugehen und gleichzeitig wertvolle soziale Erfahrung zu sammeln.
„Am Anfang jedes Schuljahres können die Schüler ab der zweiten Klasse aus einem großen Angebot von Arbeitsgemeinschaften wählen, was sie an zwei Nachmittagen pro Woche gern tun würden“, sagt Michael Rieger, Leiter der Ganztagsgrundschule Chemnitzstraße in Hamburg. Was an Ganztagsgrundschulen zum Konzept gehört, hält mittlerweile auch an normalen Grundschulen Einzug - mit der Folge, dass ABC-Schützen heute weitaus mehr lernen können als Lesen, Schreiben und Rechnen.
„Durch die Ausrichtung der Grundschulen auf bestimmte Schwerpunkte und die bundesweite Entwicklung von Ganztagsschulen auch im Grundschulbereich werden in den Klassen eins bis vier immer mehr Arbeitsgemeinschaften, Kurse und Projekte angeboten“, sagt Ulrich Hecker vom Grundschulverband (GSV). Auch an Grundschulen mit verlässlichem Halbtagsangebot wird die unterrichtsfreie Zeit zunehmend mit pädagogisch ambitionierten Projekten ausgefüllt.
Schul-AG als sinvolles Nachmittagsprogramm
In der Regel finden die Schul-AGs außerhalb der Unterrichtszeit am Nachmittag statt - also eigentlich in der Freizeit. Es gibt aber auch Schulen, z.B. in Hamburg, die bewertungsfreie Wahlpflichtkurse in die reguläre Unterrichtszeit von 8 bis 13 Uhr einbauen. Und: Gebundene Ganztagsschulen, an denen alle Kinder ohne Ausnahme bis in den Nachmittag hinein betreut werden, haben einen größeren Handlungsspielraum, außerunterrichtliche Projekte im Wechsel mit dem regulären Unterricht auch am Vormittag anzubieten.
Geleitet werden die Kurse meist von Honorarkräften, die aus Musikschulen, Sportvereinen und Kultureinrichtungen kommen und über die nötigen Fachkenntnisse verfügen. Hecker: „Auf diese Weise kommt Leben von außen in die Schule - und das wirkt sich oft anregend auf den Schulalltag aus.“
Weiteres Plus der Schul-AGs: Im Gegensatz zu privaten Angeboten kostet die Teilnahme an diesen Kursen wenig oder nichts. Meist fallen nur Materialkosten oder geringe Gebühren an. Werden die Kurse an einer offenen Ganztagsschule angeboten, zahlen die Eltern meist einen monatlichen, einkommensabhängigen Beitrag für die Teilnahme und das Mittagessen. An gebundenen Ganztagsschulen ist dagegen nur der Mittagstisch zu bezahlen.
Heckers Fazit: „Arbeitsgemeinschaften sind eine sinnvolle Investition in die Bildung unserer Kinder. Außerdem lernen die Schüler, sich auf wechselnde Bezugspersonen einzustellen - und gewöhnen sich so schon einmal an das Fachlehrersystem an den weiterführenden Schulen.“
Schul-AG als bewertungsfreie Zeit
Die Schul-AG als bewertungsfreie Zeit: so nehmen Schüler das Angebot wahr. Die AGs bieten ihnen einen Raum, um Neues zu lernen ganz ohne den üblichen Noten-Druck. Individuelle Fähigkeiten können auf diese Weise also viel besser gefördert werden.
Aber nicht nur dass Schul-AGs aus Sicht der Bildung ein sinnvolles Nachmittagsprogramm für Schüler sind, das Angebot scheint auch bei den jungen Schülern sehr gut anzukommen. Kein Wunder, stehen die Kleinen doch lieber am Herd statt an der Tafel, formen lieber aus Ton Schälchen, stricken ihrer Puppe einen Pulli oder schnitzen Figuren, statt wie angenagelt auf dem Stuhl zu sitzen und dem Lehrervortrag zu lauschen. Auch dass die unter Anleitung von Fachleuten erworbenen Fertigkeiten bei den Mitschülern mehr Eindruck hinterlassen als jedes Kraftmeier-Gehabe auf dem Schulhof, trägt zur Beliebtheit der Schul-AGs bei.

Die spielerische Förderung der Kreativität und handwerklich-künstlerischer Begabungen macht den Kindern zudem einfach viel Spaß und motiviert sie, ihre Talente auszuschöpfen - gerade weil sie, anders als im normalen Unterricht, nicht nur passiv zuhören, sondern selbst tätig werden können. Das Schönste aber ist, dass die Kurse sogenannte bewertungsfreie Zeit sind. Hier dreht sich endlich einmal nicht alles um Leistung und Noten. „Da gehen die Schüler oft viel hilfsbereiter und freundlicher miteinander um. Deshalb stärken diese Kurse auch die soziale Kompetenz“, sagt Ulrich Hecker vom Grundschulvcerband (GSV).
Auch Eltern schätzen das Angebot der Schul-AG
Auch Eltern schätzen die Arbeitsgemeinschaften. So ist es für sie doch viel angenehmer zu sehen, dass ihre Schützlinge gut gelaunt und motiviert zur Schule gehen und schon morgens am Frühstückstisch vom Inlineskatingkurs am Nachmittag schwärmen. Bei vielen Schulmuffeln, die von der staubtrockenen Theorie und dem Notendruck genervt sind, bewirken die Zusatzangebote der Schulen kleine Wunder.
Doch noch lange kann nicht jede Schule mit einem großen Angebot aufwarten. Umfang und Intensität der Angebote unterscheiden sich von Grundschule zu Grundschule: Sie reichen vom Ausflug zur Stadterkundung über Kochen und Backen, Kettenbasteln, Tanzen, Keyboard-Unterricht bis hin zum Zirkus- und Jonglier-Kurs. Manchmal ist das Angebot so groß, dass die Wahl schwerfällt: „Die Schüler sollten aber auf jeden Fall eine selbstständige Entscheidung treffen und die Eltern höchstens als Berater fungieren“, rät Hecker. Eine selbstverantwortliche Entscheidung ist vor allem deshalb gefragt, weil die einmal getroffene Wahl, an einem bestimmten Kurs teilzunehmen, im laufenden Schuljahr meist nicht zurückgenommen werden kann.
Schulrektor Michael Rieger beruhigt: „Auch wenn eine Arbeitsgemeinschaft nach einiger Zeit nicht mehr erste Wahl ist - kein Kurs ist verschwendete Zeit. Überall gibt es etwas zu lernen, das man an anderer Stelle anwenden kann. Und zum Spaß gehört eben auch das Durchhalten.“