Wenn ein Baby zur Welt kommt, ist die Mutter als Bezugsperson unschätzbar wichtig. Doch die Beziehung zum Papa ist nicht weniger bedeutsam. Wie sie sich auf das spätere Leben auswirkt und wie du eine vertrauensvolle Vater-Kind-Bindung aufbauen kannst.
- 1.Warum ist eine starke Vater-Kind-Bindung so wichtig?
- 2.Psychologie: Was macht eine sichere Vater-Kind-Beziehung aus?
- 3.Vater-Kind-Beziehung stärken: Die 5 wichtigsten Punkte
- 3.1.#1 Schwangerschaft und Geburt begleiten
- 3.2.#2 Papa-Kind-Bonding im Babyalter
- 3.3.#3 Zeit miteinander verbringen
- 3.4.#4 Achtsame Kommunikation und Erziehung
- 3.5.#5 Gemeinsame Rituale
- 4.Wodurch wird die Vater-Kind-Bindung gestört?
- 5.Wie finde ich in meine Vaterrolle?
Warum ist eine starke Vater-Kind-Bindung so wichtig?
Für kleine Kinder ist die Beziehung zu den Eltern die wichtigste in ihrem Leben. Die Bindung zum Vater ist dabei wissenschaftlich betrachtet genau so bedeutsam für das Kind wie die zur Mutter und kann Auswirkungen auf sein gesamtes Leben haben. Eine starke Vater-Kind-Bindung kann:
- die emotionale Entwicklung positiv beeinflussen: Urvertrauen schenken, das Selbstvertrauen des Kindes fördern, Resilienz unterstützen, den Grundstein für spätere vertrauensvolle Paarbeziehungen legen
- die soziale Entwicklung fördern: ein gutes Vorbild für "männliches" Verhalten abgeben, jenseits von überholten Geschlechterklischees
- das Kind in seiner Leistungs- oder Teamfähigkeit unterstützen, z. B. in der Schule oder im späteren Berufsleben
Psychologie: Was macht eine sichere Vater-Kind-Beziehung aus?
Nähe ist eines der elementaren Bedürfnisse eines Kindes und Voraussetzung für eine gute Eltern-Kind-Beziehung. Die psychologischen Bindungsforscher Mary Ainsworth und John Bowlby nennen fünf Punkte, die eine sichere Vater-Kind-Bindung ausmachen:
- Der Vater ist zeitlich und emotional für das Kind erreichbar – auch durch Körperkontakt, der für das kleine Kind besonders wichtig ist.
- Er versteht die Signale des Kindes und reagiert prompt und zuverlässig darauf.
- Wenn das Kind sich unwohl fühlt, bietet der Vater einen sicheren Hafen, in dem es reichlich Geborgenheit, Trost und Sicherheit 'tanken' kann.
- Die Vater-Kind-Bindung lebt von gegenseitiger Wertschätzung und Liebe.
- Der Vater kann in der Beziehung zu seinem Kind das sensible Gleichgewicht zwischen Nähe und Distanz, Dauer und Wechsel aufrecht erhalten.
Auch wenn Nähe wichtig ist: Für eine sichere Vater-Kind-Bindung musst du nicht unbedingt ständig räumlich verfügbar sein. Auch Papas, die viel arbeiten oder nicht mit ihrem Kind zusammenleben und es z. B. nur einmal wöchentlich sehen, können eine vertrauensvolle Beziehung zu ihm aufbauen. Gib deinem Kleinen das Gefühl, ein verlässlicher Teil seines Lebens zu sein, indem ihr so viel Alltag wie möglich zusammen erlebt, die gemeinsame Zeit bewusst miteinander verbringt und du für dein Kind da bist, wenn es dich braucht.
Vater-Kind-Beziehung stärken: Die 5 wichtigsten Punkte
#1 Schwangerschaft und Geburt begleiten
Die Papa-Kind-Bindung beginnt schon während der Schwangerschaft: Indem du mit deinem Ungeborenen sprichst, ihm vorsingst, Musik vorspielst oder erste Kindsbewegungen ertastet, kannst du deine Vatergefühle unterstützen. Das Baby wird so mit deiner Stimme vertraut, lange bevor du es zum ersten Mal in die Arme schließt. Väter, die an Vorsorgeuntersuchungen oder dem Geburtsvorbereitungskurs teilnehmen, tun sich nach der Geburt leichter, eine Beziehung zu ihrem Kind aufzubauen.
Auch bei der Geburt dabei zu sein, ist ein starker Kitt für die Beziehung zu deinem Kind: Indem du für Mama und Baby da bist, vielleicht die Nabelschnur durchschneidest, wächst ganz automatisch die Verbindung zu deinem Nachwuchs. Die Geburt ist oft der Moment, in dem viele Väter die Liebe zu ihrem Kind das erste Mal so richtig greifen können.
#2 Papa-Kind-Bonding im Babyalter
Wenn das Kleine da ist, ist Papa-Kind-Bonding perfekt für die Bindung. Suche dafür Hautkontakt zu deinem Baby, lege es gerne unbekleidet auf deine nackte Brust. Beim Bonding wird das Bindungshormon Oxytocin ausgeschüttet – dasselbe, das Mama und Baby bei der Geburt und beim Stillen durchflutet. Papa und Baby können sich spüren, beschnuppern, in die Augen schauen – und dadurch miteinander verbinden. Auch später ist Körperkontakt, z. B. beim Baden, Kuscheln oder Tragen, wichtig für die Bindung.
Übrigens ist das Wochenbett auch für Väter eine besondere Zeit, in der eine tiefe Bindung zum Kind aufgebaut wird. Daher: Sei in diesen ersten Wochen nicht nur für Haushalt und Entlastung der Mama da, sondern frage auch mal Freund*innen oder Familie, ob sie dir etwas von der Orga-Arbeit abnehmen können. Nimm dir dann bewusst selbst Zeit zum Kuscheln mit deinem Baby, aneinander Gewöhnen, Liebe entwickeln. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, (einen Teil der) Elternzeit zu nehmen.
#3 Zeit miteinander verbringen
Zum Glück sind die Zeiten vorbei, in denen "Vati" für die Kinder höchstens ein paar Minuten täglich übrig hatte, nach Feierabend nicht gestört werden wollte und Erziehung ausschließlich Frauensache war. Moderne Väter verbringen ganz selbstverständlich Zeit mit ihren Kindern und bauen so eine enge Bindung auf (auch wenn es in puncto Gleichberechtigung leider schon noch Luft nach oben gibt).
Fütter dein Kleines (falls die Mama nicht stillt oder gib ihm mal ein Fläschchen mit abgepumpter Muttermilch), wickel es, lies ihm vor, spiele mit ihm. Was für kleine Kinder gilt, ist auch für ältere noch wichtig: Es geht nicht darum, dauernd etwas Tolles gemeinsam zu unternehmen – auch wenn das natürlich schön ist. Statt dessen: Quatscht, tröste, kocht zusammen etwas, verbringt euren Alltag miteinander und sei vor allem aufmerksam für die Bedürfnisse deines Kindes.
Sei da – und zwar auch in schwierigen Situationen, nicht nur wenn's ums Fußballspielen oder Toben geht. Kümmere dich auch mal alleine, wenn das Baby quengelt und gib es nicht gleich an die Mama ab, wenn's nervig wird. Natürlich unabhängig davon, ob euer Kind ein Mädchen oder ein Junge ist. Und: Das Smartphone sollte Pause haben, damit du dich emotional wirklich auf dein Kind einlassen kannst. Vor allem, wenn die gemeinsam verbrachte Zeit wegen Berufstätigkeit knapp ist.
#4 Achtsame Kommunikation und Erziehung
Gewalt – auch verbale – ist der "Killer" für eine tragfähige Bindung. Eine gute Vater-Kind-Beziehung wird durch wertschätzende Kommunikation und einen demokratischen Erziehungsstil gefördert, in dem das Kind erkennt, das seine Bedürfnisse wichtig sind und seine Meinung ernstgenommen wird. Erziehe konsequent aber liebevoll – und ohne Strafen!
#5 Gemeinsame Rituale
Rituale sind wichtig für Kinder, da sie ihrem Tagesablauf Struktur und Sicherheit geben und dem Baby helfen, sich in der Welt zurecht zu finden. Wiederkehrende Handlungsmuster mit Papa fördern gleichzeitig die Bindung. Das kann z. B. der tägliche Abschiedskuss in der Kita sein, das Vorlesen im Bett am Sonntagmorgen, die abendliche Babymassage oder das gemeinsame Singen beim Wickeln.
Ein "guter Vater" zu sein – das wünscht sich wohl jeder Papa. Doch was bedeutet das überhaupt? Für unser Video haben wir ganz unterschiedliche Menschen gefragt, was für sie ein guter Vater ist:
Wodurch wird die Vater-Kind-Bindung gestört?
Verlässlichkeit ist einer der wichtigsten Faktoren einer starken Vater-Kind-Bindung. Reagiert der Papa nur unzuverlässig auf die Bedürfnisse des Kindes, kann das dazu führen, dass ein Schutzmechanismus in Kraft tritt: Das Kind wendet sich vom Vater ab, um sich zu behüten und Enttäuschungen zu ersparen – die Vater-Kind-Bindung wird unsicher.
Auch Traumata können die Vater-Kind-Beziehung (zer-)stören. Extreme Beispiele sind Gewalt oder sexueller Missbrauch. Doch auch, wenn der Kontakt für das Kind unverständlich abbricht, z. B. bei einer Trennung der Eltern, bedeutet das natürlich eine tiefe Verletzung der Bindung.
Wenn du als Vater das Gefühl hast, dass du Hilfe beim Bindungsaufbau oder der Beziehung zu deinem Kind brauchst, zögere nicht, dich an eine Erziehungsberatungsstelle oder das Männerberatungsnetz zu wenden. Dort kann man dir helfen, schädliche Handlungsmuster zu erkennen und ggf. aufzulösen.
Manchmal kann auch das Verhalten der Mutter den Aufbau einer sicheren Vater-Kind-Bindung verhindern. Solltest du merken, dass sie dir den Umgang mit dem Kleinen nur selten erlaubt oder unerfüllbare Ansprüche hat, liegt das möglicherweise ihrerseits an einer Bindungsstörung. In diesem Fall ist oft psychologische Betreuung oder die Hilfe eines Familientherapeuten notwendig.
Wie finde ich in meine Vaterrolle?
Die Rolle der Väter in unserer Gesellschaft ist im Umbruch. Noch vor wenigen Jahrzehnten waren sie meist nicht bei der Geburt dabei, fürs Wickeln wollten sie gelobt werden und Tragetücher waren nur was für Hippies. Kurz – die Kinder waren ein Frauenthema.
Glücklicherweise ist das jetzt anders: Festgefahrene Geschlechterrollen lösen sich immer mehr auf. Die Daddys von heute möchten für ihre Kinder genau so eine wichtige Rolle einnehmen wie die Mütter, sie wollen aktiv dabei sein, wenn die Kids groß werden, sie wickeln, füttern und trösten selbstverständlich und in "Männergesprächen" sind Einschlafbegleitung oder Kitaplatzsuche durchaus Thema.
Trotzdem sind Beruf und Care-Arbeit in Familien noch lange nicht Fifty-Fifty aufgeteilt. Meist nehmen Frauen deutlich länger Elternzeit und die Männer sind oft noch immer die Hauptverdiener in der Familie. In diesem Zwiespalt in die Vaterrolle zu finden, die zu einem passt, ist alles andere als einfach.
Gib dir Zeit, hineinzuwachsen, probier aus, was zu dir und euch als Familie passt, wie du den besten "Draht" zu deinem Kind findest. Hab aber auch den Mut, dich weiterzuentwickeln. Was die Kleinen brauchen, ist ein authentischer, liebender Papa, der für sie da ist. Jeder Papa, jedes Kind und jede Beziehung unter ihnen sind anders. Das macht eine vielfältige Gesellschaft, wie wir sie uns für unsere Kinder wünschen, aus.